Homicide
auch nichts anderes übrig.
Drei Tage nach ihrer Befragung wird Yolanda Marks zur nahe gelegenen Kaserne der Staatspolizei von Maryland gebracht, wo ein Lügendetektor den Wahrheitsgehalt ihrer Aussage bestätigt. Am selben Tag bringt man auch den sechzehnjährigen Zeugen zum Präsidium, der Anthony Owens als den Schützen benannt hatte. Der widerruft allerdings noch vor dem Test seine frühere Aussage und gibt zu, nicht Zeuge der Schießerei gewesen zu sein, sondern nur wiedergegeben zu haben, waser auf der Straße aufgeschnappt hatte, um sein Verhör abzukürzen. Auch er wird an den Lügendetektor angeschlossen. Die Auswertung ergibt, dass die neue Version seiner Geschichte kein Täuschungsmanöver ist. Als die Detectives damit seine dreizehnjährige Schwester konfrontieren, gesteht auch sie ein, gelogen zu haben. Als Grund dafür gibt sie die Angst an, dass ihrem Bruder eine Anklage drohe.
Der Fall ist gelöst.
McLarney weiß, dass die Sonderkommission Cassidy noch einige Wochen Arbeit vor sich hat, bevor die Sache endgültig dem Gericht übergeben werden kann. Da ist etwa der Mann, den man fälschlich der Tat beschuldigte. Seine Unschuld muss nun sorgfältig bewiesen werden, damit ihn der Anwalt von Frazier nicht benutzt, um seinen Mandanten herauszupauken. Und es würde sehr helfen, wenn die Ermittler die Waffe oder sonst eine handfeste Spur finden könnten, die Frazier mit dem Verbrechen in Verbindung bringt. Trotzdem, der Fall ist gelöst.
Am Abend nach Yolandas Lügendetektortest gibt es für McLarney eine Art Heimkehr. Er geht ins Kavanaugh’s, dem Stammlokal der irischen Cops von Baltimore, und pflanzt sich am Ende der Theke auf. Er lehnt sich gegen den hölzernen Tresen zwischen dem Flipperautomaten und der Sammelbüchse des Nachbarschaftsheims St. Francis. Da es ein Wochentag ist, haben sich nur wenige Detectives blicken lassen. Hinzu kommen ein paar Uniformierte vom Central und Southern und ein paar Jungs von der Bereitschaftspolizei. Corey Belt schaut kurz herein, verschwindet aber wieder, nachdem er ein, zwei Limo getrunken hat. Was ist bloß aus dem viel gepriesenen Western District geworden, fragt McLarney laut, wenn selbst seine besten Männer kein Bier mehr trinken? Auch McAllister steckt den Kopf durch die Tür, kommt herein und hievt seinen Bauch auf den Hocker neben McLarney. Das allein ist schon etwas Besonderes, da Mac nur noch selten ausgeht, seit er mit Sue im Norden von Baltimore, draußen im Grünen, ein Haus gebaut hat. Zu McLarneys Kummer führt sein alter Partner aus dem Central District schon seit einigen Jahren ein allzu geruhsames Vorstadtleben.
An diesem Februarabend jedoch, an dem McLarneys Welt durch einen außergewöhnlichen, kostbaren Sieg wieder ins Lot gekommen ist, an dem sich die Bruderschaft der Cops für McLarney wieder einmal bewährt hat, ist McAllisters Erscheinen im Kavanaugh’s das reine Glück.Der gute alte Mac. Ein Wunder hat sich auf den Straßen Baltimores ereignet, und Mac, der treue Pilger, hat auch den weiten, gefährlichen Weg nicht gescheut, um das große Ereignis am wahren Schrein des irischen Gesetzeshüters zu würdigen. McLarney rutscht ein Stück heran und legt seinem alten Partner den fleischigen Arm um die Schulter.
»Mac«, sagt McLarney.
»T.P.«
»Mac«, sagt McLarney noch einmal.
»Ja, T.P.«
»Mein Partner.«
»Dein Partner.«
»Alter Kumpel.«
McAllister nickt und fragt sich, wie lange das wohl noch so weitergehen wird.
»Habe ich dir schon mal gesagt, dass ich viel von dir gelernt habe, als wir zusammengearbeitet haben?«
»So?«
»Ja, viele wichtige Sachen.«
»Was denn zum Beispiel, T.P.?«
»Allen möglichen Scheiß.«
»Oh«, sagt McAllister und lacht. Es gibt kaum etwas komischeres und zugleich armseligeres, wie wenn ein Cop einem anderen seine Freundschaft bekundet. Das Gespräch versandet dann rasch in Gestammel. Komplimente geraten zu Beleidigungen. Der Ausdruck tiefster Zuneigung verkehrt sich in eine Beschimpfung.
»Wirklich, du hast mir eine Menge beigebracht«, sagt McLarney. »Aber das ist nicht der Grund, warum ich dich achte. Ich achte dich wegen einer ganz bestimmten Sache.«
»Weswegen denn, Terry?«
»Als die Zeit gekommen war, mich zu bumsen«, sagt McLarney, ohne eine Miene zu verziehen, »da warst du sehr zärtlich zu mir.«
»Na, das versteht sich doch von selbst«, antwortet McAllister, ohne mit der Wimper zu zucken.
»Du hättest mich auch einfach über die Kühlerhaube legen und deinen Spaß mit
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