Homeland: Carries Jagd: Thriller (German Edition)
Gleich würden sie daran vor beifahren, vielleicht sogar darüber. Carrie schluckte, um die aufsteigende Übelkeit zu unterdrücken, doch sie konnte den Blick nicht von dem grausigen Bild wenden. Der Arm lag mit der Handfläche nach oben, die völlig intakten Finger wirkten beinahe entspannt. Zwei Blackwater-Leute trugen einen Mann mit blutverschmiertem Oberkörper zu einem SUV , der mit offener Tür mitten auf der Straße stand.
Es muss gerade erst passiert sein, dachte Carrie mit einem flauen Gefühl und erinnerte sich lebhaft an ihren letzten Aufenthalt im Irak. Die Gefahr war real und allgegenwärtig, der Tod ein ständiger Begleiter. Plötzlich stieg nackte Angst in ihr hoch. Und dennoch fühlte sie sich lebendiger als je zuvor. Mit jeder Pore, mit jedem Nerv sog sie ihre Umgebung in sich auf. Fast als würde sie abheben. Der absolute Wahnsinn. Und dennoch war es irgendwie genau ihr Leben.
Während sie wieder beschleunigten, eröffneten das MG und die Karabiner auf der rechten Seite des vorausfahrenden Mamba das Feuer. Alle, die hier saßen, feuerten. Auch sie. Sie zielten auf das Dach eines sandsteinfarbenen Gebäudes in etwa hundert Metern Entfernung, denn dort oben war jemand, der auf sie schoss, wie sie an einem Feuerblitz erkannte.
»Scharfschützen! Feuert, um Himmels willen«, rief Rabbit ihnen zu und nahm das Hausdach ebenfalls ins Visier.
Carrie konnte die Schützen nicht erkennen, doch ihre Nerven waren aufs Äußerste gespannt, und jeden Moment erwartete sie, dass eine Kugel sie traf. Das Krachen der Feuerstöße von Rabbits M4 und dem Gewehr des Mannes hinter ihr hallten unglaublich laut in ihren Ohren. Beinahe auto matisch legte sie den Finger an den Abzug, ohne zu wissen, was sie genau tun sollte. Und dann sah sie die Umrisse einer Gestalt auf dem Dach, und noch bevor es ihr richtig bewusst wurde, drückte sie blindlings ab. Sie spürte den Rückstoß des Karabiners und feuerte erneut – die Schüsse unerhört laut –, wobei sie sich ziemlich sicher war, niemanden getroffen zu haben. Sie brausten weiter, weg vom Haus mit den Scharfschützen.
Etwa eine Minute später, die ihr wie eine Stunde vorkam, fuhren sie von der Hauptstraße ab. Der Mamba vor ihnen hupte und schob ein letztes Mal ein irakisches Auto beiseite, dann war der Checkpoint zur Grünen Zone erreicht. Der Kontrollpunkt wurde von Kampfpanzern und US -Soldaten bewacht und mit Stacheldraht, Sandsäcken und Betonklötzen gesichert. Eine lange Schlange von Autos und Menschen wartete dar auf, durchgelassen zu werden. Es roch nach Staub, Benzin und verrottenden Abfällen. Sie schlängelten sich zwischen den Barrieren hindurch und hielten kurz an, wurden jedoch sogleich von einem Sicherheitsmann durchgewinkt, der abgesehen von der Blackwater-Schulterklappe am Hemd wie ein regulärer Soldat aussah.
Als sie die Sprengschutzwände passiert hatten, kam es ihnen vor, als seien sie auf einem anderen Planeten gelandet. Sie fuhren auf einer breiten Allee, die gesäumt war von Palmen, Villen mit Gärten und prachtvollen Gebäuden, die an Tausendundeine Nacht erinnerten. In der Ferne schien die Sonne auf den Tigris herab.
Sie kamen an einem Monument vorbei, das wie eine riesige fliegende Untertasse aus Beton aussah. Sie kannte es von ihrem letzten Aufenthalt im Irak, aber Rabbit, der davon nichts wusste, deutete darauf. »Das Denkmal des unbekannten Soldaten«, erklärte er, während sie einige Regierungspaläste passierten und schließlich nach mehrfachem Abbiegen ein hohes Gebäude erreichten, das so ziemlich jeder Ausländer, der nicht dem Militär angehörte, irgendwann kennenlernte: das Al-Rashid- Hotel.
»Willst du gleich einchecken oder erst rüber ins Konferenzzentrum?«, fragte Virgil, als sie ausstiegen. Er meinte das Gebäude, in dem sich die irakische Übergangsregierung und die US -Behörden Büros eingerichtet hatten.
»Gehen wir rüber«, antwortete sie und gab ihr M4 an Rabbit zurück.
»Sie haben sich tapfer geschlagen«, lobte er.
»Ich hatte eine Scheißangst«, gestand sie.
»Wer nicht?« Er lächelte und winkte ihnen zum Abschied zu, während sie und Virgil mit ihren Rollkoffern den breiten Boulevard überquerten und ihre Ausweise den US -Marines zeigten, die hinter Sandsäcken das wie eine Festung gesicherte Konferenzzentrum bewachten.
Nachdem sie sich am Eingang nochmals legitimiert hatten, durften sie endlich eintreten. Augenblicklich schlug ihnen wohltuend klimatisierte Luft entgegen, und bald hatten sie auch ihre
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