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Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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genug wäre, dass er in die letzte Runde des Wettbewerbs eingezogen war. Das stimmte auch und Federico war dankbar darum, dass seine Hände zu keiner Zeit ein Zeichen von Schwäche gezeigt hatten. Doch wenn er wirklich seine Karriere fortsetzen und an seine alten Erfolge anknüpfen wollte, dann musste er gewinnen. Da er sich keinen der anderen Teilnehmer angehört hatte, wusste er auch nicht wie er seine Leistung einschätzen sollte. Ang Liu, sein scheinbar größter Konkurrent, war nicht einmal mehr in die Finalrunde eingezogen. Doch eine Spanierin, die niemand auf der Rechnung stehen hatte, war wohl ebenfalls sehr gut gewesen. Diese zierliche kleine Person stand am anderen Ende des Raumes und fächelte sich mit einem Programmheft Luft zu. Sie sah so gereizt und überspannt aus wie er sich fühlte. Eigentlich hatte er gehofft, dass die gesamte Anspannung nun von ihm abfallen würde. Jetzt wo alle Vorträge vorbei waren, doch das Gegenteil war der Fall.
    Er war zweifelsohne der Liebling des Publikums und der Kritiker, doch wurden nicht gerade diese oft von der Jury abgestraft? Außerdem hatte er im gesamten letzten Jahr an keinem weiteren Wettbewerb teilgenommen, ja noch nicht einmal Unterrichtsstunden von namhaften Dozenten erhalten. Würden die Jurymitglieder so jemandem einen Preis verleihen?

    Die Türen auf dem Stockwerk über ihnen wurden knarrend aufgestoßen und die Mitglieder der Jury kamen die Treppe hinab. Gespannte Stille legte sich über den Raum. Federico war es als ob er gleich ohnmächtig würde und sog schwer atmend die dicke Luft ein. Was dauerte das so lange? Er hielt es nicht mehr länger aus. Ungeduldig zerrte er am Kragen seines Fracks.
    Alexis drehte sich zu ihm um und schloss ihn in die Arme.
    »Egal was sie jetzt sagen. Für mich warst du der Beste«, flüsterte er und gab ihn mit einer letzten, festen Umarmung wieder frei.
    Endlich waren sämtliche Mikrophone und Kameras aufgestellt und der Vorsitzende der Jury räusperte sich. Als ob er sich noch Gehör verschaffen musste, man konnte jetzt schon eine Stecknadel fallen hören.
    »Die Goldmedaille und damit der Titel des ›Laureat des Internationalen Frédéric Chopin Klavierwettbewerbs‹ geht an...«
    Federico schloss die Augen und presste die Lippen aufeinander.
    »... Federico Batist aus Belgien. Der zweite Platz wurde nicht vergeben.«
    Jubel brandete auf und geradezu erschrocken riss Federico die Augen auf.
    »Was?«, entfuhr es ihm und er drehte sich zu Alexis um. Hatte er sich verhört? Nein, Alexis schien ebenso fassungslos zu sein. Die ersten Gratulanten schüttelten Federico die Hand. Doch dann wurde es schnell wieder still.
    »Der Sonderpreis der Warschauer Philharmoniker für den besten Vortrag eines Klavierkonzerts geht an... Federico Batist.«
    Wieder ohrenbetäubender Jubel.
    »Aber«, stammelte Federico und schüttelte den Kopf. Dabei hatte er seinen letzten Vortrag als schwächsten eingestuft. Die ihm zugestandene Probezeit mit dem Orchester war ihm viel zu kurz gewesen als dass daraus ein guter Vortrag hätte entstehen können; so hatte er zumindest gedacht.
    »Der Sonderpreis des polnischen Radios für den besten Vortrag einer Mazurka geht ebenfalls an Federico Batist.«
    Wieder Applaus, doch noch einmal wurde um Ruhe gebeten. »Der Preis für den besten Vortrag der Polonaise – Fantasie, Opus 61 geht an...«
    »Federico Batist!«, rief jemand aus der Menge und andere schlossen sich diesem Ruf an.
    »Federico Batist«, bestätigte der Vorsitzende.

    Jetzt gab es kein Halten mehr: Lauter Jubel erfüllte den Raum. Alexis zog ihn an sich und Federico klammerte sich an seinen Liebsten. Er fürchtete, dass er nun wirklich entweder ohnmächtig wurde oder in Tränen ausbrach. Für einen kurzen Moment fand er Zuflucht in dieser Umarmung und versuchte sich zu sammeln bevor er sich den Gratulanten zuwandte.

32

    Eine Woche später saßen Federico und Alexis entspannt in einem Café auf der Champs-Elysées. Die ersten Tage nach der Finalrunde waren angefüllt gewesen mit Pressekonferenzen, Interviews und den drei Preisträgerkonzerten. Ein anstrengendes Pensum, das Federico noch zu absolvieren gehabt hatte. Doch selbst bei den Preisträgerkonzerten hatte er überragende Vorstellungen geliefert. Die Arrowfields und auch Federicos Verwandtschaft aus Italien waren zu ihnen nach Warschau gekommen und hatten sich das letzte Konzert angehört. Danach hatten sie lange und feucht fröhlich gefeiert.
    Weder er noch Alexis hatten in dieser

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