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Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5

Titel: Holt, Anne - Hanne Wilhelmsen 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred
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der andere knapp eins siebzig, hätte der Generalstaatsanwalt selbst
    eingreifen müssen, wenn sich eine unvorhergesehene Bedrohung gezeigt hätte.
    »O. J. Simpson war schuldig«, sagte Karen Borg.
    »Was?«
    »Er hatte seine Exfrau und deren Liebhaber umgebracht. Offenkundig.«
    Sie strebte jetzt dem Parkplatz zu. Billy T. schlurfte hinter ihr her durch den
    Kies.
    »Ich muß schon sagen!« Er lachte kurz. »Der Mann wurde freigesprochen,
    wenn ich die Dame an eine so belanglose Tatsache erinnern darf.«
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    Karen Borg drehte sich zu ihm um. »Habt ihr schon einen Namen?«
    Billy T. schüttelte den Kopf und blickte aus zusammengekniffenen Augen zu
    der unruhigen Wolkendecke hoch, die sich schon wieder vor die Sonne
    geschoben hatte.
    »Nein. Sie wird namenlos bleiben, wenn wir uns nicht zusammenreißen.
    Tone-Marit steht auf diese modernen Namen, Julie, Amalie oder Matilde. Auf
    sowas. Ich hätte lieber was Reelles. Ragnhild oder Ingeborg. Etwas in der
    Richtung.«
    »Wie geht es O. J. Simpson jetzt, was meinst du?«
    Karen öffnete die Tür ihres alten blauen Audi.
    »Verdammt mies, wie es aussieht«, sagte Billy T.
    »Genau. Weil alle im Grunde wissen, daß er es war. Das ist bei Halvorsrud
    anders. Wenn die Anklagebehörden. . . «
    Karen Borg nickte zu den vielen dunkelgekleideten Männern hinüber, die jetzt
    auf dem überfüllten Parkplatz in ihre Wagen stiegen. Das leise Knallen der
    Autotüren klang wie ein stockender, unfertiger Trauermarsch.
    »Wenn diese Menschen offenbar an Halvorsruds Unschuld glauben, dann
    spielen dabei keine sozialen Gegensätze mit. Nicht das schwarze Amerika hat
    an O. J. Simpsons Unschuld geglaubt. Sondern das schwarze, arme Amerika.
    Oder eher, es war ihnen egal, ob er schuldig war. Für sie war der Mann über
    Schuld und Unschuld erhaben. Er wurde zum Opfer der weißen Macht. Sie
    konnten ihn nicht verurteilen. Dann hätten sie sich selbst verurteilt. Also stell hier keine hoffnungslosen Vergleiche an. Halvorsrud ist unschuldig. Das, was
    ihr ihm vorwerft, hat er ganz einfach nicht getan.«
    »Meine Güte, das war aber heftig«, sagte Billy T. und strich sich über den
    Schädel.
    Karen Borg stand schon so lange vor der offenen Autotür und sprach noch
    dazu so laut, daß die anderen sie jetzt an
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    starrten. Sie stieg ein und schloß die Tür. Billy T. klopfte mit den
    Fingerknöcheln an die Scheibe. Er konnte sehen, daß sie resigniert seufzte, ehe
    sie das Fenster halb öffnete.
    »Du irrst dich«, sagte er und stützte sich mit den Unterarmen auf das
    Autodach. »Deine etwas leichtfertige Analyse des Simpson-Falls ist sicher
    einigermaßen richtig. Aber wenn du die Parallelen zwischen beiden Fällen
    nicht siehst, dann hast du dich an deinem Verteidigungsauftrag blindge-
    starrt.«
    Karen Borg kurbelte mit wütenden Handbewegungen das Fenster wieder nach
    oben.
    »Warte«, kläffte Billy T. und packte das Glas. »Siehst du nicht, daß es eben
    gerade um Identifikation geht? Wenn Halvorsrud schuldig ist, dann ist das
    eine Niederlage für die gesamte Anklagebehörde. Deshalb sind sie hier. Sie
    wollen zeigen, daß sie zusammenhalten, daß sie nicht glauben können, daß
    einer von ihnen, aus ihrem Stand, mit ihrem Hintergrund, ihrer Ausbildung,
    mit genug Geld und Weib und Kind und Villa. . . das wäre zu arg. Halvorsruds
    eventuelle Schuld würde sie alle treffen. Sie fragen sich: Hätte ich es tun
    können? Die Antwort ist natürlich nein, und deshalb machen sie uns die
    gefährlichste Übung der Welt vor, die Leute, die das Gesetz vertreten und Lüge
    von Wahrheit trennen sollen: Sie identifizieren sich mit dem Schurken.«
    Er schlug mit den Handflächen auf das Dach.
    »Siehst du das nicht, Karen?«
    Sie schaute ihn lange an.
    »Ich habe eine Zeitlang geglaubt, daß du für seine Erklärungen offen bist«,
    sagte sie endlich. »Da habe ich mich wohl geirrt. Und Halvorsrud auch. Ich
    meine mich an eine Tirade darüber zu erinnern, daß du sein einziger Freund
    und überhaupt wärst. Blöd von uns beiden, natürlich. Sowas zu glauben,
    meine ich.«
    Sie drehte den Zündschlüssel um.
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    Billy T. schüttelte den Kopf und trat vom Auto zurück. Karen mühte sich mit
    dem ersten Gang ab, und der Motor gab ein krächzendes Geräusch von sich,
    dann war er tot. Sie machte noch einen Versuch, aber diesmal wollte die Kupp-
    lung nicht. Das Auto sprang zwei Meter vor, dann wurde der Motor abgewürgt.
    »Soll ich das machen?« mimte Billy T., dessen Gesicht nur zehn

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