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Homers letzter Satz: Die Simpsons und die Mathematik (German Edition)

Homers letzter Satz: Die Simpsons und die Mathematik (German Edition)

Titel: Homers letzter Satz: Die Simpsons und die Mathematik (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Singh
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reine Wiederholung der Vogelscheuchen-Vermutung, die sich wiederum als falsch erwies. Doch die Familie Simpson kann sich damit trösten, dass mehrere wichtige – und gültige – mathematische Konzepte ihren Namen tragen.
    Das Simpson-Paradoxon etwa ist wohl eines der verblüffendsten Paradoxa in der Mathematik. Edward H. Simpson, der sich durch seine Arbeit in Bletchley Park, dem geheimen Hauptquartier der britischen Kryptoanalytiker während des Zweiten Weltkriegs, für Statistik interessierte, machte es bekannt und untersuchte es.
    Ein besonders gutes Beispiel für das Simpson-Paradoxon betrifft das amerikanische Bürgerrechtsgesetz von 1964, einem bedeutenden Gesetz gegen Diskriminierung. Das Paradoxon ist im Protokoll der Abstimmung von Demokraten und Republikanern im US-Repräsentantenhaus zu sehen. Politikhistoriker interessierten sich zu Recht dafür, welche Partei das Gesetz stärker unterstützte.
    In den nördlichen Staaten stimmten 94 Prozent der Demokraten für das Gesetz, bei den Republikanern waren es nur 85 Prozent. Daher stimmte im Norden ein höherer Prozentsatz von Demokraten als Republikanern für das Gesetz.
    In den südlichen Staaten stimmten 7 Prozent der Demokraten für das Gesetz, bei den Republikanern waren es 0 Prozent. Also stimmte auch im Süden ein höherer Prozentsatz von Demokraten als Republikanern für das Gesetz.
    Die offensichtliche Schlussfolgerung hieraus ist, dass mehr Demokraten als Republikaner das Bürgerrechtsgesetz unterstützten. Doch wenn man die beiden Zahlen für die Süd- und die Nordstaaten kombiniert, dann stimmten 80 Prozent der Republikaner für das Gesetz im Vergleich zu nur 61 Prozent der Demokraten.
    Das bedeutet, dass nach Nord- und Südstaaten aufgeteilt mehr Demokraten als Republikaner für das Gesetz gestimmt haben, aber in Nord- und Südstaaten gemeinsam mehr Republikaner als Demokraten. Das klingt lächerlich, doch es sind Fakten. Dies ist das Simpson-Paradoxon.
    Um dieses Paradoxon zu verstehen, ist es hilfreich, sich statt der Prozentzahlen die Abstimmung in Zahlen anzusehen. In den Nordstaaten stimmten 145 von 154 Demokraten (94 Prozent) für das Gesetz gemeinsam mit 138 von 162 Republikanern (85 Prozent). In den Südstaaten stimmten 7 von 94 Demokraten (7 Prozent) für das Gesetz gemeinsam mit 0 von 10 Republikanern (0 Prozent). Wie bereits gesagt, scheint die Unterstützung für das Gesetz bei den Demokraten sowohl in den Nord- als auch den Südstaaten stärker zu sein als bei den Republikanern. Doch auf nationaler Ebene kehrt sich diese Tendenz um, weil 152 von 248 Demokraten (61 Prozent) für das Gesetz stimmten im Vergleich zu 138 von 172 Republikanern (80 Prozent).
Abstimmung Nordstaaten
Abstimmung Südstaaten
Abstimmung landesweit
Demokraten
145/154
94%
7/94
7%
152/248
61%
Republikaner
138/162
85%
0/10
0%
138/172
80%

    Ein genauerer Blick auf die Daten weist den Weg zur Lösung des Rätsels. Zunächst einmal muss man beim Vergleich der Abstimmungsergebnisse von Republikanern und Demokraten die Gesamtdaten betrachten – die landesweiten Zahlen –, die zu dem Schluss führen, dass mehr Republikaner als Demokraten das Bürgerrechtsgesetz unterstützten. Dieses Ergebnis muss am Ende unserer Überlegungen stehen.
    Zweitens suchen wir hier zwar nach einer Differenz im Abstimmungsergebnis von Republikanern und Demokraten, aber der wirklich wichtige Unterschied besteht zwischen den Abgeordneten in Nord- und Südstaaten, unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Im Norden liegt der Anteil der Unterstützer bei knapp 90 Prozent, während es im Süden gerade einmal 7 Prozent sind. Wenn man sich auf eine Variable konzentriert (z.B. Demokraten vs. Republikaner) und dabei einer anderen wichtigen Variable (z.B. Norden vs. Süden) weniger Beachtung schenkt, wird diese Variable oft zu einem sogenannten Störfaktor.
    Drittens sind Prozentzahlen in vielen Situationen hilfreich, um Vergleiche zu ziehen, doch indem wir in unserem Beispiel zunächst nur die Prozentzahlen betrachten, ohne die tatsächlichen Abstimmungszahlen zu berücksichtigen, kommen wir auf die falsche Fährte. Es entging uns die Bedeutung einzelner Ergebnisse. So klingen die 0 Prozent der Republikaner im Süden vernichtend. Aber es gab nur 10 republikanische Abgeordnete aus dem Süden. Wenn nur ein Republikaner im Süden für das Gesetz gestimmt hätte, wäre der Anteil der Unterstützer unter den Republikanern im Süden von 0 Prozent auf 10 Prozent angestiegen und hätte somit den

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