Holz und Elfenbein
würde, oder nicht.
Einigermaßen verdrießlich ging er die Treppe hinab. Es würde bald Frühstück geben und vielleicht konnte sich Federico so lange in der Küche aufhalten, so dass er Alexis nicht sehen musste. Oder er könnte auch gleich in der Küche essen, dann mussten er und Alexis sich auch während der Mahlzeit nicht anschweigen. Aber warum sollte ausgerechnet er jetzt den Rückzug in die Küche antreten?
Alexis kam wenig später in das Esszimmer und hatte sich schon mental dafür gestählt einen schmollenden und ihn ignorierenden Federico aushalten zu müssen. Nur, dass Federico dann gar nicht da war.
Ellen, ihre Köchin, geruhte ihm mit finsterem Blick zu berichten, dass Federico sich in der Küche lediglich einen Bagel geholt hatte und dann mit den beiden Collies, die Alexis‘ Großmutter gehörten, spazieren gegangen war. Dann schenkte sie ihm so dermaßen brüsk den Tee ein, dass es noch einmal ganz deutlich wurde, wen Ellen für Federicos verdrießliche Laune verantwortlich machte. Das war überhaupt so ein Phänomen. Wirklich jeder ergriff automatisch Partei für Federico! Seine Großmutter hatte wohl auch irgendetwas von ihrem Streit mitbekommen – Waren sie so laut gewesen? – und wenn sie nicht ins Dorf zu einer Verabredung hätte aufbrechen müssen, hätte sie ihn mit Sicherheit ordentlich ausgefragt.
So aber saß Alexis alleine in dem großen Zimmer und kam sich dabei ziemlich verloren vor. Eher halbherzig blätterte er durch die Zeitungen. Hoffentlich kam Federico zeitig genug von seinem Spaziergang mit den Hunden zurück. Alexis war sich nicht sicher, ob Federico den Arzttermin wahrnehmen würde. Dabei hatte er es doch nur gut gemeint und Federico hätte nie innerhalb von wenigen Tagen einen Termin bekommen, wenn nicht Dr. Gordon seine Beziehungen hätte spielen lassen. Warum war Federico nicht bereit das einzusehen? Es hatte doch nichts damit zu tun, dass er Federico für schwach hielt oder so einen Unsinn. Er hatte ihm nur auf die einzig erdenkliche Art geholfen.
Jemand stand an der Tür und Alexis ignorierte geflissentlich die Türklingel. Sollte Ellen öffnen, oder sonst wer. Ihm stand nicht der Sinn danach. Für ihn konnte der Besuch ohnehin nicht sein, normalerweise wäre er ja sowieso in London. Wer wollte also ihn schon sprechen. Als sich jedoch die Tür zum Esszimmer öffnete und sich ihm ein stürmisches Bündel mit schwarzem Haarschopf entgegenwarf, war er für einen Moment mehr als sprachlos.
»Willie? Wie kommst du denn hierher?« Alexis stand auf und schwang seinen Neffen hoch in die Luft, der dies mit einem vergnügten Lachen quittierte.
»Ist deine Mutter auch hier?« Was für eine müßige Frage dies doch war. William konnte ja wohl kaum alleine nach England gereist sein.
»Ja und Pa auch. Sie haben beide Urlaub bekommen!« Ja, das war schon eine Seltenheit, dass Mary-Alice und Eric ihre freien Tage so aufeinander abstimmen konnten.
Da betrat seine Schwester das Zimmer und augenblicklich erhellte sich ihr Gesicht mit einem strahlenden Lächeln. »Alex!«
Er setzte William wieder ab und schloss Mary-Alice in die Arme. »Das ist eine angenehme Überraschung!«
»Leider konnten wir nicht ein paar Tage früher kommen, ich hätte Michelle gerne noch einmal gesehen, bevor sie nach New York aufgebrochen ist. Es entwickelt sich so langsam zur Familienkrankheit, dass wir über alle Erdteile verstreut sind... Willie, man nimmt nicht einfach so Essen vom Tisch«, rügte sie sanft ihren Sohn. »Überhaupt, zieh erst einmal deine Schuhe aus«, dann fügte sie noch etwas auf Dänisch hinzu und half ihrem Sohn mit dem Aufknoten der Schnürsenkeln.
»Hallo Alexis.«
Auch den Ehemann seiner Schwester schloss Alexis in eine herzliche Umarmung. »Ich hoffe, du hast mir etwas mitgebracht.« Eric war Creative Director einer bekannten Videospielfirma und nahm öfters einmal die ersten Demos von neuen Games mit nach Hause, um sie dort in aller Ruhe auszuprobieren. Michelle und Alexis hatten so schon ganze Nächte vor dem Computer verbracht und hatten sich mit ihren Spielfiguren durch unzählige Levels gekämpft, die die Normalbevölkerung erst in zwei Jahren zu sehen bekommen würde.
Eric lachte und schüttelte den Kopf. »Da muss ich dich leider enttäuschen. Unsere neueste Entwicklung ist noch nicht so weit, es gibt Probleme mit der Grafikengine, obwohl der erste Prototyp sehr gut darauf lief haben die Entwickler jetzt ein Memory Leak und wissen nicht...« Eric brach ab und
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