Holunderblut
integriert, da hat der Architekt an jedem Ziegelstein persönlich herumgefeilt gehabt, dass sich da auch ja kein Wärmebrückchen zwischen Alt und Neu auftut. Das Grundstück ein wenigabschüssig hinter einer geschützten Terrasse, Naturstein, eine Pergola, gepflegte Pflanzen, südliches Flair, hinter dem Rasen hat der Wald angefangen, direkt neben der Terrasse beruhigend ein Teich geplätschert mit Froschgequake. Eine Idylle.
Und einen guten Wein hat sie auch dagehabt, da kann man trotz Kopfschmerzen nicht Nein sagen.
Geraucht hat die Tierärztin wie ein Fabrikschlot, eine nach der anderen, als sie so auf der Terrasse beieinandergesessen sind und geredet haben.
Übers Taekwondo. Und gewisse Namen.
»Jakob Fichtner ist ein Zweihundertprozentiger«, hat die Hohenstein dank ihrem dritten Glas Rotwein geplaudert. »Seit drei Jahren dabei, er macht in ein paar Wochen seinen Schwarzgurt. Super trainiert, tolle Körperbeherrschung, perfekte Konzentration – und nebenbei ein absolut Netter, ein ganz höflicher junger Mann. Hat auch eine ganz nette Freundin – gehabt, muss man leider sagen. Sie war auch bei mir im Taekwondo, aber nachdem es vor etwa einem halben Jahr auseinandergegangen ist, hat Emma aufgehört. Jakob hat sie halt leider ein bisschen vernachlässigt. Immer nur arbeiten, auch am Wochenende. Beim Andi.« Die Katharina hat genickt, und die Hohenstein hat weitererzählt. »Also wirklich nichts mit anderen Frauen. Aber nicht dass Sie meinen, der Andi nutze ihn aus, so ist das gar nicht, Jakob verdient sich einfach was dazu. Er hat schon immer an den Autos von Thomas herumgeschraubt und -poliert, bis die wieder wie neu aussahen. Das ist seine Wochenendbeschäftigung. Und Thomas hat sich, soweit ich weiß, auch nie lumpen lassen. Das Zusatzgeschäft bringt Jakob wahrscheinlich mehr ein als sein Mechanikergehalt die ganze Woche über.«
»Wie viele Jaguars hat der Thomas denn zuletzt gehabt? Vor seinem Verschwinden? Das können Sie mir doch sicher sagen, nehme ich an?«
»Na ja, die drei, die er beim Andi untergestellt hat, also den schwarzen XJR, Baujahr 88, den goldenen X-Type Estate und den weißen XJ von 72, den hat er gekauft, als wir gerade frisch zusammen waren, den hat er geliebt und jeden Tag gefahren, und alle paar Wochen war dann was zu reparieren an dem alten Ding. Dann hat er noch einen XKR, silberfarben – keine Ahnung, wo der hin ist, vielleicht steht der am Chiemsee bei seinem Boot oder bei ihm daheim. Und den E-Type , den hat er immer in seiner Garage gehabt und nur ganz selten ausgefahren. Das waren alle. Soweit ich weiß. Ab und an einen Durchgangsposten – aber wie gesagt, fünf Wagen reichen ja auch für eine Person.« Jetzt hat sie ein bisschen vor sich hin gelächelt, da hat die Katharina gleich gemerkt, wie stolz sie auf dem Thomas seine Autos war. Und auf den Thomas auch.
»Haben Sie zufällig ein Foto vom Thomas für unsere Unterlagen?«, ist es ihr dann spontan eingefallen.
»Ja, sicher.« Die Tierärztin ist rein ins Haus und keine zwei Minuten später mit einem Bild erschienen, wo man gleich verstehen hat können – zumindest als Frau –, was die Sabine von Hohenstein an dem Mann gefunden hat. Der war nämlich nicht nur ein reicher Privatier, der seine Putzfrau und seinen Autoschrauber und weiß Gott wen noch gut bezahlt hat, sondern auch ein extrem gut aussehender Mann.
Die Hohenstein hat der Katharina ihren überraschten Blick genossen.
»Haben Sie etwas anderes erwartet?«, hat sie gefragt.
»Ähm – ich hab mir eigentlich bisher keine Vorstellungvon Herrn Altmann gemacht«, hat die Katharina wahrheitsgemäß geantwortet. »Aber prinzipiell ist es schon wichtig zu wissen, wie derjenige aussieht, den man sucht. Meinen Sie nicht?«
»Ja, kann nicht schaden.« Und dann hat die Tierärztin über ihr Anwesen geblickt, und der Teich hat geplätschert, und die Katharina hat gewusst, jetzt kann sie fragen, was sie will, denn irgendwie war das Eis gebrochen durch die Tatsache, dass die Katharina von der Schönheit vom Altmann ganz gefangen war. Der Hohenstein ihr Besitzerstolz war bestätigt.
»Ganz was anderes. Warum nennen Sie den Herrn Hafner Andi?«, hat die Katharina jetzt wissen wollen.
Die Tierärztin hat kurz gelacht, fast schon verachtend, ist es der Katharina vorgekommen, so als würde sie, die Ermittlerin, etwas Offensichtliches übersehen.
»Warum ich ihn Andi nenne? Ich war viereinhalb Jahre mit ihm liiert. Und wenn sie es wissen
Weitere Kostenlose Bücher