Homeland: Carries Jagd: Thriller (German Edition)
antwortete Virgil, während er das Fernglas zentimeterweise hin und her bewegte. »Da ist sie, beim Bacchustempel. Auf der linken Seite.«
Carrie richtete ihr Fernglas auf das weitgehend intakte römische Monument. Insbesondere dieser Tempel gehörte zu den besterhaltenen römischen Baudenkmälern im Nahen Osten. Zu Zeiten des Imperium Romanum hieß die Stadt Heliopolis und entwickelte sich zum Zentrum der Jupiterverehrung in der Region. Die Tempel waren um einen großen, rechteckigen Hof angelegt, und genau neben einer Säule bei den Stufen zum Bacchustempel entdeckte Carrie die Schauspielerin.
»Ich sehe sie. Mit wem spricht sie?«, fragte sie.
»Das kann ich von hier aus nicht erkennen«, antwortete Virgil. »Jedenfalls ist es ein Kerl mit bewaffneten Begleitern.«
Jetzt sah sie es auch. Ein Mann lag mit einem Gewehr, möglicherweise einer AK -47, auf einem riesigen Stein, ein zweiter auf den Stufen zum großen Hof und zwei weitere bei dem kleineren Rundtempel. »Ich sehe vier«, sagte Carrie.
»Verdammt«, murmelte Virgil. »Wie sind die mit den Waffen hier reingekommen?«
»Sie sind von der Hisbollah. Was glaubt ihr denn?«, warf Ziad ein.
»Können wir sie belauschen?«, fragte sie den Libanesen, der einen Koffer ausgepackt hatte und ein Parabolmikrofon durch die offene Balkontür auf Rana richtete.
»Vielleicht.« Er zuckte mit den Schultern. »Sie sind etwa vierhundert Meter entfernt. Ich habe die Equalizer auf die Entfernung eingestellt. Ich würde sagen, die Chancen stehen fifty-fifty.« Er gab ihr den Kopfhörer und schaltete die Videokamera ein.
Carrie lauschte der leicht verzerrt klingenden Frauenstimme, die etwas auf Arabisch sagte. Es ging darum, dass »er«, wer immer gemeint war, ihr gesagt habe, sie müssten vorsichtiger sein nach New York. Es folgten ein paar undeutliche Worte, und ein Mann erwiderte, man müsse sich »auf Anbar konzentrieren«.
Da konnte etwas nicht stimmen. Was zum Teufel sollte eine Schauspielerin, die sich vom Chef der CIA -Station Beirut bumsen ließ, mit der Provinz Anbar im Irak zu tun haben? Und was ging das die Hisbollah an? Die hatten sich schließlich noch nie um den Irak gekümmert! Zwar verfolgten ihre iranischen Verbündeten das Geschehen dort durchaus mit Interesse, aber dennoch ergab es kein schlüssiges Bild. Wieso sollten Rana und Dima, Sunnitinnen aus dem Norden, die sich als Christinnen ausgaben, der schiitischen Hisbollah und dem von Alawiten dominierten syrischen Geheimdienst Informationen liefern?
Als der Mann bei der Säule sich bewegte, richtete sie das Fernglas auf ihn.
»Ist das Nightingale?«, fragte Virgil.
Es war auf diese Entfernung nicht so leicht, jemanden zweifelsfrei zu identifizieren, doch sie war sich fast sicher. »Ja, das muss er sein. Und Fieldings Gespielin ist demzufolge ein böser kleiner Maulwurf.«
»Mannomann! Als Stationschef hat er Zugang zu allen Informationen. Was mag er ihr verraten haben?«, hauchte Virgil.
Nein, dachte Carrie. Die Frage war nicht so sehr, was er verraten hatte, sondern an wen die Informationen gingen. Plötzlich kam ihr eine Idee: Und wenn Nightingale tatsächlich ein Doppelagent war, der außer den Syrern noch einem anderen Herrn diente? Der Hisbollah? Den Iranern? Oder der irakischen al-Kaida? Es gab nur einen Weg, es herauszufinden. Sie mussten Rana erwischen, dachte Carrie und lauschte noch angestrengter dem Gespräch zwischen den Ruinen.
»Informationen über den Irak« – die Stimme war jetzt schwer zu verstehen – »haben oberste Priorität, verstehst du? Du musst an seinen Laptop rankommen«, sagte Nightingale.
»Das ist nicht so einfach«, antwortete Rana. »Was ist mit Dima?«
»Wir haben nur gehört, dass die Operation gescheitert ist, und müssen das Schlimmste annehmen. Und deine andere Freundin?«
Es stimmte also, dachte Carrie. Sie waren auch hinter Marielle her. Der Mann sagte noch etwas, das sie jedoch nicht verstand. Durch das Fernglas beobachtete sie, wie sich die beiden entfernten und hinter ein paar Steinblöcken verschwanden. »Wie ist Nightingale eigentlich hergekommen?«, fragte sie Virgil.
»Ich habe zwei schwarze Toyota- SUV s gesehen, die beim Souk geparkt sind«, antwortete Virgil. »Zwei Typen passen auf sie auf.«
»Könnten wir sie lange genug ablenken, um die Autos zu verwanzen?«, fragte Carrie.
»Höchstens wenn du eine Ladung Hisbollah-Girls heranschaffst«, erwiderte er. Ziad wandte sich ihnen mit einem breiten Grinsen zu und ließ dabei einen Goldzahn
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