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Homers letzter Satz: Die Simpsons und die Mathematik (German Edition)

Homers letzter Satz: Die Simpsons und die Mathematik (German Edition)

Titel: Homers letzter Satz: Die Simpsons und die Mathematik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Singh
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einem unerfindlichen Grund) Homers Arbeitsplatz: das Atomkraftwerk in Springfield. Leider fällt dem ehemaligen US-Außenminister seine berühmte Brille in die Toilette, als er den Waschraum des Atomkraftwerks aufsucht. Er traut sich nicht, die Brille wieder herauszufischen, und es ist ihm zu peinlich, jemandem davon zu erzählen. Stattdessen murmelt er vor sich hin: »Niemand darf erfahren, dass sie mir ins Klo gefallen ist. Ausgerechnet mir, dem Mann, der die Pariser Friedensvereinbarung aufgesetzt hat.«
    Kurz darauf geht Homer in denselben Waschraum und entdeckt die Brille in der Kloschüssel. Er setzt sie natürlich auf, und die Brille verleiht ihm Kissingers Intelligenz. Noch im Waschraum sagt Homer sogar einen mathematischen Satz auf.
    »Die Summe der Quadratwurzeln der beiden Seiten eines gleichschenkligen Dreiecks entspricht der Quadratwurzel der verbliebenen Seite.«
    Das klingt zuerst nach einem eindrucksvollen Vortrag des Satzes des Pythagoras, aber der Satz, wollte er der des Pythagoras sein, ist in mehrfacher Hinsicht falsch. Der richtige Satz lautet:
    »Das Quadrat der Hypotenuse in einem rechtwinkligen Dreieck ist gleich der Summe der Kathetenquadrate.«
    Der offensichtlichste Unterschied zu Homers Aussage besteht darin, dass Homer von einem gleichschenkligen Dreieck spricht, während der Satz des Pythagoras für rechtwinklige Dreiecke gilt. Ein gleichschenkliges Dreieck hat zwei gleich lange Seiten. Bei einem rechtwinkligen Dreieck gelten keinerlei Einschränkungen für die Länge der Seiten, nur muss ein Winkel im Dreieck ein rechter Winkel sein.
    Doch in Homers Aussage gibt es noch zwei weitere Probleme. Zunächst einmal spricht er von »Quadratwurzeln« der Seiten, wogegen der Satz des Pythagoras auf den »Quadraten« der Seiten basiert. Und zweitens geht es im Satz des Pythagoras um das Verhältnis der Hypotenuse (der längsten Seite) eines rechtwinkligen Dreiecks zu den anderen beiden Seiten (Katheten). Homer spricht jedoch vom Verhältnis »zweier beliebiger Seiten« eines gleichschenkligen Dreiecks zur »dritten Seite«. Die »zwei beliebigen Seiten« können die beiden gleich langen Seiten sein oder eine der gleich langen Seiten und die Seite mit unterschiedlicher Länge.
    Die Diagramme und Gleichungen daneben fassen die Unterschiede zwischen Homers Aussage und dem Satz des Pythagoras zusammen und verdeutlichen sie. Homer hat einem Standardsatz der Mathematik eine neue Wendung gegeben und so eine Variante des Satzes des Pythagoras entwickelt: Die Simpson’sche Vermutung. Die Gültigkeit eines Theorems oder Satzes muss im Gegensatz zu einer Vermutung bewiesen sein. Eine Vermutung ist dagegen (bisher) weder bewiesen noch widerlegt.

    Die Simpson’sche Vermutung betrifft alle gleichschenkligen Dreiecke. Will man sie beweisen, muss also gezeigt werden, dass sie für diese unendliche Menge von Dreiecken zutrifft. Für einen Gegenbeweis der Simpson’schen Vermutung reicht es jedoch aus, wenn man ein einziges Dreieck findet, das der Vermutung widerspricht. Daher scheint es die einfachere Lösung zu sein, nach einem Gegenbeispiel für die Vermutung zu suchen, als sie zu beweisen.
    Als erstes Beispiel sei ein gleichschenkliges Dreieck mit zwei Seiten der Länge 9 und einer Basis der Länge 4. Ist die Summe der Quadratwurzeln zweier beliebiger Seiten eines gleichschenkligen Dreiecks gleich der Quadratwurzel der dritten Seite?
    Aus√9 + √9 = √4folgt, dass3 + 3 = 2sein muss. Das ist falsch.
    Aus√9 + √4 = √9folgt, dass3 + 2 = 3sein muss. Doch auch das ist falsch.
    Die Quadratwurzeln ergeben nie den richtigen Wert. Damit ist die Vermutung eindeutig falsch.
    Das war offensichtlich nicht Homers Glanzstunde, aber vielleicht sollten wir nicht zu hart mit ihm sein. Immerhin stand er unter dem Einfluss von Kissingers Brille. Die eigentlichen Schuldigen sind die Autoren.
    Josh Weinstein, neben Bill Oakley Hauptautor der Episode, erinnert sich, wie sich die Szene entwickelte und warum sie eine derart unsinnige Vermutung enthält: »Wir haben den Witz nachträglich eingefügt, weil Mr. Burns, Homers Boss, glauben musste, Homer sei klug. Wir überlegten uns: Warum glaubt Burns, Homer sei klug? Oh, es wäre witzig, wenn er eine Brille im Klo finden würde. Wem gehört die Brille? Oh, Henry Kissinger! Wir mögen Henry Kissinger (und Zeug aus der Nixon-Ära), und er war jemand, dem man eine Freundschaft mit Mr. Burns zutrauen würde.«
    Nun brauchten sie noch einen Satz im Skript, mit dem Homer seine neu

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