Holz und Elfenbein
es dankbar an. Er nickte Haylen zu und erhob sich zögerlich. Was gab es sonst noch zu sagen?
»Falls Sie Empfehlungsschreiben brauchen oder sonst etwas.« Eine vage Handbewegung folgte.
»Danke.« Federico verabschiedete sich und verließ das Sekretariat.
Zum Glück waren die meisten Studenten zu dieser Zeit in ihren Vorlesungen oder Unterrichtsstunden, so dass er fast alleine war als er zum Wohnheim ging. Je weniger Leuten er in die Augen blicken musste, desto besser. Federico redete sich ein, dass ein jeder hier von seinem blamablen Konzertauftritt wusste.
Er hoffte, dass Claude und Alexis gut vorangekommen waren. Federico selbst wollte keine Minute länger als nötig hier bleiben. Wieder einmal wurde ihm bewusst wie wertvoll so ein guter Freund wie Claude doch war. Claude hatte sich sofort bereit erklärt seine Vorlesungen sausen zu lassen und ihnen zu helfen. Auch hatte er den Kombi von Jérômes Eltern organisiert. Denn Alexis‘ Sportwagen war gänzlich ungeeignet um Umzugskisten zu transportieren.
Als Federico die Tür zu ihrer Bude aufstieß, wäre er beinahe über einen der besagten Kartons gestolpert. Die ganze Küche war damit in Beschlag genommen.
»Claude, ich bin wirklich geschmeichelt, dass du meinst, ich hätte so viele Klamotten«, rief er ziellos in das Chaos hinein.
»Ach weißt du, ich dachte, ich packe auch gleich. Jetzt wo hier sowieso schon alles durcheinander ist.« Claude kam mit einer Kiste aus seinem Zimmer.
»Du ziehst aus?« Dies war auch für Federico neu. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Claudes Kleidungsstücke auf dessen Bett lagen und er eifrig damit bemüht war sie zu sortieren. »Warum denn?«
»Na glaubst du, ich bekomme noch einmal einen so tollen Nachbarn wie dich? Wer weiß schon, wen sie mir jetzt vorsetzen. Nein, nein. Vielleicht hat das alles so sein sollen, dass du ausziehst und ich mich auch nach etwas Eigenem umsehen sollte.«
»Hast du schon was in Aussicht? Oder ziehst du etwa zu Jérôme?« Alexis stellte eine Kiste mit Büchern auf dem Tisch ab und verschloss sie mit Klebeband. Dabei blickte er zu Federico, der am Kühlschrank gelehnt dastand.
Selbst jetzt beim Packen trug Alexis eine schwarze Stoffhose und ein dunkelrotes Hemd, die Ärmel bis zu den Ellbogen zurückgeschoben, so dass seine sündhaft teure Armbanduhr zu sehen war. Er erinnerte Federico an die Fernsehberichte über die Finanzkrise: Bankmanager, die hastig ihre Schreibtische geräumt hatten und sich aus dem Staub machten. Doch dieser Businesslook passte einfach zu Alexis. Federico griff nach dem Ledergürtel an dessen Hose und zog ihn zu sich heran. Fast kippte die Kiste vom Tisch, gerade noch gab ihr Alexis einen Stoß in die richtige Richtung.
»Alles okay?«, erkundigte er sich leise und strich Federico kurz durchs Haar.
»Geht schon«, gab Federico zurück. Er würde hier nicht in Tränen ausbrechen. Sie küssten sich kurz.
Federico hatte die Tür zum Gang nicht ins Schloss fallen lassen und so hatten sie gar nicht gehört, wie Klara die Zimmer betreten hatte. Sie musste wohl Federicos und Alexis‘ Kuss gesehen haben, denn sichtlich beschämt versuchte sie keinen der beiden Männer direkt anzusehen.
»Ich werde garantiert nicht zu Jérôme ziehen, der wohnt zurzeit bei seinen Eltern und...« Claude kam in die Küche gelaufen. »Oh, Klara. Schön, dass du gekommen bist um mitzuhelfen!«
Wo es Federico peinlich war, dass ihn Klara so gesehen hatte, da dachte sich Claude anscheinend gar nichts dabei. Entwaffnend lächelte er Klara an und ließ seinen Charme spielen.
»Das hättest du wohl gerne«, grinste Klara. Es war nicht schwer zu erraten, dass sie einzig wegen Federico hier war und Alexis war so taktvoll mit Claude die ersten Kartons nach unten zum Auto zu tragen.
»Wie geht es dir?« Sie lehnte sich neben ihm an den Kühlschrank. Federico dachte, dass er ihr einen Stuhl hätte anbieten sollen. Doch sämtliche Stühle waren mit Kisten, Büchern und Klamotten belegt. Und ganz sicher, ließ er sie nicht auf seinem Bett Platz nehmen.
Als Antwort auf ihre Frage, schüttelte er nur den Kopf und zog die Schultern nach oben.
»Stimmt es, dass du möglicherweise nie mehr spielen kannst?«
»Ja.« Er klang einigermaßen gefasst und unbeteiligt, obwohl er doch innerlich so aufgewühlt war. Bis jetzt hatte er es geschafft seine Emotionen in eine kleine Box in seinem Innersten zu packen. Irgendwann würde er sich ihnen stellen. Wahrscheinlich würde er sich heute Abend einmal wieder die
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