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Holz und Elfenbein

Holz und Elfenbein

Titel: Holz und Elfenbein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanya T. Heinrich
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nicht wieder einen Rückfall habe.«
    Alexis nickte und strich zärtlich über die Erhebungen der Fingerknöchel seines Partners. Er stellte sich dabei vor ein Ring, ein Zeichen ihrer gegenseitigen Treue und Partnerschaft, würde diesen Finger zieren. Doch bevor er sich nicht einmal durchringen konnte, ob er Federico einen Antrag machte, musste er sich über diese Dinge nun wahrlich noch keine Gedanken machen. Nicht, dass er je mit Federico darüber gesprochen hatte. Aber Alexis spürte, dass ihre Beziehung eine neue Ebene erreichte. Es war nicht mehr die blinde, stürmische, leidenschaftliche Phase. Nicht, dass es weniger leidenschaftlich zwischen ihnen war, doch so langsam aber sicher kehrte eine gewisse Vertrautheit und Gewohnheit ein.
    »Bist du satt?« Alexis vertilgte den letzten Rest Pizza und verbot es sich ihre Beziehung heute Abend noch weiter zu analysieren.
    Federico nickte und konnte ein herzhaftes Gähnen gerade noch unterdrücken. »Gehen wir?«, fragte er dann und lächelte Alexis liebevoll an.
    Der schluckte krampfhaft. Dieses Lächeln! Das war nur für ihn reserviert, wenn sie beide im Bett lagen und Federico ihn dazu aufforderte endlich in ihm zu kommen. Natürlich wusste Federico von der Wirkung, die er auf Alexis hatte und strich ihm, ungesehen von den anderen Gästen des Restaurants, mit der rechten Hand den Oberschenkel entlang. Dann rückte er jedoch wieder von Alexis ab und wartete geduldig bis jener die Rechnung gezahlt hatte. Federico hatte in den letzten Jahren so einiges gelernt!

    Es war eine besonders kalte Nacht, von der Bucht der Newa fegten erbarmungslos die Winde durch die Straßen und machten dem russischen Winter alle Ehre. So wunderte es auch nicht, dass sich Federico und Alexis beeilten zurück in ihre Wohnung zu kommen, keine Zeit für einen romantischen Bummel. Federico schloss die Wohnungstür auf und blieb im Flur stehen, wie eine Katze streckte er sich genüsslich.
    »Ich weiß, es ist ökologisch nicht korrekt, aber niedrige Gaspreise sind etwas Feines.«
    Alexis grinste und schloss die Tür hinter ihnen. Energiekosten waren in Russland vernachlässigbar gering, anders als in den westeuropäischen Ländern. Daher gab es an den Heizkörpern in den Wohnungen nur selten Thermostate, um die damit die Temperatur zu regeln. Im Oktober wurde die Heizung im Keller eingeschaltet, im April schaltete der Eigentümer wieder aus. Nicht selten war es in den Wohnungen unerträglich warm.
    Doch Alexis wusste auch, dass es für viele russische Familien ein harter, bitterkalter Winter gewesen war. Dass die Energiepreise, die er für traumhaft günstig hielt, für diese Menschen unerschwinglich waren.
    »Duschen wir gemeinsam und verschwinden danach unter der Bettdecke?« Er umarmte seinen Partner, schlang seine Arme um Federicos schlanken Körper, dann drückte er die Lippen zärtlich auf dessen Nacken.
    Federico antwortete nicht, doch er drehte sich zu Alexis um und küsste ihn. Es war die Sorte Kuss, die so süß, so langsam, so perfekt waren, dass es beinahe unerträglich war.
    Doch so einzigartig dieser Moment auch war, Alexis konnte sich ihm nicht gänzlich hingeben. Er strich durch die blonde Mähne seines Liebsten.
    »Sag mal, willst du nicht wieder einmal zum Friseur gehen?,« rutschte es dann aus Alexis heraus. Es war kein Geheimnis, dass ihm Federico mit weitaus kürzeren Haaren viel besser gefiel.
    »Sag mir wann und dann gehe ich,«, murmelte Federico und gähnte. Er legte den Kopf an Alexis‘ Schulter, dann versteifte er sich plötzlich und löste sich aus der Umarmung. »Das gibt es doch nicht. Alexis hast du das gelesen?« Federico bückte sich und zog einen Zeitungsartikel hervor, der unter das Bett gerutscht war.
    Innerlich schrie Alexis auf. Wie hatte das denn passieren können? Er war es nämlich gewesen, der den Artikel unter das Bett geschoben hatte. Es war letzte Woche gewesen und Alexis hatte sich die Wochenendausgabe einer englischen Zeitung gekauft gehabt. Als er dann gemütlich im Bett gesessen und sich über die aktuellen Geschehnisse und Vorkommnisse seines Heimatlandes informiert hatte, war er im Feuilleton auf einen Artikel über Federicos neueste CD gestoßen. Der Journalist hatte Federico dabei nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst. Zwar waren seine Kritikpunkte einem rein subjektiven Empfinden geschuldet. Etliche andere namhaften Kritiker hatten sich von Federicos Interpretationen von Bachs Klavierwerken beeindruckt gezeigt. Doch in Federicos

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