Holunderküsschen (German Edition)
Kopf. Benni, der neue Verlagschef des Hirsekornverlags-Imperium s . Benni, der Sohn von Elisabeth Hirsekorn. Der Benni, mit dem ich vor knapp einer Stunde noch geschlafen habe. Der Benni, dem ich all e meine kleinen Geheimnisse anvertraut habe.
Auf einmal fügt sich alles wie ein Puzzle zusammen. Die Blicke, die Benni und die Hirs e korn miteinander getauscht haben, waren vertraute Blicke, die nur zwischen Mutter und Sohn vorkommen. Wissend und im stillen Einvernehmen. Warum in Gottes Namen hat er nicht von seiner Mutter erzählt?
Spionage, schießt es mir in den Kopf. Hat Benni die Angestellten des Verlages ausspi o niert? Mir wird heiß und kalt. Ein Schweißtropfen läuft mir kitzelnd zwischen den Brüsten heru n ter bis er in meinem BH versackt. Meine intimen Geständnisse im Zug, mein gefälschtes Zeugnis, all die kleinen Schwindeleien von denen ich Benni erzählt habe! Wahrscheinlich hat er alles brühwarm seiner Mutter erzählt und die beiden haben sich über mich, bei einem gepflegten Glas Wein, totgelacht. Sein Fotoatelier, eine Art Tarnungsmanöver? Warum der ganze Aufwand? Se i ne Affäre mit mir ... ebenfalls geheim. Ich schlucke erneut. In meinem Hals steckt ein Kloß, der nicht verschwinden will.
„Pumbi, du sieh s t echt scheiße aus!" Katja nimmt meine Hand, während sich die Moderat o rin im Fernseher an Benni und seine Schwester wendet.
„Herzlichen Glückwunsch an Sie beide!" Bennis Gesichtsausdruck bleibt ernst.
„Wie aus Verlagskreisen zu hören ist, wollen Sie das Konzept für eine ihrer erfolgreichsten Zeitschriften, d ie Holiday Dream , verändern. Ein Schritt in eine neue Zukunft unter ihrer Fü h rung?"
Benni schüttelt den Kopf. „Sie sind überraschend gut informiert."
Die Moderatorin lächelt geschmeichelt.
„Aber nein, hierbei handelt es sich um ein gemeinsames Projekt, an dem meine Mutter maßgeblich beteiligt ist. Meine Mutter ist noch immer der innovative Kopf des Unternehmens." Benni wirft seiner Mutter einen wütenden Blick zu. Was hat das nur wieder zu bedeuten?
„Glauben Sie, dass Sie mit dem neuen Konzept der Holiday Dream wieder den Sprung in die oberste Liga schaffen werden?“
„Ach, kommen Sie“, sagt Benni und lehnt sich lässig zurück, „wir denken, dass wir unsere Kunden und den Markt kennen und die Situation richtig einschätzen.“
„Die Situation?“, fragt die Moderatorin spitz nach.
Elisabeth Hirsekorn nickt. „Ehre, wem Ehre gebührt. Zuerst einmal möchte ich klarstellen, dass es sich hierbei um eine Idee meines Sohnes Benjamin handelt, die ich nur allzu gerne aufg e nommen habe und zu der ich in ihrer ganzen Konsequenz stehe. Ich glaube, seine Idee des neuen Konzeptes ist brillant und unsere Leser werden begeistert sein."
„Das war meine Idee!" Jetzt bin ich wütend. Wie kann diese Frau nur allen Ernstes behau p ten, es wäre Bennis Idee . W o sie doch genau weiß, dass es meine Idee war, die Holiday Dream neu aufzuziehen. Mein Puls rast. „Habe ich schon erwähnt, dass ich die Hirsekorn hasse?", sage ich ohne meinen Blick vom Fernseher zu wenden. Katja tätschelt mir beruhigend die Hand, wä h rend Elisabeth Hirsekorn gelassen fortfährt.
„Ja, allerdings. Die Zeiten haben sich, wie schon erwähnt, geändert und damit die gesamte Verlagssituation. Früher, zu Gründerzeiten der Holiday Dream, war das Reisen etwas Elitäres. Selbst die Stewardessen waren damals handverlesen und gehörten zu einer privilegierten Gruppe. In der ersten Klasse bereitete noch ein echter Koch die Mahlzeiten zu und wir durften rauchen." Gelächter ertönt aus dem Hintergrund. Elisabeth Hirsekorn lächelt. „Der Anspruch der Menschen an ihren Urlaub hat sich geändert und wir möchten uns mit unseren Lesern verändern. Zwar we r den wir weder den Erste Klasse-Koch zurückbringen, noch wird das Rauchen in Flugzeugen wi e der erlaubt werden, aber wir können unseren Lesern Tricks und Tipps vermitteln, mit deren Hilfe sie aus ihrem individuellen Urlaub das Beste herausholen können. »Am Puls der Zeit!« lautet das Motto." Sie macht eine Pause, um das Gesagte bei den Anwesenden sacken zu lassen. „Aber mehr werde ich Ihnen an dieser Stelle nicht verraten. Machen Sie sich lieber selbst ein Bild. Sie alle sind herzlich eingeladen zu der Präsentation unserer Jubiläumsausgabe", beendet sie ihre kleine Ansprache.
„Dann dürfen wir also auf die Umsetzung ihrer Idee gespannt sein, Herr Wagner." Die M o deratorin lächelt Benni zu. Benni zuckt bei ihren Worten kurz
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