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Homicide

Homicide

Titel: Homicide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Simon
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mir haben können. Aber du warst zärtlich zu mir. Und geduldig.«
    »Na, ich wusste doch, dass es dein erstes Mal war«, sagte McAllister. »Es sollte schon etwas Besonderes sein.« »
    Das war es, Mac.«
    »Das höre ich gern.«
    Die Bruderschaft versteht es, die Sippe hört die Worte, die nicht gesagt werden. Und als die beiden Detectives plötzlich ihre toternsten Züge lockern und in schallendes Gelächter ausbrechen, lacht das ganze Kavanaugh’s mit ihnen. Sie leeren ihre Krüge, debattieren, wer die nächste Runde zahlt, wedeln mit ihrer Brieftasche, und einer verlangt vom anderen, schleunigst sein Geld von der Theke zu nehmen.
    So wie es sich für alte Partner gehört.
    Donnerstag, 18. Februar
    An dem Abend, der das Ende der zweiten Woche des Falls Latonya Wallace markiert, schlüpft Jay Landsman spät aus dem Büro. Er fährt in westlicher Richtung aus der Stadt hinaus, wo eine Frau und fünf Kinder schon halb vergessen haben, wie der Ehemann und Vater aussieht.
    Die Strecke ist Landsman so vertraut, dass er seinen Gedanken freien Lauf lassen kann. In der Abgeschiedenheit des dunklen Wagens versucht er, zu den Einzelheiten des Falls Abstand zu gewinnen und die offenen Fragen im Überblick zu betrachten. Er denkt über das Gelände in Reservoir Hill hinter der Newington Avenue nach, über den Fundort der Leiche. Was haben wir bloß übersehen, rätselt er.
    Dem Sergeant leuchtete Edgertons Theorie ein, dass der Mörder über die Dächer gekommen sein musste. Das erklärte, warum die Leiche des Kindes an dieser Stelle abgelegt worden war. Trotzdem war er nicht davon ausgegangen, dass bei einer Durchsuchungsaktion in der Newington Avenue 702 etwas herauskommen würde. Allein schon deshalb, weil in diesem Dreckloch fast zwanzig Menschen wohnten. Selbst wenn ein Kinderschänder es geschafft hätte, die Kleine ins Haus zu locken, sie dort zu töten und die Leiche eine gewisse Zeit in seinem Zimmer zu verstecken, wie hätte er das alles vor seinen achtzehn Mitbewohnern geheim halten können? Landsman war überzeugt, dass der Mörder ein Einzelgänger war, er die Tat alleine ausgeführt hatte. In der 702 gaben sich offenbar die Problemfälle von halb Baltimore die Klinkein die Hand. So überraschte es Landsman nicht, dass die Spurensicherung an den sichergestellten Kleidungsstücken und dem Bettzeug zwar Blut nachweisen konnte, aber keines, das zur Blutgruppe des Opfers passte. Und auch keiner der dort abgenommenen Fingerabdrücke stammte vom Opfer.
    Nach der Aktion in der Newington 702 bedauerten Landsman und Tom Pellegrini einhellig, sich nicht mehr Zeit für die Durchsuchung des Ladens und der Wohnung des Fish Man genommen zu haben. Vor allem Pellegrini bereitet die Eile, mit der sie die beiden Adressen in der Whitelock Street abgearbeitet hatten, Bauchschmerzen. Wie leicht konnten sie etwas übersehen haben. Edgertons Theorie hatte so plausibel und vernünftig geklungen, und zusammen mit dem Bericht über den älteren Fall von Kindesmissbrauch in der 702 hatte sich Pellegrini überzeugen lassen. Aber nachdem sich die Durchsuchung als Fehlschlag erwiesen hatte, konzentrierten sich Landsman und er wieder ganz auf den alten Ladenbesitzer.
    Ihr Interesse an dem Fish Man hatte sich seit der Durchsuchung noch verstärkt, nicht nur wegen des Ergebnisses in der Newington Avenue, sondern auch wegen eines Täterprofils, das das National Center for the Analysis of Violent Crimes, die Spezialisten für Verhaltensanalyse des FBI, vom Mörder angefertigt hatten. Am Tag nach der Durchsuchung waren Rich Garvey und Bob Bowman nach Quantico in Virginia gefahren, um den dortigen Experten der FBI-Akademie ihre aus dem Fundort und der Autopsie gewonnen Erkenntnisse vorzulegen.
    Die Charakterisierung des wahrscheinlichen Täters durch das FBI fiel recht detailliert aus. Demnach sollte es sich um einen »Nachtmenschen« handeln, der sich »im Dunkeln wohler fühlt … Der Täter hat Kontakt zu Kindern aus der Nachbarschaft und gilt als Sonderling, aber kinderfreundlich. Der Täter ist möglicherweise schon von Ermittlern befragt worden oder hat sich selbst als Zeuge gemeldet … Derartige Personen verfolgen häufig die Presseberichte über die Ermittlungen und bemühen sich, ein Alibi zu konstruieren. Der Täter, der wahrscheinlich schon ähnliche Verbrechen begangen hat, empfindet keine Gewissensbisse wegen der Tötung seines Opfers, fürchtet jedoch die Möglichkeit, gefasst zu werden.«
    Weiter hielt die Analyse fest, dass

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