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Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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und er hätte auch schon früher protestieren können. Als er noch nicht mit einem geilen Bodybuilder eingepfercht in einer Toilettenkabine gestanden hatte. Er versuchte nicht daran zu denken, was seine Hand gerade tat.
    Dann ging es glücklicherweise erstaunlich schnell und Garry verspritzte seine Ladung gegen eine der Wände, doch nicht ohne ein lang gezogenes Stöhnen von sich zu geben, das Federico an ein angeschossenes Wildschwein erinnerte. Na ja, vielleicht war dieser Vergleich nicht wirklich passend, Federico hatte noch nie ein angeschossenes Wildschwein in natura gehört. Doch dieser offenkundige Laut wurde von ihren unfreiwilligen Zuhörern mit einem überraschten Johlen quittiert. Angewidert zog Federico seine Hand zurück und wischte sie an dem letzten Rest Toilettenpapier sauber. Garry lehnte mit der Stirn an der Wand und schien erst wieder zu Atem kommen zu müssen.

    Federico wurde einmal mehr übel und sobald er sich sicher sein konnte, dass sie wieder alleine auf der Toilette waren, flüchtete er sich in den Vorraum und wusch sich frenetisch die Hände. Garry gesellte sich zu ihm und grinste nur in maßloser Selbstüberschätzung. Als ob die Episode auf der Toilette irgendetwas Rekordverdächtiges gewesen wäre.
    »Was ist mit dir? Wir können zu mir...«
    »Nein!« Endlich protestierte er, doch Garry schienen die post-orgasmischen Gefühle milde gestimmt zu haben. Er zuckte nur mit der Schulter und ging hinaus als ob nichts gewesen wäre. Federico war sich nicht sicher, ob er ebenfalls so leichthin Michelle und vor allem Alexis unter die Augen treten konnte.

    Alexis hob die Hand zu einem letzten Abschiedsgruß und wartete dann noch bis das Taxi um die nächste Ecke gebogen war. Arme Cathy! Er selbst erinnerte sich noch allzu gut an diese ersten Wochen als blutjunger Student. Jener Zeitraum nachdem die erste Euphorie und Überschwang verklungen waren und sich stattdessen Zweifel und Ängste – mitunter sogar Depressionen – einstellten, dass man dem Allem nicht gewachsen war: Das Studium, die neuen Leute und Professoren, das Leben alleine, nicht mehr unter der Obhut der Eltern.
    Er hatte Catherine dazu geraten jetzt für den Anfang in eine Wohngemeinschaft zu ziehen. Auch wenn die Mitbewohner nerven konnten und es selten mit dem Putzplan funktionierte oder das Haushaltsgeld fast nie ausreichte, es war eine lohnenswerte Erfahrung und es gab immer jemandem zum Reden oder zur Not auch zum gemeinsamen Trinken – da sollte man sich nichts vormachen. Natürlich hätte er seiner kleinen Schwester nicht dazu geraten in eine Party-WG und Fickhöhle zu ziehen, die er in seinen ersten Semestern als Bleibe gewählt hatte. Nun ja, dies war auch eine lohnenswerte Erfahrung gewesen, kein Zweifel.
    Jedoch hatte Catherine eine kleine Zweizimmerwohnung für sich alleine vorgezogen und heute Abend hatte sie wohl einfach ihren großen Bruder gebraucht, der ihr Misosuppe gemacht und ihre Klagen geduldig angehört hatte. Sie hatte die Befürchtung ihr Referat völlig in den Sand gesetzt zu haben, weil der Professor sich während des Seminars nicht großartig dazu geäußert hatte. Alexis hatte sich gezwungen gesehen ihr die Illusion zu nehmen nicht mehr in der behüteten Welt der Privatschule zu leben. An der Universität lief eben alles etwas ruppiger und unpersönlicher ab. Es sei denn man belegte das letzte Semester in einer Meisterklasse, so wie Alexis zurzeit, wo man mit gerade einmal zehn Leuten im Hörsaal saß und nebenbei gemütlich an einem Becher Kaffee nippte, manchmal auch Kuchen aß. Wobei sie eigentlich nur selten Vorlesungen im üblichen Sinne hatten, die meiste Zeit verbrachten sie an der Orgel und Alexis hatte wirklich Glück was seinen Professor anging: Dieser unterstützte sein Interesse an der Improvisation wie kein anderer und zum ersten Mal hatte er das Gefühl, er könne sich künstlerisch wirklich frei entfalten. Es war eine sehr inspirierende Erfahrung.
    So setzte er sich auch jetzt noch an seine Orgel, die Gott sei Dank, den Transport von Genf nach London unbeschadet überstanden hatte. Es mochte weit nach Mitternacht sein als er glaubte ein Geräusch vernommen zu haben. Irritiert setzte er die Kopfhörer ab mit denen er immer spielte, wenn es so spät war. Dieses Zimmer seiner Wohnung war zwar extra schallgedämmt doch hatte sich dennoch einmal sein Nachbar vom Stockwerk darunter beschwert.
    In der Tat stand jemand an seiner Wohnungstür und klingelte sich den Finger wund. Einigermaßen

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