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Holunderküsschen (German Edition)

Holunderküsschen (German Edition)

Titel: Holunderküsschen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Gercke
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bin‘s“. Vor Schreck fällt mir fast das Handy aus der Hand.
    Johann!
    Ich bemühe mich lässig bis nachlässig zu klingen. Johann soll schließlich nicht merken, dass mir das Herz bis zum Hals schlägt und sich meine Beine wie Wackelpudding anfühlen .
    „Julia, ich versuche seit einer Woche dich zu erreichen“, quengelt Johann mit vorwurfsvo l lem Unterton.
    Gut so, denke ich. Das ist Juniorchef Johann Eugen Hartmann bisher wohl noch nicht pa s siert. Jetzt schön cool bleiben. Vielleicht hätte ich mich schon viel früher mal rar machen sollen, anstatt immer gleich »Gewehr bei Fuß« zu stehen.
    „Du, ich war total beschäftigt.“
    Das ist noch nicht einmal gelogen. So viel wie in den letzten Tagen hatte ich noch nie zu tun.
    „Womit?“ Er klingt ungläubig, so als gäbe es für mich keine Beschäftigung, wenn er nicht in meiner Nähe ist.
    „Ich arbeite jetzt bei einer Zeitschrift und bin für deren nächste Ausgabe verantwortlich.“
    „Bitte? Du hast einen neuen Job? Wo denn?“
    „ Holiday Dream . Was hast du erwartet? Dass ich bei Katja sitze und darauf warte, dass du dich bei mir meldest?“ Schweigen.
    „Du wohnst also bei Katja?“ Ich merke, dass Johann jetzt ernsthaft verwirrt ist.
    „Ja. Eigentlich wollte ich mir eine eigene Wohnung suchen, aber Katja schläft meistens bei Sergej und dann habe ich die Wohnung ganz für mich alleine.“
    „Wer ist Sergej?“ Misstrauen schwingt in Johanns Stimme mit.
    „Katjas neuer Freund. Weißt du, Sergej besitzt mehrere Firmen und lässt sich bei Blohm + Voss gerade seine neue Luxusyacht bauen. Im übrigen kann ich auch nicht mehr lange telefoni e ren, da ich gleich mit Katja und Sergej im Hotel Atlantik verabredet bin.“
    „Gehst du alleine?“
    Ich kann mich nicht daran erinnern, dass mir Johann – abgesehen von unserer ersten Bege g nung – jemals so viele Fragen in Folge gestellt hat. Normalerweise werden meine Erzählungen eher durch Grunzlaute kommentiert und gelegentlich wird ein „Tatsächlich“ eingestreut.
    „Nein.“
    Schweigen.
    „Und, wie geht es dir?“, frage ich fröhlich.
    „Gut“, kommt die zögerliche Antwort. „Ich arbeite viel.“
    In diesem Moment höre ich im Hintergrund die Haustürklingel.
    „Erwartest du Besuch?“, frage ich.
    „Wieso?“
    „Es hat geklingelt.“
    „Ach, derjenige kann warten.“ Aus seinem Tonfall entnehme ich, dass Johann genau weiß, wer jetzt vor der Tür steht. Und ich weiß es auch.
    Es klingelt erneut, diesmal energischer als das erste Mal.
    „Du, ich muss auch los. Schön, dass es dir gut geht. Pass auf dich auf, ja?“  Ich will einhä n gen.
    „Julia ...“
    „Ja?“ Mein Herz klopft wie das eines Marathonläufers nach dem Rennen. Ich fürchte, jeden Moment ohnmächtig zu werden.
    „.Ach, nichts.“ Im Hintergrund klingelt es ohne Unterbrechung.
    „Gut, dann tschüss.“ Ich lege auf. Und nun?
     
     
    Ich starre auf meinen Laptop. Genauer gesagt, sehe ich mir die Bilder darauf an.
    ... Johann, wie er mir mit einem leichten Glimmer in den Augen zuprostet.
    ... Johann, wie er sich eine Zigarre anzündet.
    ... Johann , zusammen mit seinem Vater.
    ... Johann und ich auf der Skihütte. (Die Aufnahme ist leicht verwackelt, da wir schon die vierte Runde Apfelkorn hinter uns hatten.)
    ... Johann , stolz in seinem neuen Auto.
    Es ist erst drei Wochen her und trotzdem habe ich das Gefühl, eine Ewigkeit sei seitdem vergangen. Bilder, stumme Zeugen einer glücklichen Zeit.
    Wie konnte ich nur so naiv und blöd sein zu glauben, in meiner Beziehung sei alles in Or d nung? Wobei? Selbst im Nachhinein gab es keinerlei Anzeichen für einen Betrug.
    Oder doch?
    Lange Meetings im Büro? Sein plötzliches Interesse für Sport? Eigentlich hätte ich späte s tens da misstrauisch werden müssen , als sich Johann in dem angesagte ste n Fitness Club von Freiburg angemeldet hat . A ber ich dachte wirklich er will etwas für seine Gesundheit tun. Zumal ihm Dr. Wegener, sein ehemaliger Kinderarzt, zu mehr Bewegung geraten hat. Oder war das auch alles Teil des Plans, damit er und Titten-Annette mehr Zeit miteinander verbringen kon n ten?
    Ich finde, Misstrauen hat in einer intakten Beziehung nichts verloren. Das ist wie wenn Eh e leute schon vor der Hochzeit einen Ehevertrag abschließen. Da kann man ja gleich die bevorst e hende Scheidung schon mal vorsichtshalber mit durchsprechen. Nein, ich würde niemals einen Ehevertrag gutheißen. Das käme mir wie ein Verrat an der Liebe vor. Ich heirate doch

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