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Holunderliebe

Holunderliebe

Titel: Holunderliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Tempel
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unbekleidet bin, kann man den Bauch schon recht deutlich sehen. Und geblutet habe ich seit drei oder vier Monden nicht mehr. Eigentlich seit ich Thegan treffe. Ich dachte anfangs, es wäre die Aufregung. Oder das Glück. Es ist doch hinderlich, wenn man beieinanderliegen will …« Sie sah betreten zur Seite. »Ich habe mir verboten, daran auch nur zu denken. Ich wollte nur mein Glück genießen und mir keine Sorgen machen. Das ist dumm, ich weiß – aber ich wollte es mir einfach nicht eingestehen.«
    »Und du hast nie daran gedacht, dass es heißen könnte, du bekommst ein Kind?« Rothild war immer noch fassungslos.
    »Doch, schon. Aber was hätte es denn geändert? Ich habe gehofft, dass meine Blutung einfach wieder einsetzt.« Sie fuhr sich mit der Hand über den Bauch. »Aber in den letzten Tagen habe ich gespürt, wie es sich bewegt. Es fühlt sich an, als hätte ich einen Beutel mit Schmetterlingen verschluckt.« Sie sah ihre Freundin an und deutete auf deren dicken Bauch. »Fühlt sich das immer so an?«
    Rothild nickte. »Ja, am Anfang sind es nur ganz kleine und zarte Flügelschläge – später halten sie dich vom Schlafen ab. Du wirst sehen. Es bedeutet nur Gutes, nämlich dass das Kind gesund ist. Aber du hast dann auch nur noch wenige Monate, bis das Kleine auf die Welt kommt …« Sie biss sich auf die Lippen. »Und es bedeutet, dass schon bald jeder sehen kann, dass du ein Kind erwartest. Du wirst es deinem Vater sagen müssen.«
    »Zuerst Thegan!«, warf Hemma ein.
    »Ja, sicher. Aber was erwartest du? Dass er dich heiratet? Hör auf zu träumen, Hemma! Er hat eine Gespielin für diesen Frühling und diesen Sommer gesucht und gefunden. Ein Mann wie Thegan wird ein Mädchen von Adel heiraten, es wird ihm sogar nichts anderes übrig bleiben, denn er kann noch weniger frei wählen als du! Also, erzähl ihm, dass er dich in eine üble Lage gebracht hat, aber erwarte nicht, dass er dich daraus wieder retten kann.«
    »So ist er nicht«, erklärte Hemma entrüstet. Sie zögerte. »Aber du hast recht, es ist nicht das Gespräch mit Thegan, das ich scheue. Mein Vater wird mich umbringen.«
    »Wohl kaum«, meinte Rothild trocken. »Dafür liebt er dich viel zu sehr.«
    »Ich habe keine Ahnung, wie ich es ihm beibringen soll. Ich kann doch nicht seine Taue aufrollen und dabei sagen: ›Ach, du wirst übrigens bald Großvater.‹ Das geht doch nicht!«
    »Nein, du solltest einen besseren Zeitpunkt wählen. Auch wenn ich den Verdacht hege, dass es niemals einen guten Zeitpunkt geben wird.« Rothild schüttelte den Kopf. »In was für eine Sache hast du dich da nur hineingeritten, Hemma!«
    »Und doch freue ich mich. Darf ich das? Ich habe dich immer um deinen Sohn beneidet und schon befürchtet, ich würde niemals ein eigenes Kind in den Armen halten …« Hemma streichelte sich über den Bauch. »Und jetzt geht mein Wunsch in Erfüllung!«
    »Was bist du für ein Kind!«, rief Rothild aus. »Du solltest verzweifelt sein und dein Unglück beklagen. Stattdessen sitzt du hier und streichelst deinen Bauch und murmelst etwas von Wünschen, die in Erfüllung gehen. Hemma, wach endlich auf! Mütter, die keinen Mann zu ihrem Kind haben, werden von allen verachtet. Und dein Vater, der dich immer so beschützt hat, wird außer sich sein!«
    »Und doch muss er endlich lernen, dass er mich nicht zu Hause einsperren kann!«, erklärte Hemma trotzig. Eine Träne lief ihr über die Wange. »Das hier ist doch der einzige Weg, wie ich mich von ihm befreien kann!«
    »Keine Ahnung, wie man so dumm sein kann, in einem Kind eine Befreiung zu sehen«, erklärte Rothild energisch. »Es ist vielmehr die stärkste Fessel, die du in deinem Leben angelegt kriegst. Mal abgesehen davon, dass es sehr mühselig ist, ein Kind auf die Welt zu bringen. Bei meinem Sohn habe ich ein paarmal gedacht, dass mein letztes Stündlein geschlagen hätte …«
    »Aber das denkt doch jede Mutter. Das weiß sogar ich: Die Mütter schimpfen, schreien und jammern – und dann halten sie voller Glück ihr Kind in den Armen.«
    »Nun, bis dahin wird noch viel Wasser an die Ufer unserer Insel schlagen.« Rothild legte ihre Stirn in Falten. »Am wichtigsten ist die Frage, wie du deinem Vater die freudige Botschaft mitteilst, ohne dass er dich sofort umbringt. Am besten machst du das ziemlich bald. Wenn man dir deinen Zustand ansieht und ihn andere darauf ansprechen, ohne dass er davon weiß, ist er auch noch in seinem Stolz

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