Holzhammer 02 - Teufelshorn
Norden war Freitag zu Ende gewesen. Es war inzwischen fast zehn, leider wohl noch zu früh, um Fischer aus dem Bett zu holen. Aber vom Fernseher weg war ja auch was. Er musste es lange läuten lassen, bis sich am anderen Ende etwas rührte. Schließlich meldete Fischer sich, und seine Stimme hörte sich ausreichend genervt an, um Holzhammer ein zufriedenes Grinsen aufs Gesicht zu zaubern.
«Servus, Chef. Es gibt ein Update zu dem Fall.»
«Und? Hast du weitere Beweise gegen den Bürgermeister gefunden?»
«Eigentlich nein. Ich hab die wahre Täterin für die Überweisung an den Stranek. Sie ist geständig. Und jetzt wollt ich den Hias entlassen. Heut Abend noch, dass er ned noch eine Nacht in der Zelle schlafen muss.»
«Waswaswas?»
Man konnte quasi durchs Telefon hören, wie es in Fischers Kopf zu rattern begann. Garantiert hatte er sofort begriffen, was das bedeutete. Dass er nämlich schon wieder knietief in der Scheiße stand. Der Mann war ja nicht blöd, er benahm sich nur so. Vielleicht lag es daran, dass er gern von sich auf andere schloss. Aber nicht jeder war so vom Ehrgeiz zerfressen wie er. Und genau durch diesen Ehrgeiz manövrierte er sich immer wieder ins Aus.
Wie auch immer, Holzhammer erklärte Fischer kurz, was er erfahren hatte. «Das heißt also mit anderen Worten, jetzat gibt es überhaupts kan Grund mehr, den Hias weiter festzumhalten. Und dass er mit dem Mord zum tun haben soll, ist damit auch aus der Welt. Wenn er niemanden b’stochen hat, braucht er schließlich auch keine Bestechung vertuschen», schloss er.
«Okay», sagte Fischer leise.
Wahrscheinlich würde er jetzt die ganze Nacht wach liegen, um sich eine Verteidigungsstrategie auszudenken. Selbst schuld, dachte Holzhammer und kam sich dabei eiskalt vor.
Zufrieden manövrierte er den Wagen aus der kleinen Stichstraße und den Berg wieder hinunter. Den Seiler sparte er sich für morgen auf, es war schließlich schon spät und er eigentlich gar nicht im Dienst. Während der Rückfahrt überlegte er, wie er den Seiler am meisten ärgern konnte. Sollte er ihn auf die Dienststelle bestellen oder ihn lieber daheim mit der Anschuldigung überraschen? Vielleicht war es gut, wenn er dem Menschen keine Gelegenheit gab, vorher mit Annamirl zu sprechen und ihr womöglich zu drohen. Also lieber zu Hause überraschen.
Holzhammer parkte vor der Villa Bayer, in der seine Dienststelle untergebracht war. Das Gebäude wurde manchmal als die schönste Polizeistation Deutschlands bezeichnet. Holzhammer hatte keine Ahnung, ob das stimmte. Aber wahrscheinlich war es das einzige Polizeirevier in einem Haus mit einem Namen, einem so passenden dazu – Villa Bayer. Im Erdgeschoss empfing den Besucher ein uralter gemusterter Fliesenboden, und der Konferenzraum besaß eine deckenhohe Vertäfelung, wie man sie sonst nur in Königsschlössern fand. Aber die Zellen im Keller waren genauso unbequem und hässlich wie überall sonst auch.
Holzhammer ging hinunter und sah in die Zelle: Da lag der Bürgermeister der Schönau hübsch eingemummelt in eine Decke und schnarchte seelenruhig vor sich hin. So ein Gemütsmensch. Einen Moment überlegte Holzhammer, ob er ihn vielleicht lieber schlafen lassen sollte. Aber nein, morgen früh wäre hier wieder volle Besetzung, alle würden die Entlassung mitbekommen. Wenn er ihn jetzt, am Sonntagabend, noch entließ, blieb es ein unauffälliger Eintrag im Protokoll.
Holzhammer öffnete rasselnd die Tür. Der Bürgermeister grunzte und drehte sich auf die andere Seite. Holzhammer trat ein und legte seine Hand auf die Schulter des Schlafenden. «Hias, derfst hoamgehn.»
Zögernd kam der Bürgermeister zu sich. «I hob dramt, dass i die Wahl gwunna hob», murmelte er verschlafen.
«Glückwunsch. So wird’s auch kommen, wirst sehn. Die Annamirl hat nämlich ois zugeb’m. Sie hat dir die Überweisung unterschom. Und angestiftelt hat sie der Seiler.»
«Der Seiler, die Sau», sagte der Bürgermeister, jetzt schon halbwegs wach, «des werd ich mir merken, des büßt der mir.»
«Okay, und jetzt gehst hoam, hörst?», sagte Holzhammer, da Hias immer noch keine Anstalten machte, die Pritsche zu verlassen.
«I hob so guad gschlaffa, die harte Pritschn is super für mei Kreutz.»
«Scho recht, ich geb dir morgen die Adress zum Bestellen. Aber jetzt geh hoam.»
Schließlich raffte der Bürgermeister seine Sachen zusammen, zog seine Schuhe an und folgte Holzhammer hinaus.
«Soll ich dich heimfahren, oder magst lieber ein
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