Holz und Elfenbein
Konkurrentin unter den Pianisten, die ihm nicht den kleinsten Erfolg gegönnt hatte. Für sie musste Federicos unrühmlicher Abgang doch geradezu Balsam auf der Seele sein. Sie sagte zwar nichts über Federicos Unvermögen noch länger Klavier zu spielen, doch sie ließ einen wenig schmeichelhaften Kommentar über Federicos neue sexuelle Vorliebe fallen.
Alexis blieb wie angewurzelt stehen. Federico zog ihn am Ärmel, drängte ihn weiterzugehen. Er wollte nur noch zurück in die Wohnung.
»Bei nächster Gelegenheit frag doch deinen Bruder, was er dazu meint.« Alexis lachte. »Leute wie er sind im Knast doch das reinste Frischfleisch.«
»Er war nicht im Gefängnis«, erwiderte sie, bereit die Ehre ihres Bruders zu verteidigen.
»Nicht? Oh, nun auf den Militärakademien läuft es nicht viel anders. Ich bin mir sicher, dass er es genossen hat. Wahrscheinlich hat er sogar noch darum gebettelt, dass es ihm die anderen besorgen«, er nickte ihr zum Abschied zu, seine Stimme ausgesucht höflich trotz der groben Worte und Lucrezia starrte ihn an wie ein Fisch auf dem Trockenen. »Grüße an deine Eltern. Ich hoffe, deinem Vater gelingt die Wiederwahl in seinem Bezirk. Aber so wie es aussieht, wird daraus wohl nichts. Nun ja, die Politik ist eine launenhafte, zickige Hure. Aber in Bezug auf zickige Huren kennst du dich selbst sicherlich am besten aus.«
Federico hatte den Austausch schweigend mit angehört. »Ich hab vergessen, wie ekelhaft und arrogant du sein kannst.« Dabei klang es jedoch nicht so, als ob er dies verurteilen würde. - Zumindest heute nicht.
Eine Woche später trafen sich Alexis und Claude im Park zu einer morgendlichen Runde Frühsport. Eigentlich wäre Claude mit Federico verabredet gewesen, doch der hatte sich durch nichts in der Welt aus dem Bett bewegen lassen. Damit Claude nun nicht alleine seine Runden ziehen musste, hatte sich Alexis eben in Trainingsklamotten geworfen.
»Ich fürchte, du musst mit mir Vorlieb nehmen«, entschuldigte er Federicos Abwesenheit als er zum vereinbarten Treffpunkt kam.
Dabei hatte Claude bereits eine andere Route vorgeschlagen, weiter weg vom Campus, so dass Federico diesem nicht zu nahe kommen musste. Federico war auch zu keiner der Vorlesung gegangen, obwohl er doch Alexis versichert hatte, dass er die Prüfungen mitschreiben würde. Wahrscheinlich war die Schmach für ihn einfach noch zu groß. Die Erinnerung an den Verlust noch zu frisch. Außerdem war das Konservatorium gleichbedeutend mit Federicos persönlichem Waterloo. Man konnte ihn durchaus verstehen und doch war es nicht gut, dass sich Federico so sehr zurückzog.
»Federico lässt sich ganz schön gehen.« Alexis hatte überlegt, ob er überhaupt gegenüber Claude das Thema ansprechen sollte. Doch es gab niemand anderen, der Federico so gut kannte wie Claude. »Wenn er so weitermacht, wird er noch ordentlich Winterspeck ansetzen.«
Claude kam bei diesen Worten glatt aus dem Tritt und stolperte ein paar Schritte. »Du magst deine Lover auch nur gertenschlank, was?« Es klang ein bisschen vorwurfsvoll und Alexis zog eine Schulter hoch.
»Das hast du ihm doch hoffentlich etwas charmanter gesagt?«
»Ich hab gar nichts zu ihm gesagt. Das sage ich jetzt nur zu dir. Es hat ja was von Frustfressen bei ihm, das verstehe ich durchaus.« Alexis konnte es sogar außerordentlich gut nachvollziehen. Noch nie in seinem Leben, außer nach der Trennung mit Henry, hatte er die Whiskyflaschen so zügig geleert und so besessen Sport getrieben. Das war seine Art gewesen damit fertig zu werden. Die einen kompensierten eben durch Alkohol und Sport, die anderen durch Essen. Federico gehörte zu der letzteren Gruppe. Mit Sicherheit hatte sich Federico früher seinen Frust am Klavier von der Seele gespielt, was ja nun nicht mehr ging.
»Nun, Fedri war schon immer sehr schlank, da fallen ein paar Kilo nicht ins Gewicht. Medizinisch betrachtet ist es sowieso besser nicht ständig an der Grenze zum Untergewicht zu kratzen.«
»Es geht nicht nur um das Gewicht – nicht ausschließlich. Er lässt sich hängen, ist zu nichts mehr zu motivieren. Außerdem verlässt er kaum noch die Wohnung. Federico braucht dringend Ablenkung sonst fällt er wirklich noch in ein Loch und wird hochgradig depressiv.«
»Er geht auch nicht mehr fechten, oder?«
Alexis schüttelte den Kopf: »Ich glaube kaum, dass er mit seiner lädierten Hand ein Florett länger als eine Minute in der Höhe halten könnte, ganz zu schweigen von den
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