Holz und Elfenbein
hinter sich bringen und wissen, was eigentlich dahinter steckte, hinter diese Sache, die für alle Welt so viel Bedeutung hatte und wie es überhaupt war mit einem anderen Mann zu schlafen.
Nach einer halben Flasche Rotwein – sie waren noch jung gewesen und hatte nicht viel vertragen – und einigen fadenscheinigen Argumenten um sich selbst Mut zuzusprechen, hatten sie ausgeknobelt wer den Part des Bottom übernehmen sollte. Auch wenn es sich jetzt in der Retrospektive unheimlich dumm anhörte, damals hätte ihm nichts Besseres passieren können. Er hatte keinem anderen so vertraut als Frank. Wenn man gemeinsam so ein Geheimnis in sich trug, das man vor allen, sogar der eigenen Familie, verbergen wollte, war es unheimlich tröstlich gewesen zu wissen, dass da noch jemand war, der genau so fühlte. Im gleichen Dilemma steckte wie man selbst. Alexis hatte sich wenig später geoutet, während Frank noch lange mit seiner sexuellen Identität gehadert hatte bis er sich durchringen konnte seinen Eltern zu gestehen, dass er bi war.
Ein Jammer, dass er Frank seit zwei Jahren nicht mehr persönlich getroffen hatte. Frank studierte in Deutschland doch jetzt hatte es sich ergeben, dass ihn sein alter Freund in Genf besuchen würde. Wie aufs Stichwort klingelte jemand an Alexis‘ Tür und er hielt sich erst gar nicht mit der Sprechanlage auf, sondern ging direkt nach unten vor die Haustür. Frank grinste ihn breit an. »Hi. Verdammt siehst du gut aus! Hast du abgenommen?«
Alexis lachte nur und schloss seinen Freund in die Arme. »Hast du die Fahrt gut überstanden?« Er drehte den Kopf und schielte auf den silbernen Wagen, der auf der Straße direkt im Parkverbot stand. Besser er stellte das Auto sofort in der Garage ab bevor sich noch jemand beim Ordnungsamt beschwerte.
»Du meinst, ob dein Auto die Fahrt gut überstanden hat?«, korrigierte Frank und trat einen Schritt zurück. »Du kennst mich doch.« Er reichte Alexis die Autoschlüssel für den rassigen Wagen, Sportausführung, Leichtmetallfelgen und mit jeder Menge PS unter der Haube. Frank war ein leidenschaftlicher Autofahrer und deshalb hatte er sich angeboten für Alexis das Auto nach Genf zu fahren. Frank hatte die 340 PS des Audi TT sicherlich bis zum Äußersten ausgereizt. Zuerst hatte Alexis geglaubt auf seinen Wagen verzichten zu können, aber schon noch zwei Wochen war ihm das Busfahren in der Stadt dermaßen von zuwider, dass er sein eigenes Auto schmerzlich vermisst hatte. Die andere Alternative, nämlich mit einem Fahrrad durch die Stadt zu fahren, lehnte Alexis kategorisch ab. Alexis hatte sich den Wagen von einer Firma überführen lassen wollen, aber Frank hatte von diesem Vorschlag nichts hören wollen. Da er ohnehin gerade in England weilte und nach Deutschland zurück musste, war es ihm ein großes Vergnügen gewesen die Fahrt persönlich zu unternehmen und den kleinen Umweg in Kauf zu nehmen. Alexis hoffte, dass Frank auch noch ein paar Tage in Genf blieb, bevor er dann zurück nach Freiburg fuhr, dieses Mal jedoch mit dem Zug.
»Nochmal vielen Dank«, meinte Alexis als Frank seine Tasche, die er auf dem Beifahrersitz deponiert hatte, nahm und mit ihm zur Wohnung ging.
»Nichts zu danken. Das Benzin muss ich ja nicht zahlen. Ich verstehe es immer noch nicht, dass ausgerechnet du so ein Auto fährst.« Schließlich war Alexis nicht einmal der große Autoliebhaber, der besonders viel Wert auf Ausstattung oder Leistung legte. Aber wenn sich Alexis etwas leistete, dann hatte es schon etwas Extravagantes zu sein und von der neuen Sportausführung des Audis sah man noch nicht viele auf der Straße fahren.
»Mir gefiel die Farbe«, erwiderte Alexis lakonisch. »Hier, schließ auf.«
Er hielt Frank den Wohnungsschlüssel hin während er selbst die zwei Taschen durch das Treppenhaus bugsierte. Alexis fragte sich ernsthaft, wie Frank das Gepäck überhaupt in den kleinen Kofferraum des Sportwagens untergebracht hatte. Frank hatte ihm noch einen Koffer mit Kleidung mitgebracht und ebenso seine Fechtausrüstung. Alexis wollte sich wieder intensiver dem Sport widmen.
»Schöne Wohnung.« Frank schien sich sofort wohlzufühlen, er warf seine Jacke auf die Couch und Alexis stellte das Gepäck erst einmal neben der Tür ab.
»Endlich kann ich mal wieder Jeans anziehen, ich hatte nur Stoffhosen und Hemden im Gepäck als ich hier angekommen bin. Das ging mir schon selbst auf die Nerven und viel Zeit zum Einkaufen hatte ich auch nicht.«
»Wie gesagt,
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