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Holundermond

Holundermond

Titel: Holundermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Wilke
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machen, nicht wahr? Aber jetzt passt auf, was der Fremde wirklich von dem Maler wollte.« Sie goss ihnen noch etwas Saft nach und nippte am Wein. »Der Fremde verlangte von Celesti, dass er ihn auch auf dem Altarbild verewigt. Er wollte Modell sitzen für das Gemälde, so wie viele andere vor ihm. Celesti zögerte zuerst. Das Bild war fast fertig, aber der fremde Mönch bedrängte ihn sehr und versprach ihm eine zusätzliche Belohnung, wenn er seinem Wunsch nachkommen würde.«
    »Und? Hat er es gemacht?« Flavio rutschte gespannt auf der Bank nach vorn.
    »Ja, Celesti hat den Mönch gemalt. Das Angebot war einfach zu verlockend und die Künstler jener Zeit waren arm und lebten oft von der Hand in den Mund. Der Mönch stellte dem Maler jedoch eine Bedingung. Er wollte, dass Celesti spezielle Farben und einen eigenen Satz Pinsel verwendete. Als der Mönch einen ersten Beutel voller Goldstücke als Anzahlung auf den Arbeitstisch legte, musste Celesti nicht mehr lange überlegen. Er nahm die Farben, die der Mönch ihm mitgebracht hatte, mischte sie mithilfeder neuen Pinsel und fing noch in derselben Nacht an zu arbeiten.«
    »Was waren das für Pinsel?«
    »Die Griffe der Pinsel waren aus einem besonderen Holz gefertigt.« Viviane lehnte sich zurück und zog einen der Zweige über ihrem Kopf herunter. »Aus dem Holz des Holunders.«
    Eine Wolke schob sich vor den Mond und es wurde dunkel im Garten.
    Flavio runzelte die Stirn. »Ja und? Celesti hat einen Mönch auf das Bild gemalt und dafür spezielle Pinsel und Farben verwendet. Toll. Und was ist jetzt das Besondere an diesem Altarbild?«
    »Diese Farben …«, Viviane stand auf und trat hinter Johanna. Dann schaute sie Nele und Flavio an. »Diese Farben machten das Altarbild der Klosterkirche zu einer Tür durch die Zeit.«

21
    »
Mamma mia
! Magische Farben!« Flavio starrte Johanna an. Nele folgte seinem Blick. »Und was hat das alles jetzt mit Johanna zu tun?« Fragend schaute sie zu Viviane.
    Die öffnete den Mund, aber Flavio kam ihr zuvor. »Verstehst du denn nicht? Johanna ist durch das Bild hierhergekommen. Sie kommt aus der Vergangenheit!« Flavio war aufgesprungen.
    Nele schüttelte den Kopf. So einen Unsinn konnte und wollte sie nicht glauben. Aber Johanna nickte und dann fing Viviane an zu erzählen. Sie erzählte von dem Tod von Johannas Eltern, von dem Siechenhaus, in das die Geschwister gebracht worden waren, und von Johannas ständiger Angst und Sorge um Samuel. Und sie erzählte von jener Nacht, in der ein Fremder vor Johannas Augen verschwand, nachdem er das Altarbild der Kirche berührt hatte.
    »Und Johanna ist ebenfalls durch das Gemälde gegangen?« Flavio hatte endlich seine Sprache wiedergefunden.
    Viviane nickte. »Als Johanna das Bild berührte, fiel sie durch die Zeit und landete in meinem Garten. Genau hier, unter dem Holunderbaum.«
    Es dauerte eine Weile, bis Vivianes Worte nicht nur Neles Ohren, sondern auch ihren Kopf erreicht hatten. Zu unglaublich war das, was sie gehört hatte. Johanna sollte aus einer Zeit stammen, die mehr als zweihundert Jahre zurücklag?
    Flavio schien das Unglaubliche viel schneller zu akzeptieren als sie. »Aber wie funktioniert das Gemälde denn genau?«
    Johanna schüttelte den Kopf. Und zum ersten Mal in dieser Nacht sprach sie selbst. »Ich weiß es nicht genau. Ich muss das Bild einfach nur berühren.«
    »Kannst du auch in andere Zeiten als nur in deine und unsere reisen?«, fragte Nele.
    Johanna zuckte die Schultern, dann wurden ihre Augen feucht. »Ich will Samuel nicht verlieren.«
    »Warum bringst du ihn nicht einfach mit?«
    »Ich habe es mal probiert, aber es hat nicht geklappt. Samuel hat das Bild berührt, aber nichts ist passiert. Jetzt ist er zu schwach, er kann nicht mehr allein aufstehen.« Tränen liefen ihr über das Gesicht.
    Viviane nahm Johanna in die Arme. »Uns fällt eine Lösung ein, wir helfen dir. Wichtig ist, dass Samuel wieder zu Kräften kommt. Das Fieber ist ja zum Glück gesunken,jetzt musst du aufpassen, dass er sich nicht wieder woanders ansteckt.«
    Johanna nickte. Viviane schaute zum Himmel. »Der Mond steht schon hoch am Himmel, du solltest langsam aufbrechen.« Mit einem Blick zu Nele und Flavio fügte sie hinzu: »Der Legende nach wirkt der Zauber des Bildes nur in der Nacht. Wenn die Sonne aufgeht, ist die Tür durch die Zeit verschlossen bis zum nächsten Sonnenuntergang. Wir wollen Samuel nicht unnötig in Gefahr bringen. Er braucht Johanna. Und er braucht die

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