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Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
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damit eine leichte Gereiztheit, dann
    trank er einen Schluck Kaffee.
    »Aber Ministerpräsidentin Volter, was war mit der?«
    Hanne Wilhelmsen klang jetzt ziemlich energisch, sie ließ sich von der
    skeptischen Miene des Polizeipräsidenten nicht stören.
    »Wenn ihr Ehemann uns nicht diese uralten Briefe gebracht hätte, dann wäre
    dieser junge Neonazi wegen Mordes verurteilt worden.«
    »Worauf willst du eigentlich hinaus?« fragte Mykland.
    »Worauf ich hinaus will?«
    Sie breitete die Hände aus, halb resigniert, halb verärgert.
    »Auf gar nichts. Ich finde nur die Vorstellung, daß wir uns irren können,
    immer schlimmer. Daß Unschuldige verurteilt werden, weil wir uns zu früh
    sicher sind. Daß wir...
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    daß sich auf jeden Fall einige von uns an Indizien blind starren und die Augen
    davor verschließen, daß es bisweilen eben auffällige und seltsame Zufalle gibt.
    Ab und zu sind Zufälle zufällig.«
    »Du wirst langsam alt, Hanne.«
    Sein Lächeln war jetzt freundlich, fast kumpelhaft.
    »Der jugendliche Eifer hat sich gelegt. Das ist gut. Deine Fähigkeit zu Zweifel
    und Überlegung ist größer geworden. Auch das ist gut. Das macht dich zu
    einer noch besseren Polizistin. Falls das möglich ist.«
    Jetzt schien er fast mit ihr flirten zu wollen.
    »Du bist die beste, die wir haben, Hanne. Nur darfst du jetzt nicht weich
    werden. Für solche Anfechtungen sind die Verteidiger da.«
    »Anfechtungen«, wiederholte sie langsam. »Nennen wir das so?«
    Schweigen. Sogar das nervtötende Knarren des ungeölten Schreibtischsessels
    verstummte.
    »Es geht darum, daß ich ihm glaube. Ich habe das Gefühl, daß Halvorsrud
    vielleicht die Wahrheit sagt.«
    Der Polizeipräsident nickte. Seine Wangen waren jetzt noch dunkler, so als sei
    sein Bart während des Gesprächs gewachsen. Jemand klopfte. Polizeipräsident
    Mykland kläffte eine Antwort. Karl Sommaroy kam herein.
    »Ich dachte, das interessiert dich«, sagte er und lächelte so breit er das mit
    seinem Babymündchen überhaupt konnte.
    Hanne Wilhelmsen nahm den Bogen, den er ihr hinhielt, und überflog den
    kurzen Text. Dann schaute sie hoch und blickte für einen Moment dem
    Polizeipräsidenten in die Augen, ehe sie sagte: »Halvorsrud hat auf der Tüte,
    in dem das Geld liegt, seine Fingerabdrücke hinterlassen.«
    Dann erhob sie sich und ging zurück in ihr eigenes Büro, um die Unterlagen
    für das Haftbegehren am nächsten Tag fertigzumachen.
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    »Polizeiadjutantin Skar kann jedenfalls morgen mit etwas leichterem Herzen
    ins Gericht gehen«, sagte sie trocken zu Karl Sommaroy, ehe sie die Tür
    schloß.
    Es war sieben Uhr am Sonntagabend, und sie würde wohl kaum vor elf zu
    Hause sein. Im Grunde hatte es kaum Sinn, Cecilie anzurufen. Die erwartete
    sie bestimmt nicht früher. Vermutlich nicht.
    Hanne steckte sich die sechste Zigarette an diesem Tag an und fühlte sich
    erbärmlich.
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    »Miese Kuh!«
    Die Steine waren grün und glatt. Die Möwen kicherten hämisch, als sie sich
    ziellos von den Windstößen umhertreiben ließen. Der Junge spuckte
    Schnupftabak aus und wischte sich mit dem Jackenärmel schwarzen Klitsch
    vom Kinn.
    Er hatte es kaum glauben können, als Terese ihn am Tag nach dem Fest
    angerufen hatte. Daß sie bereitwillig mit ihm geknutscht hatte, war das eine; er war ja fast der einzige Junge dort gewesen. Doch dann hatte sie ihn angerufen.
    Gleich am nächsten Tag. Er hatte rein gar nichts kapiert.
    Und das tat er auch jetzt nicht. Er hatte schon lange auf Terese gewartet. Das
    taten alle. Und sie hatte sich für ihn entschieden. Drei Wochen lang hatte sie
    dem Jungen den idiotischen Glauben geschenkt, die Welt sei rosa. Aber er war
    erst siebzehn. Er hatte kein Geld und konnte nicht Auto fahren.
    Am Vortag hatte Terese bei Anders Skog im Auto gesessen. In seinem neuen
    Käfer.
    »Wenn ich auf den Felsen hinüberspringen kann, ohne
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    auf die Fresse zu fallen, dann kapiert sie, daß der Typ ein Weichei ist.«
    Der Junge rief in den Wind, und seine Tränen mischten sich mit der Gischt zu
    einer klebrigen Gesichtsmaske.
    Er fiel und prallte auf die Felsen auf.
    Für einen Moment glaubte er, das Rote, das zwischen Felsen und Ufer
    zwischen den Tangdolden wogte, sei Blut, das aus seiner Wade strömte. Dann
    ging ihm auf, was er da vor sich hatte.
    »Selber Weichei«, murmelte er und zog den vom Wasser schweren
    Berganorak an Land.
    In der Brusttasche steckte etwas. Der Reißverschluß klemmte, aber die
    Anstrengung brachte den

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