Holzhammer 02 - Teufelshorn
die Leute anzuspringen und abzuschlecken.
Christine wurde bewusst, dass diese Forstarbeiter an ihrem Job wahrscheinlich mindestens so viel Spaß hatten wie sie an ihrem. Und wenn sie gewusst hätten, dass eine Doppeldoktorin vor ihnen stand, hätten sie sie überhaupt nicht beneidet. Auch so eine Erkenntnis, für die sie erst nach Berchtesgaden hatte kommen müssen. Christines Eltern waren beide Akademiker gewesen, Vater Physiker, Mutter Lehrerin, und sie war in der Überzeugung aufgewachsen, dass nur Menschen Handwerker wurden, die für Kopfarbeit zu dumm waren.
Viele von Matthias’ Freunden hingegen hatten sehr handfeste Berufe, obwohl ihr Witz, ihre Schlagfertigkeit und auch Wissen und Wissbegier dafür sprachen, dass sie es locker bis zum Abitur geschafft hätten. Wenn sie nur gewollt hätten. An Christines Gymnasium hatten damals einige Trantüten ihr Abitur gemacht, die kaum unfallfrei bis drei zählen konnten. Einer erst mit dreiundzwanzig Jahren – aber der Vater war Reeder gewesen.
Einen dieser Berchtesgadener Abiturverweigerer, der als Schreiner bei der Gemeinde arbeitete, hatte sie mal direkt gefragt, warum er nicht «mehr aus sich gemacht» hatte. Oha, da war sie richtig angeeckt. Er hatte ihr sehr deutlich gesagt, dass es eine ganz bewusste Entscheidung gewesen sei. Er arbeite lieber mit seinen Händen draußen an der frischen Luft, als in einem Büro zu verstauben. Einige Handwerker hier hatten auch erstaunlich intellektuelle Hobbies. So hatte der ortsansässige Friseur ein dickes, geradezu enzyklopädisches Werk über die Buttnmandl-Tradition verfasst. Und der Bergbrenner von der Enzianbrennerei hatte ein Tagebuch veröffentlicht. Da schrieb er ziemlich offen, was er von Touristen hielt, die angesichts der Enzianwurzeln vor seiner Brennhütte fragten: «Sind das die Wurzeln?»
Franz Holzhammer saß in seinem Dienstzimmer. Vor ihm auf dem Tisch lagen wieder einmal die Befragungsprotokolle. Außerdem das auf dem polizeieigenen Farblaserdrucker ausgedruckte Foto eines Heizpilzes in Luxusausführung. Verträumt himmelte Holzhammer das Gerät an. Es sollte zweitausend Euro kosten. Natürlich gab es auch welche für hundert Euro, aber die liefen mit Propangas und brachten nur zweitausend Watt. Für dreihundert Euro gab es welche, die angeblich sechstausend Watt brachten, aber ebenfalls mit Gas. Holzhammer hatte keine Lust auf Gas. Gas hieß Flasche schleppen, Flasche anschließen, leere Flasche zurückbringen wegen Pfand, neue Flasche holen.
Wie schön wäre es, auf der Veranda einfach nur einen Schalter umzulegen und es sich gemütlich machen zu können. Aber Marie würde ihm den Kopf abreißen. Sie war ja nicht nur eine sparsame Hausfrau, sondern außerdem in allen möglichen und unmöglichen Initiativen und Komitees aktiv, darunter mindestens drei verschiedene Umweltgruppen. Wenn ihr lieber Mann anfing, im Winter den Garten zu heizen, wäre das vermutlich fast ein Scheidungsgrund. Jedenfalls wäre es dann mit der Ruhe auf seiner kleinen Saufhütten vorbei. Vor seinem geistigen Auge sah er sie schon durch den verschneiten Garten auf sich zustapfen, drohend mit einem zusammengerollten Greenpeace-Prospekt fuchtelnd. Verdammt.
Holzhammer riss sich von seiner Winter Morgana los und versuchte, sich auf die unmittelbare Umgebung zu konzentrieren. Zum Glück gab es da ebenfalls Positives. Sein Chef war endlich mal wieder in der Station anwesend, man hatte ihn eben durch den Flur tänzeln hören. Und heute war einer der seltenen Tage, an denen Holzhammer sich auf die Begegnung freute. Um die Sache richtig genießen zu können, zog er sogar seine grüne Jacke an. Dann nahm er den Aufzug zum Chefbüro. Der Aufzug war vor Jahren eingebaut worden, natürlich nicht speziell für Holzhammer. Aber er war wohl derjenige, der ihn am häufigsten benutzte. Vielleicht nicht absolut gesehen, aber zumindest in Relation zur Anzahl der Anstiege.
Oben angekommen, setzte er sein offizielles Polizeihauptwachtmeistergesicht auf und klopfte förmlich an die Tür. Dann trat er ein und grüßte. Der Spaß konnte losgehen.
«Guten Morgen, Chef, wie war es auf Juist? Oder war es Sylt?», fragte Holzhammer.
Dr. Fischer blickte zögernd von seiner Morgenlektüre auf, der FAZ. Es wirkte ein bisschen, als hätte er sich am liebsten dahinter verschanzt. «Danke der Nachfrage. Das Seminar befasste sich mit innovativen Ermittlungsmethoden hinsichtlich Internetkriminalität. Wirklich sehr interessant.»
Wahrscheinlich befasste es
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