Holunderküsschen (German Edition)
mich mein Retter. Eigentlich bin ich ja Nichtraucher, aber ich möchte auf keinen Fall spießig erscheinen, deshalb nicke ich freudig.
„Kommst du?“, frage ich Katja.
„Glaubst du etwa, ich bleibe hier zwischen all den Raubtieren alleine?“ Sie deutet auf eine Gruppe Männer mittleren Alters, die uns lüstern mustern.
Draußen empfängt uns die milde Nachtluft. Während Katja nach Sergej Ausschau hält, za u bert Jan einen Joint aus seiner Jackentasche. Ich hebe erstaunt den Kopf und sehe ihn an.
Jan, der meinen Blick auffängt, grinst leicht blöde. „Spezialmischung für besonders schöne Abende.“ Oha, mein Prinz hat es also faustdick hinter den Ohren. Doch nicht so unschuldig, wie ich dachte.
„Möchtest du auch einen Zug?“ Er hält mir lockend den Joint vor Gesicht. Ich zögere. Der Joint wippt vor meinem Gesicht auf und ab. Ach, warum eigentlich nicht? So ein kleiner Zug wird mir schon nicht schaden.
12. Julias Facebook Status: Das muss die Hölle sein!
Mein Kopf fühlt sich an, als würde er in einem Schraubstock stecken. Wo bin ich? Ist das die Hölle? Zumindest stinkt es wie in der Hölle – sauer und nach Alkohol. Ich schmatze leise. Angeekelt verziehe ich das Gesicht. Mein Mund schmeckt so, wie es riecht. Der Kopf tut mir höllisch weh. Warum nur? Ich versuche mich zu drehen, aber mein Körper fühlt sich an, als ob er nicht zu mir gehört, irgendwie taub. Mein Magen dagegen hat die Drehung bereits vorgenommen und entleert sich in einem perfekt platzierten Eimer direkt neben meinem Bett. Ich öffne die A u gen und das erste, was ich sehe, ist meine eigene Kotze. Das ist zu viel! Stöhnend lasse ich mich zurück aufs Bett fallen. Ich bin definitiv nicht in der Hölle, auch wenn es sich im Moment so a n fühlt, sondern in meinem Bett.
Was ist passiert?
Außer dem dumpfen Schmerz hinter meinen Augen ist da absolut nichts. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, was in den letzten Stunden oder, oh Schreck, waren es gar Tage, passiert ist. Bitte, lieber Gott, lass mich einfach nur jetzt und hier sterben!
Ich warte, aber nichts passiert. Anscheinend hat der liebe Gott gerade Wichtigeres zu tun, als mich aus meiner Qual zu befreien.
„Hallo“, Katjas Stimme scheppert gegen meine Ohrmuscheln. „Wieder unter den Lebe n den?“
„Hast du mich hierher gebracht?“, stöhne ich und wische mir mit dem Handrücken über den Mund. Katja verzieht das Gesicht.
„Nein, ich bin nur als deine Bewacherin hier.“ Katja klingt völlig normal. Keine Spur von Abgeschlagenheit. „Sergej macht gerade Frühstück.“
Mein Magen bäumt sich bei dem Gedanken an Essen erneut auf. Würgend hänge ich mit dem Kopf über dem Eimer, bis mir die Tränen in den Augen stehen. Stöhnend lasse ich mich zurückfallen.
„Was ist passiert?“
„Das sollte ich eigentlich dich fragen“, entgegnet Katja vorwurfsvoll. „Was ist nur in dich gefahren? Seit Johann mit dir Schluss gemacht hat, lässt du dich plötzlich volllaufen, als gäbe es kein Morgen. Und seit wann rauchst du Joints? Das ist voll krass!“
„Krass? Mhm.“
„An was kannst du dich denn noch erinnern?“, fragt Katja. Mit angeekeltem Gesicht nimmt sie den Kotzkübel und stellt ihn vor die Schlafzimmertür. Anschließend setzt sie sich im Schne i dersitz zu mir aufs Bett.
Ich forsche in den Tiefen meiner Hirnwindungen nach Antworten, aber bis auf ein paar schemenhafte Bilder ist da nicht viel. Ich erinnere mich an Jan und dass ich mit ihm getanzt habe. Ich erinnere mich daran, dass mir Jan einen Joint angeboten hat, und dass ich mich noch nie so leicht gefühlt habe. Ich erinnere mich an einen Schrei.
„Hast du geschrien?“, frage ich zaghaft. Ein schreckliches Gefühl beschleicht mich.
Katja nickt. „Allerdings. Ohne mich würdest du jetzt wahrscheinlich in Jans Bett liegen und bitter bereuen, was du getan hast.“
„Äh, was genau habe ich denn getan?“ Ich fange an zu schwitzen bei dem Gedanken, was jetzt kommt.
„Du hast den gesamten Club mit deiner Showeinlage unterhalten.“ Katja gehört nicht zu der Sorte Mensch, die ein Blatt vor den Mund nimmt, wenn es darum geht, die Wahrheit zu sagen. „Erst bist du auf der Tanzfläche herumgehüpft und anschließend hast du: „ ICH BRENNE, ICH BRENNE “ geschrien und versucht, dir die Klamotten vom Leib zu reißen.“ Katja grinst.
Ich stöhne und sinke noch tiefer ins Kissen. „Habe ich mich ... ausgezogen?“ Mein Mund ist trocken.
Katja schüttelt den Kopf. „Hättest
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