Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Holzhammer 02 - Teufelshorn

Holzhammer 02 - Teufelshorn

Titel: Holzhammer 02 - Teufelshorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fredrika Gers
Vom Netzwerk:
sie es hier mit Leistungssportlern zu tun hatte. So ungefähr jeder zweite Berchtesgadener war mindestens Deutscher Meister in irgendeiner Bergsportart. Man brauchte sich ja nur die zahllosen Fotos anzusehen, die bei Manu an der Wand hingen.
    Leute wie Ines Papert, die mehrmalige Weltmeisterin im Eisklettern, wohnten hier, ebenso die inzwischen sogar aus der Schokoladenwerbung bekannten Huber-Brüder. Einige erledigten die komplette Watzmann-Überschreitung ab Parkplatz an der Wimbachbrücke in sechs Stunden.
    Am Einstieg hatten die Klettersteigbauer eine Bank aufgestellt, die durch einen kleinen Bretterverschlag notdürftig vor Steinschlag geschützt war.
    Die Bank war bereits belegt, sodass Christine sich mit einem Stein als Sitz- und Ablageplatz begnügen musste. Sie streifte ihren Rucksack ab und nahm das Klettersteigset heraus. Natürlich hatte sie auch einen Helm dabei, ein absolut notwendiges Utensil. Wo so viele Menschen übereinander unterwegs waren, kamen häufig Steinchen geflogen. Und manchmal auch veritable Steine. Das Anlegen des Gurtes hatte sie schon zu Hause geübt. In den Gurt wurde per Sackstich das Y-Set eingeknotet, das so hieß, weil es genauso aussah: ein kurzes Seilstück, das sich in zwei Arme teilte, jeder mit einem Karabiner am Ende. Die Form gewährleistete, dass man auch beim Umhängen des Sets an den Verankerungen des Stahlseils immer mit mindestens einem Ende gesichert blieb.
    Während Christine sich fertig machte, beobachtete sie die Klettersteig-Aspiranten auf der Holzbank, die ebenfalls damit beschäftigt waren, in ihre Ausrüstung zu steigen. Offensichtlich handelte es sich um einen Anfängerkurs inklusive Kursleiter, vermutlich ein einheimischer Bergführer. Geduldig erklärte er mehrfach die Handhabung der Karabiner und überprüfte sorgfältig bei jedem einzelnen Teilnehmer, ob der Gurt richtig angelegt und vorschriftsmäßig geschlossen war. In der Wand über ihr tummelten sich bereits zahlreiche Kletterer. Am besten, sie reihte sich hinter dem Anfängerkurs ein, die waren ja bestimmt auch nicht so schnell. Dann würde man die Bremswirkung nicht ihr, sondern den anderen Frischlingen zuschreiben.
    In diesem Moment kam eine gut aussehende und sehr sportlich wirkende Frau vorbei. Sie war bereits in voller Montur. Unter Klettersteigset und Rucksack trug sie ein ärmelloses, eng anliegendes Shirt, das muskulöse Arme und Schultern sehen ließ. Der Schultergurt ihres teuer aussehenden Rucksacks legte sich malerisch um die Brüste. Die meisten Frauen sahen ja bei aufgesetztem Rucksack um die Brust herum völlig bescheuert aus, aber diese nicht. Irgendwie war es ihr gelungen, die Gurte so einzustellen und anzulegen, dass sie wie ein Push-up wirkten. Sogar ihr Helm war kleidsam. Anscheinend speziell für Damen und andere Langhaarige gemacht, hatte er hinten einen v-förmigen Ausschnitt, aus dem ein kokett wippender Pferdeschwanz grüßte.
    Die Frau blickte im Vorbeigehen herüber. Auch der Bergführer blickte auf, und die Blicke der beiden trafen sich. Trafen sich und blieben deutlich zu lange aneinander hängen. Die beiden grüßten sich in üblicher Weise, wie man sich in Berchtesgaden halt so grüßt: «Servas, grias di.» Doch in diese paar Silben kann man sehr viel hineinlegen, und Christine hatte das Gefühl, dass hier mehr ausgetauscht wurde als nur ein freundlicher Gruß zwischen Einheimischen. Ein geheimes Einverständnis lag in der Luft. Die beiden kannten sich besser, als die Umwelt wissen sollte. Während die Frau sich zügig die ersten Meter hochschwang, warf sie noch einmal einen Blick zurück zu dem Bergführer. Der tippte sich daraufhin kurz an den Helm. Dann führte er seine Gruppe zum Anfang des Stahlseils. Schon die ersten Meter machten einigen Teilnehmern Schwierigkeiten. Christine fand nur das Umhängen des Y-Sets etwas umständlich. Zu dem Zweck musste man halbwegs sicher stehen, man konnte sich ja nur mit einer Hand festhalten. Und wenn man die Karabiner am Seil nicht ständig mit einer Hand hochschob, hingen sie irgendwo meterweit unter einem, sodass man sie zum Umhängen erst mühsam heraufangeln musste. «Stürze am Klettersteig sind zu vermeiden», so stand es in einer Veröffentlichung des Alpenvereins. Christine würde unter allen Umständen versuchen, sich daran zu halten.
    Das Klettersteigset sorgte zwar dafür, dass man im Falle eines Falles nicht bis zum Wandfuß stürzte. Aber ein Sturz bis zur nächsten Verankerung des Stahlseils, möglicherweise über

Weitere Kostenlose Bücher