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Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
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den
    Aschenbecher unbenutzt, obwohl sie eine Zehnerpackung Zigaretten in der
    Tasche hatte.
    ioo
    »Bis heute war er mal so, mal so. Wechselhaft. Im einen Moment weit weg und
    fast unter Schock. Im nächsten straff und klar. Und diese Wechsel kamen so
    plötzlich, daß ... daß ich an sie geglaubt habe. Aber heute...«
    Ihre Finger spielten mit den Konturen der Zigarettenpackung auf ihrer rechten
    Hosentasche. Dann gab sie auf.
    »Heute hätte man meinen können, er wolle seine eigene Verteidigung führen.
    Wirklich.«
    Sie kostete den Zigarettenrauch aus und fragte sich plötzlich, warum der
    Polizeipräsident auch am Sonntag Uniform trug. Andererseits konnte sie sich
    nicht daran erinnern, ihn jemals in Zivil gesehen zu haben.
    »Er war genauso, wie wir ihn immer gekannt haben. Korrekt. Beharrlich.
    Energisch. Ziemlich arrogant. Und im Grunde auch logisch. Warum sollte er
    bei der Leiche sitzenbleiben, das Schwert anfassen, sich vom Blut seiner Frau
    bespritzen lassen, wenn er sie wirklich umgebracht hat? Und so weiter. Und
    außerdem: Warum hätte er denn nicht lieber einen Unfall arrangiert, wenn er
    sie denn loswerden wollte. Im Grunde hat er alle Fragen gestellt, die ein tüch-
    tiger Vertreter der Anklagebehörden in einem solchen Fall stellen sollte. Ganz
    zu schweigen von einem Verteidiger. Was das Geld und die Disketten angeht,
    da ist er knallhart. >Habe keine Ahnung davon<, sagte er und starrte mich dabei an. Hat nicht einmal mit der Wimper gezuckt. Zu allem Überfluß glaubt er,
    seit fast zwei Jahren nicht mehr in diesem chaotischen Keller gewesen zu
    sein.«
    »Aber gibt es Fingerabdrücke auf den Geldscheinen?«
    Der Sessel des Polizeipräsidenten mußte geschmiert werden. Ein trockenes
    Knarren folgte seinen monotonen, wiegenden Bewegungen.
    »Wissen wir noch nicht. Kriegen die Ergebnisse heute abend oder morgen.«
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    »Was ist mit den Kindern? Ist der Junge nach dem Geld gefragt worden?«
    »Das glaube ich nicht. Gerade diese Karte wollen wir erst einmal so bedeckt
    wie möglich halten. Die Zeitungen haben zum Glück noch nicht davon
    erfahren.«
    »Noch nicht.«
    Der Polizeipräsident machte sich jetzt mit dem Brieföffner die Fingernägel
    sauber. Seine Hände waren grob und schienen eher von körperlicher Arbeit zu
    berichten als vom Blättern in Papieren und langen Besprechungen.
    »Heute war er ein ganz anderer«, sagte Hanne und drückte die halbgerauchte
    Zigarette wieder aus. »Oder eher der alte. Ist nicht einen Moment
    zurückgewichen. Am Freitag schien er ein wenig mit dieser Stäle-Salvesen-Ge-
    schichte zu zögern. Ich dachte zuerst, er habe gelogen und begriffen, daß alles
    zu Ende ist, als er erfuhr, daß Salvesen aller Wahrscheinlichkeit nach tot ist.
    Aber heute ...«
    »Er scheint also absolut sicher...«, murmelte Mykland.
    »Total.«
    »Und du?«
    »Naja...«
    Hanne Wilhelmsen zögerte. Sie fuhr sich über die Stirnnarbe und starrte den
    Aschenbecher an. Die Zigarette sonderte noch immer ein wenig Rauch ab, und
    sie drückte sie mit einer angeekelten Grimasse noch einmal aus.
    »Sehr unsicher.«
    Der Polizeipräsident legte den Brieföffner weg und faltete über seinem Bauch
    die Hände. Sein Sessel knarrte noch energischer.
    »Kannst du dich an den Fall mit dem Jungen aus dem Kinderheim erinnern?«
    fragte Hanne leise. »Damals warst du doch Chef der Kripo? Das war 93, glaube
    ich.«
    »94«, sagte der Polizeipräsident.
    Die Sache mit der ermordeten Kinderheimleiterin hatte
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    ihn tiefer beeindruckt als die meisten anderen Fälle. Vielleicht vor allem
    deshalb, weil am Ende ein Streifenwagen einen zwölf Jahre alten
    durchgebrannten Jungen überfahren und tödlich verletzt hatte. Der Fahrer
    war am Boden zerstört gewesen und hatte drei Monate später gekündigt. Die
    Nerven.
    »Ich war in der Sache nie ganz sicher«, sagte Hanne.
    »Maren... Kvalseid? Kvalvik? Sie hat doch gestanden.«
    »Kalsvik. Maren Kalsvik. Ja, sie hat gestanden. Und bekam vierzehn Jahre.
    Das hat mich noch lange gequält. Und quält mich noch immer. Ich bin
    durchaus nicht sicher, daß sie es wirklich war.«
    »Wir können uns nicht mit solchen Überlegungen erschöpfen, Hanne«, sagte
    der Polizeipräsident müde. »Sie hat gestanden und hat das meines Wissens
    auch nie widerrufen. Es gibt so viele, die in norwegischen Gefängnissen sitzen
    und Jahr für Jahr ihre Unschuld beteuern. Und bei einigen stellt sich ja auch
    noch heraus, daß sie recht haben.«
    Er rieb sich die Nasenwurzel und verriet

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