Holzhammer 02 - Teufelshorn
sich in erster Linie mit dem verschärften Konsum von Meerestieren, dachte Holzhammer. Ja klar, Internetkriminalität. Weil es ja auch so viele Internetkriminelle in Berchtesgaden gab.
Er holte zu dem Satz aus, auf den er sich schon die ganze Zeit gefreut hatte: «Ich wollte melden, dass ich den Hias gestern Abend noch entlassen habe. Ich dachte, das wäre in deinem Sinne.»
Jetzt konnte man richtig schön zusehen, wie Dr. Fischer quasi in seinem Sessel zusammenschrumpelte. So hatte Holzhammer sich das vorgestellt. Es hätte nicht viel gefehlt, und sein Chef hätte sich die Zeitung über den Kopf gezogen.
Holzhammer setzte nach: «Ich dachte, damit er nicht länger als nötig eingesperrt ist. War ja ziemlich unangenehm für ihn.» Dass der Hias die Sache gelassen genommen und sogar schon selig geschlummert hatte, brauchte er ja nicht extra zu erwähnen.
«Ja, äh, gut», ließ Fischer schließlich vernehmen. Die Implikationen der Angelegenheit fuhren in seinem Kopf Karussell. Eigentlich hatte er vorgehabt, mit diesem Coup aus der Provinz auf die große Bühne zurückzukehren. Aber tatsächlich hatte er sich nicht nur die triumphale Rückkehr in die Landeshauptstadt ein weiteres Mal verbaut, er hatte es außerdem geschafft, auch noch hier draußen zur persona non grata zu werden. Grundlos und fälschlich eine der wichtigsten Persönlichkeiten des Talkessels verhaften lassen. Genau genommen hatte er ja sogar den Staatsanwalt angelogen, um den Haftbefehl zu bekommen. Eine einzige Katastrophe. Was hieß Katastrophe? Eigentlich konnte er sich gleich von diesem blöden Watzmann stürzen. Wenn er denn hinaufgekommen wäre.
Holzhammer sah, dass sein Chef am Boden zerstört war. Und da er ja eigentlich eine gutmütige Seele war, sah er auch im Preiss’n den Menschen. Schon tat Fischer ihm leid. So wie einem eigentlich alle Preiss’n leidtun mussten, weil sie halt keine Berchtesgadener waren. Ein Makel, der leider dem überwiegenden Teil der Menschheit anhaftete.
Also versuchte er seinen Chef wieder aufzubauen, indem er so tat, als würde er ihn um Rat fragen: «Ich hab mich gefragt, wie wir nun weitermachen sollen. Ich könnte mir natürlich jeden einzelnen der Teilnehmer noch mal vornehmen.»
«Was ist mit den Rettungskräften?», fragte Fischer, um einen eigenen Gedanken beizusteuern.
«Ich könnte noch mal mit dem Einsatzleiter sprechen oder auch mit den Rettern, die zuerst oben waren. Die Auffindesituation nochmals durchgehen. Natürlich wurde das auch alles fotografiert, es war ja hell.»
«Jaja, mach das. Hätte schon lange gemacht werden sollen. Und was ist jetzt mit Seiler? Ist der vorgeladen für eine Aussage, oder fährst du hin?»
Den hätte Holzhammer tatsächlich fast vergessen. Seiler war ja nun offiziell Anstifter zu einer Straftat, wenn auch nicht zu Mord, sondern nur zu Betrug, Urkundenfälschung und ähnlichem Geschiss. Da Holzhammer gerade seine großzügigen fünf Minuten hatte, gestand er das Versäumnis freimütig ein: «Du hast recht, das hab ich glatt vergessen. Am besten, ich fahr gleich mal vorbei. Dann haben wir Chancen, dass die Annamirl ihn noch nicht gewarnt hat. Die braucht bestimmt a Zeitl, um sich das zu trauen. Die hat ja einen Heidenrespekt vor eam. Vielleicht rückt er in der Überraschung was raus.»
«Gut, sehr gut. Das machst du als Erstes. Auf geht’s», sagte Fischer, jetzt schon wieder fast in seinem Element.
Holzhammer verzog das Gesicht, sagte aber nichts. Das mit dem «Auf geht’s» wäre nicht nötig gewesen, er war ja kein Gaul. Aber so war sein Chef eben. Holzhammer tippte sich auf eine Weise an die Stirn, die einen Gruß oder auch etwas ganz anderes bedeuten konnte. Er schaute noch kurz in seine Stube, ob jemand angerufen hatte, dann ging er hinaus zu seinem persönlichen Einsatzfahrzeug. Er fuhr immer mit dem gleichen Wagen und nahm ihn auch mit nach Hause. Die Kollegen respektierten das, da sie keine Lust hatten, sämtliche Sitz- und Spiegeleinstellungen dauernd von Schlumpf zu Mensch zu ändern oder sich aus Versehen in eine auf dem Beifahrersitz liegende Leberkas-Semmel zu setzen.
Inzwischen war auch Matthias aufgestanden. Mit halb geschlossenen Augen schlurfte er in die Küche, wo er neben der Kaffeemaschine einen Zettel fand. Christine pflegte ihm ihre Bergziele immer noch mal genau aufzuschreiben, auch wenn sie schon darüber geredet hatten. Wenn sie bis zum ausgemachten Zeitpunkt nicht auftauchte und sich auch per Handy nicht meldete, würde er die
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