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Homicide

Homicide

Titel: Homicide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Simon
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war es so?«
    Dale zuckt mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung, was sie gemacht haben.«
    Edgerton schaut ihn mit kaltem Blick an. »Wie lauten denn die Namen dieser Freunde?«
    »Namen?«
    »Ja! Sie werden doch wohl Namen haben, oder? Sie haben ihnen Ihren Revolver geliehen, da werden Sie doch wissen, wie sie heißen.«
    »Wenn ich Ihnen die Namen sagen, kommen sie in Schwierigkeiten.«
    »Da haben Sie verdammt noch mal recht. Sicher kommen die dann in Schwierigkeiten. Dann haben die nämlich eine Mordanklage am Hals, da können Sie Gift drauf nehmen. Entweder die oder Sie, Eugene. Also, die Namen?«
    »Kann ich nicht sagen.«
    Edgerton ist mit seiner Geduld am Ende. »Ihnen droht die Todesstrafe, Mann«, sagt er zornig, »und da wollen Sie mir nicht die Namen irgendwelcher geheimnisvoller Freunde verraten, denen Sie angeblich Ihre Waffe geborgt haben, weil es sie vielleicht in Schwierigkeiten bringen würde? Das wollen Sie mir ernsthaft weismachen?«
    »Ich kann die Namen nicht nennen.«
    »Weil sie gar nicht existieren.«
    »Nein.«
    »Sie haben gar keine Freunde. Sie haben keinen einzigen Freund in dieser beschissenen Welt.«
    »Wenn ich den Mund aufmache, bringt er mich um.«
    »Wenn ich jetzt nicht bald was höre«, brüllt ihn Edgerton an, »dann bringe ich Sie in die Todeszelle. Sie haben die Wahl …«
    Eugene Dale schaut erst die Tischplatte an, dann blickt er auf zum Detective. Er schüttelt den Kopf und hebt die Arme, eine Geste der Resignation, ein stummer Appell.
    »Scheiße«, sagt Edgerton und steht auf. »Ich weiß wirklich nicht, warum ich mich überhaupt noch mit Ihnen abgebe.«
    Edgerton knallt die Tür zum großen Verhörraum hinter sich zu. Er begrüßt den Sergeant mit einem knappen Lächeln. »Er ist unschuldig.«
    »Ach ja?«
    »Na klar. Irgendwelche Freunde haben sich den Revolver ausgeliehen und vergessen, ihm zu sagen, dass sie ein Mädchen vergewaltigt und umgebracht haben.«
    Nolan lacht. »So etwas hat man wirklich nicht so gerne.«
    »Glaub mir, ich bin kurz davor, dem Kerl eins in die Fresse zu hauen.«
    »Kann ich verstehen.«
    Edgerton geht in den Kaffeeraum, um sich die Tasse nachzufüllen. Fünf Minuten später hat Eugene Dale offenbar doch noch etwas zu sagen. Er hämmert heftig an die Tür. Edgerton reagiert nicht. Schließlich kommt Jay Landsman aus seinem Büro, um nachzuschauen, was das für ein Spektakel ist.
    »Detective, Sir, kann ich mit Ihnen sprechen?«
    »Mit mir?«
    »Ja, Sir. Der andere Officer will mir nicht zuhören, und ich …«
    Landsman schüttelt den Kopf. »Ich glaube nicht, dass Sie mit mir sprechen wollen«, sagt er. »Das Einzige, worauf ich Lust habe, ist Ihnen die Fresse zu polieren für das, was Sie dem Mädchen angetan haben. Sie wollen doch bestimmt nicht …«
    »Aber ich habe sie nicht …«
    »Hör mal, Freundchen«, sagt Landsman. »Wenn ich mir von dir was anhöre, dann erst, nachdem ich dir sämtliche Zähne ausgeschlagen habe, ist das klar? Da bist du mit dem anderen Detective besser bedient.«
    Dale zieht sich in den Verhörraum zurück, Landsman knallt die Tür zu und stapft mit erheblich besserer Laune in sein Büro zurück.
    Fünf Minuten später kommt Edgerton in den Flur vor dem Verhörraum, deutlich entspannter und bereit für einen neuen Versuch. Als er die Metalltür öffnet, huscht gerade Kopera vorbei.
    »Volltreffer, Harry.«
    »Gut gemacht, Dr. K.«
    »Die Riffelspuren sind etwas schwach, aber kein wirkliches Problem.«
    »Prima. Danke.«
    Edgerton knallt die Tür hinter sich zu und macht Eugene Dale nocheinmal die Lage klar: ein überlebendes Vergewaltigungsopfer, das ihn ebenso überführen wird wie der Revolver, den die Ballistiker als Mordwaffe identifiziert haben. Ach ja, und dann noch die vielen Fingerabdrücke auf der Waffe …
    »Ich würde Ihnen ja gern den Namen meines Freundes sagen.«
    »Okay«, sagt Edgerton. »Schießen Sie los.«
    »Aber ich weiß ihn nicht.«
    »So, Sie kennen seinen Namen nicht.«
    »Nein. Er hat ihn mir gesagt, aber ich habe ihn vergessen. Aber sein Spitzname ist Lips. Er wohnt in West Baltimore.«
    »Sie wissen nicht wie er heißt, aber Sie leihen ihm Ihren Revolver.«
    »Mhm.«
    »Lips aus West Baltimore.«
    »So nennen sie ihn dort.«
    Dale zuckt mit den Schultern.
    »Eugene, soll ich Ihnen mal sagen, was ich glaube?«
    Dale sieht ihn mit dem Ausdruck ernsthafter Kooperationsbereitschaft an.
    »Ich glaube, dass Sie wieder ins Gefängnis zurückgehen werden.«
    So unsinnig die Geschichte

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