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Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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meine Frage nach der finanziellen Absicherung. Nein, Sie dürfen auch gar keinen Unterricht mehr erteilen! Absolut nicht. Nach der Operation werden wir das Gelenk noch ein paar Tage ruhigstellen und danach schleunigst mit der Stärkung und dem Wiederaufbau Ihrer Hand beginnen. Eine Physiotherapie scheint mir unabdingbar. Natürlich dann noch die OP an der linken Hand und langsames, beständiges Training. Auf keinen Fall dürfen Ihre Hände zu früh und zu stark belastet werden, auch wenn die Erfolge sich vielleicht schnell einstellen. Sie müssen das Klavier spielen unter Anleitung völlig neu erlernen. Falsche Bewegungsabläufe und Haltungsfehler müssen vermieden werden, um erneute Entzündungen zu verhindern.«
    Federicos anfänglicher Überschwang war nun deutlich vermindert. Einen Gips tragen, mindestens zwei Operationen, Training, Schmerzen...
    Dr. Rhys-Weeks war unten auf ihrem Blatt angekommen, das sie während ihrer Ausführungen beschrieben hatte. »Ja, es ist ein langer Weg und ganz bestimmt kein leichter. Überlegen Sie es sich, sprechen Sie mit Ihrem Partner darüber.«
    Langsam nickte Federico: »Aber sagen Sie, wenn alles günstig verlaufen würde, dann könnte ich wieder spielen.«
    »Wenn alles günstig verläuft, Sie bereit sind dafür zu arbeiten und Schmerzen zu erdulden, bereit sind nicht ungeduldig zu sein. Ja, dann ist es möglich... Ich hoffe es«, setzte sie nach einer kleinen Pause hinzu.
    »Sie scheinen ja recht begierig zu sein mich zu therapieren.« Es war der guten Frau Doktor nicht gänzlich abzusprechen, dass sie doch mit ziemlichem Elan und Begeisterung Federicos Therapie und Heilungschancen dargelegt hatte.
    »Nun, Sie sind ein besonderer Fall. So etwas hat man nicht alle Tage. Sehen Sie es als meine persönliche Freude an, wenn ich die Frau sein könnte, die Federico Batist wieder das Klavier spielen ermöglicht.«
    Sie lachte leise. »Ich hatte als Kind Klavierunterricht. Bis ich mit dem Medizinstudium angefangen habe, habe ich sehr regelmäßig geübt. Aber auch danach habe ich mich immer dafür interessiert. Ich habe damals eine Aufzeichnung von Horowitzs Konzert in Moskau gesehen. Kennen Sie sie zufällig? Es war unglaublich. Wie dieser alte Mann die Menschen begeistert und in seinen Bann gezogen hat.«
    Federico nickte. Er wusste ganz genau, was Dr. Rhys-Weeks meinte, diese Menschen waren sogar an den Wänden des Konzertsaals gestanden. Hatten in atemloser Spannung dem Spiel des Pianisten gelauscht. Waren begeistert gewesen von seiner Leidenschaft und Brillanz, trotz seiner 83 Jahre. Horowitz war damals bei weitem nicht mehr der Jüngste, gewesen. Doch selbst seine Konzerte aus dieser Zeit, in Moskau und Berlin, waren legendär.
    »Ich dachte, es kann keinen wie Horowitz geben. Doch dann hörte ich Sie.«
    »Bitte?«
    »In Zürich, vor zwei Jahren.«
    Federico überlegte. »Der Concours Géza Anda, richtig?« Er hatte damals den Förderpreis gewonnen, der für die jungen Teilnehmer des Wettbewerbs ausgeschrieben gewesen war. Er war mit Abstand der jüngste Teilnehmer gewesen, die anderen bis zu zehn Jahre älter.
    »Ja. Sie haben Chopins Heroic gespielt, wie Horowitz damals in Moskau. Nein, Sie waren besser, so viel Leidenschaft! So eine große Begeisterungsfähigkeit, so mitreißend und doch niemals ohne die Kontrolle zu verlieren.« Sie schwärmte regelrecht und nun war es an Federico zu lächeln. Er hatte wohl einen großen Fan vor sich sitzen.
    »Man trifft diese Kombination nur ganz selten: Sie beherrschten das Klavier mit einer sagenhaften technischen Brillanz. Doch dies allein ist mit sehr viel Üben zu erreichen und oft sind die technisch brillanten Pianisten die langweiligsten. Bei Ihnen jedoch...« Sie seufzte, geradezu schwärmerisch und ließ den Satz unvollendet.
    »Wie lange würde es dauern, bis ich wieder Chopin spielen kann?«
    Sie fing sich wieder und wandte sich den harten Fakten zu: »Ich wäre keine seriöse Ärztin, wenn ich Ihnen hier einen Zeitraum nenne. Es hängt von Ihnen ab.«
    »Und gibt es noch andere Möglichkeiten? Ohne die Operation?« Federico müsste lügen, wenn er behaupten würde, er hätte keine Angst vor den Operationen.
    »Ich sehe keine, Sie wurden bereits mit Kortison behandelt, haben die Belastung eingeschränkt und auch das Gelenk ruhiggestellt. Alles ohne Erfolg.
    Die Operationen sind unvermeidlich und sollten auch möglichst schnell durchgeführt werden, denn Ihre Knochen zeigen bereits erste Veränderungen durch die ständigen

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