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Holunderliebe

Holunderliebe

Titel: Holunderliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Tempel
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Menschengedenken hier ihre Gärtnerei, die sich ausschließlich den Heilkräutern verschrieben hat. Und ausgerechnet auf derselben Insel soll etwas wachsen, von dem wir nichts geahnt haben? Das grenzt ja fast an eine Beleidigung.«
    Christian zuckte nur mit den Schultern und ging weiter auf und ab.
    »Man sollte meinen, dass er von den Hormonen überschüttet wird, die bei mir ausgeblieben sind«, sagte Irmela, während sie ein weiteres Bestimmungsbuch aufschlug. Es klang nicht nach einem Scherz, sondern eher wie ein Vorwurf.
    Nach einer knappen Stunde, die sie mit Blättern und Vergleichen verbracht hatten, schlug Hanna ihr Buch zu. »Das bringt nichts. Was auch immer dieses Zeug sein mag, es ist bei uns nicht bekannt. Und damit meine ich nicht nur auf der Reichenau, sondern in ganz Zentraleuropa. Ich schlage vor, wir fahren zu einem botanischen Institut und bitten um eine Bestimmung.«
    »Gute Idee«, meinte Irmela. »Wo ist denn das nächstgelegene?«
    »Basel oder Karlsruhe«, erklärte Hanna. »Basel liegt näher.« Sie warf einen Blick auf den Kalender. »Heute sollte in der Schweiz ein ganz normaler Arbeitstag sein, es ist zwei Uhr nachmittags – wir könnten das schaffen, bevor die ihre Pforten dichtmachen.«
    »Okay!« Irmela griff nach ihrer Jacke. »Los geht’s!« Sie schien wie von einem Fieber erfasst, so dringend wollte sie jetzt die Herkunft des geheimnisvollen Krauts aufdecken.
    »Halt!« Christian deutete auf den kleinen Säugling, der in seinem Arm eingeschlafen war. »Was wird mit ihr? Wenn sie aufwacht, wird sie Hunger haben!«
    »Dann kommt sie eben mit, und ich muss sie stillen, das ist doch kein Problem«, erklärte Irmela ungeduldig. »In unserem Auto ist Platz für vier, das Baby kommt auf deinem Schoß mit.«
    »Ich bleibe hier und kümmere mich um Simon«, erklärte Peter. »Mir liegt sowieso nichts an langen Autofahrten – und es sollte jemand hier sein, wenn er von seinem Fußballtraining kommt.«
    »Ich weiß nicht …« Hanna sah ihn bittend an. »Ich hätte dich gern dabei. Soll ich nicht einfach die Mutter von Paul anrufen, dass sie Simon nach dem Training mitnimmt? Wir sind heute Abend sicher wieder hier, das sollte wirklich kein Problem sein.«
    »Wenn du meinst.« Peter zögerte. »Ich mag es eigentlich nicht, wenn wir ihm nicht vorher erklären, wer ihn jetzt abholt.«
    »Es ist doch wirklich eine Ausnahme. Ich hätte dich einfach gern dabei«, sagte Hanna.
    »Du hast ja Irmela und Christian dabei«, meinte Peter. »Am liebsten würden Christian und ich sowieso bei unseren Kindern bleiben, während ihr unterwegs seid, um Ruhm und Ehre zu sammeln.«
    »Aber das geht leider nicht, weil Lena ihre Milchquelle braucht«, bemerkte Christian grinsend. »Und du solltest auch mitkommen. Vielleicht können wir ja in ein hübsches Café gehen, während unsere Frauen ihrer großen Mission nachgehen.«
    »Wenn du meinst …« Widerstrebend griff Peter zum Telefonhörer. »Ich rufe selbst bei Pauls Mutter an. Sie soll Simon erklären, wo wir stecken. Und wahrscheinlich ist es besser, wenn Simon gleich bei Paul übernachtet. Dann ist es nicht so schlimm, wenn es bei uns etwas später wird.«
    Minuten später saßen sie im Wagen. Christian kurbelte das Fenster hinunter, weil es an diesem Apriltag ungewöhnlich heiß war. Irmela setzte sich hinter das Steuer und legte den Gang ein. »Keine Sorge, heute Abend sind wir wieder hier. Und morgen seid ihr uns dann endgültig los.«
    Damit gab sie Gas und fuhr los – ein wenig zu schnell, ein wenig zu sehr mit den Gedanken in Basel und bei den beiden Zweigen, die sie in den Kofferraum gelegt hatten.

25.
    N achdenklich starrte ich vor mich hin, doch wie sehr ich mich auch anstrengte: Ich konnte nicht ergründen, wie es damals zu dem tragischen Unfall gekommen war. Einen ganzen Nachmittag hatte ich in der Truhe auf dem Speicher herumgewühlt und mich bemüht, den Gedanken und Gefühlen meiner Eltern auf die Schliche zu kommen. Aber das, was sie damals wirklich bewegt hatte, würde mir wohl für immer verborgen bleiben. Ich schloss meine Augen, die in der staubigen Luft brannten. Was sollte ich jetzt tun? In den letzten Tagen waren lauter Gewissheiten meines Lebens plötzlich zusammengebrochen.
    Ich hörte meine Mutter auf der Treppe. Oder meine Tante? Keine Ahnung, wie ich sie künftig nennen sollte. Sie öffnete vorsichtig die Tür und steckte ihren Kopf herein. »Und, wie geht es dir?«, fragte sie leise.
    »Keine Ahnung. Es sind so viele

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