Homeland: Carries Jagd: Thriller (German Edition)
machen nichts anderes, als Material zu bewerten. Wenn wir auf die Hilfe der NSA angewiesen wären, dann würde der Kongress zu Recht fragen, wofür sie uns verdammt noch mal bezahlen. Und wenn Sie wollen, dass ich wegen Ihres angeblich handfesten Hinweises etwas unternehme, dann liefern Sie mir zum Teufel etwas wirklich Konkretes, mit dem ich was anfangen kann. Außerdem vergessen Sie bei Ihrem großen Interesse für Beirut und den Sinai ganz die Al-Kaida-Aktivitäten im Irak, für die Sie hier zuständig sind.«
»Ich kümmere mich sehr wohl darum …«, begann sie.
»Lassen Sie den Scheiß, Carrie. Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Der Vorfall in Abbasiya ist Wasser auf die Mühlen der Terroristen. Ich kann es nicht dulden, dass Sie einfach tun, was Sie wollen. So geht das nicht.« Er schüttelte den Kopf. »Sie arbeiten ab sofort nicht mehr für das CTC , überhaupt nicht mehr für den National Clandestine Service. Sie sind hier fertig. Saul?« Er wandte sich an Berenson.
Es war für Carrie wie ein Schlag in die Magengrube. Sie hatte das Gefühl, sich übergeben zu müssen. Das konnte nicht wahr sein. Sah denn niemand, was hier vor sich ging? Verschwundene Unterlagen, ein drohender Terroranschlag. Anscheinend war sie die Einzige, der es nicht entging – und jetzt setzten sie sie vor die Tür.
»Carrie, du hast wirklich Talent. Deine Sprachbegabung, dein Instinkt«, sagte Saul und beugte sich mit gefalteten Händen vor, als würde er beten. »Aber du lässt uns keine Wahl – du wirst versetzt.«
Sie verspürte eine immense Erleichterung. Es war schlimm, jedoch nicht das Ende.
»Ich dachte, ich bin nicht mehr im NCS «, sagte sie.
»Du arbeitest jetzt …«, sagte Saul und blickte zu Estes, »in der Intelligence Analysis Division. Im Office of Collection Strategies and Analysis.«
»Mit sofortiger Wirkung«, fügte Estes hinzu. »Keine Feldeinsätze mehr, Mathison. Das ist für Sie vorbei.«
»Wen hast du dir zum Feind gemacht?«, fragte ihre Kollegin Joanne Dayton in der Arbeitsnische nebenan. Sie war blond, blauäugig und trotz ein paar Kilo zu viel hübsch genug, um auf der Highschool Cheerleader gewesen zu sein. Dennoch blieb sie immer eine Außenseiterin. »Sonst wäre ich nie hier gelandet«, hatte sie einmal gestanden und die Augen ver dreht.
»David Estes«, flüsterte Carrie ihr zu.
»Wirklich?« Joanne musterte sie interessiert. »Dann wundert es mich, dass du überhaupt noch hier arbeitest.« Sie rückte näher heran. »Was hast du denn ausgefressen?«
Ja, was hatte sie eigentlich ausgefressen? Sich nicht schnappen oder töten lassen. Sie war auf der Avenue Michel Bustros um ihr Leben gerannt, und irgendwie lief sie nach wie vor.
»Es klingt vielleicht komisch, aber ich habe einfach meinen Job gemacht«, sagte sie schließlich.
Ihr neuer Chef war ein hochgewachsener, etwas eigenartig aussehender, langhaariger Mann russischer Abstammung mit massigen Armen und Beinen, die nicht zu seiner schlanken Figur passten. Er sah aus wie aus Einzelteilen verschiedener Leute zusammengesetzt. Jemand erzählte, er sei während des Krieges auf dem Balkan verwundet worden, doch darüber wollte niemand sprechen. Er hieß Yerushenko. Alan Yerushenko.
»Ich weiß nicht, warum die Sie vom NCS hierher versetzt haben, und es ist mir auch egal«, sagte er zu ihr und sah sie durch seine getönte Brille an. »Wir sind zwar nicht die Superstars im Geschäft, aber glauben Sie ja nicht, unsere Arbeit wäre nicht wichtig. Ich erwarte einen täglichen Bericht über Ihre Fortschritte.«
Geh zum Teufel, dachte sie.
»Wie ist Yerushenko so?«, fragte sie Joanne.
»Ein ziemlicher Pedant, doch zumindest kein Vollidiot. Es gibt Schlimmere als ihn«, lächelte sie.
Yerushenko beauftragte sie mit der Analyse des Materials über den Irak, das von den Core Collectors hereinkam. Diese Leute trugen vor Ort die Informationen der Feldagenten zusammen und gaben sie zur Analyse nach Langley weiter. »Sie müssen die Glaubwürdigkeit und Genauigkeit der Daten einschätzen«, erklärte er ihr. »Grob gesagt, ist das meiste kaum relevant und der Rest noch schlimmer.«
Sie begann mit Berichten über al-Kaida im Irak. Der Führer der Gruppe dort war eine mysteriöse Figur, ein gewisser Abu Nazir. Sie hatte zum ersten Mal von ihm gehört, als sie letz tes Jahr eine Spur in Bagdad verfolgte. Er war jedoch wie ein Phantom nicht wirklich greifbar – es gab so gut wie kein handfestes Material über ihn. Nicht einmal Persönliches. Man
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