Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Holunderliebe

Holunderliebe

Titel: Holunderliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Tempel
Vom Netzwerk:
hilflos irgendwelches Räucherwerk verbrannt und Gebete gemurmelt. Später hatte ich das Gefühl, das hat sie nur getan, damit ich nach der Geburt trotzdem Geld zahle.« Er seufzte. »Auf jeden Fall hat es zwei Tage und zwei Nächte gedauert, bis meine Irmingard endlich erlöst wurde. Sie hat sich so gequält.« Er biss sich auf die Lippen. »Aber bis ihre Stunde kam, wollte sie auch nichts davon hören, dass es gefährlich werden könnte. Sie war wie du. Der festen Überzeugung, dass sie die Erste sein würde, die von dieser schrecklichen Sache verschont wird.«
    Eine Weile herrschte Schweigen. Schließlich durchbrach Hemma die Stille. »Es mag sein, dass ich meiner Mutter ähnlich bin. Aber ich habe auch einige Teile von dir, Vater – und deine Mutter hat dich und deine Brüder stark und gesund auf die Welt gebracht. Womöglich ähnele ich ja nur äußerlich meiner Mutter, bekomme aber mühelos Kinder. Das kann doch niemand vorhersehen! Du siehst das zu finster, Vater.« Sie dachte kurz nach, bevor sie weiterredete. »Darüber hinaus kann ich jetzt nichts mehr daran ändern. Ich trage ein Kind in mir, das irgendwann das Licht der Welt erblicken wird. Und ich gedenke mich darauf zu freuen!«
    Ihre Stimme klang trotzig und so entschlossen, dass niemand wagte, ihr zu widersprechen.
    In Thegans Kopf überschlugen sich die Gedanken. Er träumte davon, den Rest seines Lebens mit Hemma zu verbringen. Aber wie sollte das gehen? Er musste seinen Vater um Erlaubnis fragen. Oder sich einfach das Recht nehmen und dieses Mädchen zu ehelichen. Allerdings war er sich nicht sicher, ob sein Mut reichen würde.
    Er trat neben Hemma und legte seinen Arm um sie. »Ich werde sicher an deiner Seite stehen«, erklärte er. »Womöglich weiß Walahfrid ja wirklich etwas über eine Pflanze, die dir helfen kann?«
    Ein verächtliches Schnauben von Routger war die Antwort. »Als ob die Mönche jemals mehr gewusst hätten als die weisen Frauen und Hebammen. Die verbieten doch eher ein Kraut, als dass sie nach einem suchen. Weißt du, warum du in dem Gärtchen deines Freundes kein Bohnenkraut findest? Weil es die Lust der Männer weckt und die Mönche Angst davor haben! Sie sehen darin kein Geschenk Gottes, sondern einen Fluch des Teufels. Und weißt du, warum es in jedem Klostergarten Mönchspfeffer gibt? Weil genau diese Pflanze dafür sorgt, dass die Mönche nicht mehr mit ihrer Leidenschaft kämpfen müssen!« Routger lachte auf. »Obwohl ich mir jetzt wünsche, dass dieser Walahfrid jede einzelne deiner Mahlzeiten mit Mönchspfeffer gewürzt hätte: Das zeigt doch, dass diese Kuttenträger zu nichts nutze sind. Da halte ich es lieber mit den Seegeistern!«
    »Im Gärtchen des Walahfrid findet sich weder das eine noch das andere«, widersprach Thegan. »Er hegt dort Pflanzen, die bei wirklichen Gebrechen helfen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er in einem Zuviel an Lust und Begehren eine Krankheit sieht, die behandelt werden müsste.«
    »Du kennst nicht sein wahres Gesicht«, sagte Routger.
    »Und du kennst ihn überhaupt nicht«, erwiderte Thegan herausfordernd. »Er wird dir schon noch zeigen, dass er einiges von Kräutern versteht!«
    Einen Moment lang sahen die beiden Männer sich in die Augen, und Hemma befürchtete, dass sie womöglich aufeinander losgehen würden. Sie spürte, wie sich Thegan, der sie immer noch im Arm hielt, anspannte. Aber dann setzte Routger sich wieder hin. Er sah nachdenklich auf seine Hände. »Du erinnerst mich daran, wie ich seinerzeit war. Ich habe nicht daran geglaubt, dass etwas passieren könnte. Irmingard war kein schwaches Weib, bei dem man sich vor der Geburt fürchten musste – und doch war es wahr, was mir ihr Vater noch vor der Hochzeit warnend sagte. Und genau das war der Grund, warum ich niemals wollte, das Hemma bei einem Mann liegt. Ich war mir sicher, dass ich sie schützen könnte – wie vermessen von mir. Es musste nur ein Mann kommen, der nicht an Sitte und Anstand glaubt. Der meiner Tochter den Kopf verdreht und sie gleich in die nächste Wiese mitnimmt, um sie zu schwängern.« Er machte eine müde Handbewegung. »Es war vermessen von mir zu glauben, ich könnte den Lauf der Welt aufhalten. Geh jetzt, Thegan. Lass mich alleine mit meiner Tochter, damit wir die letzten Monate gemeinsam genießen können. Hier in meinem Haus will ich dich nicht mehr sehen. Du bist schuld an meinem größten Unglück, denn du hast meine schlimmsten Albträume wahr gemacht.«
    Langsam ließ

Weitere Kostenlose Bücher