Holz und Elfenbein
Bewegungen.«
»Das würde ich so nicht sagen. Er sollte es probieren. Jérôme meint, dass es seiner Hand nur gut tun kann – sofern er es nicht übertreibt. Vielleicht hilft es, wenn er die Muskeln an seinem Unterarm weiter stärkt und dadurch die Sehnen entlastet werden.«
»Klingt plausibel.« Alexis war zwar bei weitem kein Mediziner, aber an Claudes Ausführungen könnte schon was dran sein.
»Sag ihm, wenn er nächstes Mal zum Fechten kommt, dann werde ich auch damit anfangen.«
»Das würdest du tun?« Alexis wusste, dass Claude immer nur zum Zuschauen in die Sporthalle gekommen war. Nie hatte er sich dazu überreden lassen es einmal selbst zu versuchen.
»Fedri ist mein Freund und außerdem könnte ich auch etwas mehr Sport vertragen«, fügte Claude selbstkritisch an während er unverhohlen Alexis‘ flachen Bauch betrachtete, der durch die Lauftights und das Shirt deutlich sichtbar war.
Alexis ignorierte es geflissentlich. »Ja, ich glaube, das wäre ihm Ansporn genug. Ich hoffe es.«
Federico war langweilig, sogar sehr langweilig. Er nahm sich immer morgens vor dies und jenes zu erledigen: Einkaufen zu gehen oder zu lernen, Claude zu besuchen und diesem beim Einrichten der neuen Wohnung zu helfen. Doch als es soweit war, zog er es vor lieber auf der Couch vor dem Fernseher zu sitzen. An und für sich genommen hatten er und Alexis ja über die gesamten Feiertage nichts anderes getan. Keine Sekunde war es ihm da langweilig gewesen, aber nun hatte sie der Alltag eingeholt. Alexis konnte ihm nicht mehr jedes Mal Gesellschaft leisten, wenn Federico nichts zu tun hatte. Alexis nahm seine Termine am Konservatorium ernst und vornehmlich übte er dort bis spät abends an der großen Orgel. Dies wiederum war Federico auch nicht völlig unrecht, denn so hörte er Alexis nicht spielen, was ihn jedes Mal an seine eigenen, verflossenen Fähigkeiten erinnerte.
Gerade saß Alexis an seinem Schreibtisch im Wohnzimmer und arbeitete. Also konnte Federico den Fernseher nicht einschalten ohne Alexis damit zu stören. Aber er konnte ja mal nachsehen, womit Alexis denn sich so beschäftigte: Er hatte eine Partitur von Dvor á ks neunter Sinfonie vor sich liegen. Anscheinend fertigte er eine Transkription für Orgel an. Ob es wohl ein privates Projekt war, oder eine Aufgabe für das Studium? Besser er fragte ihn später danach.
Federico selbst hatte nichts woran er arbeiten könnte und so tigerte er ruhelos in der Wohnung umher. Alexis hatte mit keinem Wort erwähnt, dass sich Federico irgendwie am Haushaltsgeld oder der Miete beteiligen müsste, also sah es Federico als seine Pflicht an wenigstens zum Großteil die Hausarbeit zu erledigen. Er war ja sowieso zu Hause. Doch zum dritten Mal innerhalb zwei Tagen das Badezimmer zu putzen war wohl doch übertrieben.
Zum Lesen hatte er auch keine Lust und sich über mögliche Berufschancen als Musiklehrer kundig zu machen. Nein, nicht jetzt und nicht heute. Er hatte erst vor einer Woche seine Bude ausräumen müssen und musste sich ja erst einmal in seiner neuen Lage einfinden... Nun ja in Wirklichkeit alles Ausreden. Er hatte einfach keine Lust und keinen Drang sich mit seiner Zukunft zu beschäftigen.
Er kam sich schon vor wie im Fegefeuer. Jener Ort, den die Katholiken als Zwischenstation zur Erlösung kannten. Auf unbekannte Zeit war man dort gefangen, verdammt zum Nichtstun, zum Warten und Ausharren. Bevor er jedoch diesen zutiefst religiösen und philosophischen Gedanken weiter nachhing, ging er wieder zu Alexis. Dabei legte er ihm einen Hand auf die Schulter und strich durch die weichen Haare in Alexis‘ Nacken.
»Was machst du?«, fragte er.
»Ich transkribiere den vierten Satz für Orgel.« Nun, so viel war offensichtlich.
»Da bist du doch bestimmt nicht der Erste.«
»Schon möglich, aber ich will es selbst machen«, kam nach einer Minute die Antwort. Alexis war sichtlich in sein Vorhaben vertieft und Federico störte ihn im Grunde nur in seiner Konzentration, auch wenn Alexis es nicht offen sagte.
»Kannst du das einfach so, ohne an der Orgel zu sitzen?«, hakte Federico nach.
Wieder wurden zuerst einige Noten auf das Blatt geschrieben, bevor Alexis aufsah. »Ich habe es schon einmal nach Gehör gespielt. Also weiß ich wie es klingen muss. Vielleicht gehe ich später noch an die Orgel... Heute um vier muss ich sowieso Unterricht geben, vielleicht danach.«
»Ach so... Ich weiß nicht, was ich machen soll«, gestand Federico maulend und warf sich auf
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