Holunderküsschen (German Edition)
mein Handy raus und wähle Katjas Nummer, aber sofort springt ihr Anrufbeantworter an. Ich merke, wie Benni mich beobachtet.
„Alles klar?“
„Julia?“
„Nun ja, ich finde das kleine Cafe nicht von dem mir Katja erzählt hat“, sage ich verzwe i felt, während meine Finger erneut auf mein Handy einhämmern. Wir können schließlich nicht den ganzen Nachmittag ziellos durch die Speicherstadt wandern. Wenn ich mich vor Benni nicht völlig zum Affen machen will, muss ich ein Café finden . Egal wo. Ich lasse meinen Blick über die Häuserfronten schweifen und tue so, als würde ich versuchen mich zu erinnern. Tatsächlich ist mir das Schicksal gnädig und ich entdecke ein kleines Schild mit der Aufschrift „Café“ am Ende der Straße.
„Da hinten ist es“, rufe ich aufgeregt und schieße los.
Das muss das trostloseste Café in ganz Hamburg sein. Abgewetzter Linoleumboden, aber nicht wie man ihn in den großen Lofts findet und wo es stilvoll wirkt, sondern eher nach dem Motto: „Putzen ist etwas für Anfänger.“ Die Wände sind abgeblättert. Rauchschwaden wabbern durch den Raum, hinter denen sich einige dubiose Gestalten verbergen. Hier kann ich unmöglich meinen Kaffee mit Benni trinken.
„Gut“, sage ich und lasse die Tür hinter mir wieder zufallen. „Das scheint es nicht gewesen zu sein. Überlegen wir noch mal.“ Ich schaue schnell die Straße rauf und runter, aber außer der Spelunke ist kein einziger Laden zu entdecken.
„Julia“, sagte Benni vorsichtig. „Das macht doch nichts, schließlich bist du neu in Hamburg. Soll ich uns ...“
„Nein.“ Ich zucke zusammen, als hätte mich etwas gepiekst. „Ich habe gesagt, dass ich ein Café kenne und das tue ich auch. Ich muss es nur finden. Ich weiß genau, dass es hier irgendwo ist.“ Ich bin eine erwachsene, selbstbewusste Frau und habe die Situation voll im Griff. Ich schi e le auf meine Uhr und stelle entsetzt fest, dass es schon viertel nach drei ist. Wir haben jetzt schon fast eine dreiviertel Stunde vertrödelt und keine Sekunde davon gesessen, geschweige denn Ka f fee getrunken. Und ich bin schuld. Ich kann einfach nichts organisieren, ohne dass es in die Hose geht. Meine Güte und ich soll der Holiday Dream ein neues Gesicht geben?! Plötzlich wird mir ganz schlecht und ich würde am liebsten in Tränen ausbrechen.
„Wo soll denn das Café sein?“, fragt Benni.
„Na hier“, antworte ich matt. „Irgendwo in der Speicherstadt. Als Katja mir den Weg erklärt hat, klang es ganz einfach.“ Mir schießen die Tränen in die Augen.
„Weißt du was“, fängt Benni an. „Wie wäre es, ich führe uns diesmal in mein Café und das nächste Mal gehen wir in das Café von deiner Freundin Katja. Einverstanden?“
Er sieht mich mit seinen braunen Augen an und ich habe das Gefühl darin zu versinken.
„Einverstanden!“, antworte ich schwach. Benni lächelt mich zufrieden an.
Das Café, das Benni für uns ausgesucht hat, ist zugegebenermaßen sehr schön. Natürlich ist es nicht so schnuckelig wie das von Katja, aber wenigstens hat Benni es auf Anhieb gefunden.
Der Kellner bringt zwei Latte Macchiato. Ich umklammere den Becher wie eine Ertrinke n de. Nach dem ganzen Hin-und Her-Gelaufe bin ich völlig erschöpft.
„Na dann.“ Ich nehme einen Schluck aus dem Becher und es schmeckt einfach himmlisch.
„Gut?“
„Herrlich. Genau das Richtige“, antworte ich wahrheitsgemäß und nehme einen weiteren Schluck. „Noch zwei Minuten länger und ich wäre zusammengebrochen.“
Benni sieht mich mit einem Gewinnerlächeln an. Was der kann, kann ich auch. Katja und ich haben uns gestern zusammen im Fernsehen eine Dating-Show angesehen. Ich weiß wie das läuft. Ich weiß alles über Körpersprache, Blicke und Flirten. Ich nehme eine betont lässige Ha l tung ein, indem ich mich leicht vornüber beuge und scheinbar spielerisch mit dem Zeigefinger über meine Lippen fahre.
„Alles okay mit dir?“
„Hey, ich sitze hier mit Mr. Loverboy persönlich und trinke einen geradezu göttlichen Ka f fee. Was kann da nicht okay sein?“ Oh Gott, war ich das, die gerade diesen absolut peinlichen Satz gesagt hat? Dabei wollte ich einfach nur selbstbewusst und witzig klingen. Benni sieht mich an wie ein Alien.
„Äh, ich meine natürlich“ , stottere ich weiter. „ d u siehst echt klasse aus ... deine Augen sind toll ... und der Kaffee ist super ...“ Du meine Güte! Julia, halt endlich die Klappe.
Benni schnüffelt misstrauisch
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