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Homicide

Homicide

Titel: Homicide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Simon
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schworen auf die Zusammenarbeit mit der Firma Interrotec.
    Neben seinem Beistand von außen kann sich Pellegrini allerdings auch auf besseres Belastungsmaterial stützen als zuvor. Er hat jetzt die Proben des Teers und der Holzasche – und die Schmierflecken auf der Hose des toten Mädchens passten zu dem Schutt im ausgebrannten Laden des Fish Man in der Whitelock Street. Das ist zweifellos Beweismaterial und definitiv mehr als in den ersten beiden Vernehmungen.
    Allerdings hatte sich sein Versuch, den Laden als einzige mögliche Herkunftsquelle des verbrannten Materials zu isolieren, als zwecklos erwiesen. Bei der Computerabfrage nach Brandstiftungen und Feuerwehreinsätzen in Reservoir Hill in den zurückliegenden Jahre, die er hatte durchführen lassen, erhielt er mehr als hundert Adressen von Gebäudebränden. Da der Mord inzwischen Monate zurücklag, hatte Pellegrini jedoch keine vernünftige Möglichkeit, den Großteil davon auszuschließen oder festzustellen, welche Gebäude gerade im Februar ausgebrannt waren. Einige hatte man seither wieder hergerichtet, einige standen seit Jahren leer, und andere – kleinere Gebäude oder Gebäudeteile, deren Brände rasch gelöscht werden konnten oder erst gar nicht gemeldet worden waren – hatten die Computer womöglich überhaupt nicht erfasst. Nein, die chemische Analyse war der Hebel für diese Vernehmung, nicht mehr. Doch ein geschickt angesetzter Hebel konnte entscheidend sein.
    Nach der Bewilligung seines Antrags auf fachliche Unterstützung hatte sich Pellegrini gesagt, wenn diese letzte Vernehmung ergebnislos bliebe, könnte er die Akte in dem Bewusstsein schließen, alles Menschenmögliche versucht zu haben. Er würde sich keine Selbstvorwürfe mehr machen, die verflixten Akten in die Ablage stecken und – diesmal wirklich – wieder normalen Schichtdienst schieben und sich mit voller Konzentration hinter seine Fälle klemmen. Keine Theodore Johnsons oder Barney Erelys mehr, hatte er sich und Landsman geschworen. Er war zuversichtlicher, als er nach außen wirkte – eigentlich konnte er sichkaum vorstellen, dass der letzte Angriff auf den Fish Man fehlschlagen würde. Schließlich hatten sie für die Vernehmung einen hoch qualifizierten Experten hinzugezogen, jemanden, der an Universitäten lehrte und an Polizeischulen im ganzen Land Vorlesungen über Kriminalistik hielt. Und sie konnten sich auf die chemische Analyse stützen. Außerdem hatten sie nach all diesen Monaten einen Verdächtigen, der das Opfer gekannt hatte, beim Lügendetektortest durchgefallen war, kein stichhaltiges Alibi vorweisen konnte, in das Täterbild der FBI-Profiler passte, wegen sexueller Übergriffe auffällig geworden war und der sich bereitwillig langen und harten Vernehmungen aussetzte. Diesmal, so glaubte Pellegrini, standen ihre Karten gut. Seine Karten.
    Von seiner Ecke am Konferenztisch beobachtet Pellegrini, wie Foster den Verdächtigen mit einleitenden Fragen umkreist und nach Schwachpunkten sucht.
    »Hören Sie mir zu«, sagt Foster.
    Der Fish Man antwortet mit einem Brummen.
    »Sie wissen, warum Sie hier sind.«
    »Weil Sie mich hergeholt haben.«
    »Und Sie wissen auch, warum, nicht wahr?«
    Der Fish Man schweigt.
    »Warum sind Sie hier?«, fragt Foster.
    »Es geht um das Mädchen.« Er rutscht unruhig hin und her.
    »Das Mädchen«, wiederholt Foster.
    »Ja«, antwortet der Fish Man nach einer Pause.
    »Sagen Sie ihren Namen!«
    Der Fish Man starrt an die gegenüberliegende Wand.
    »Sagen Sie ihren Namen!«
    »Ihren Namen?«, fragt der Fish Man, sichtlich beunruhigt.
    »Sie kennen den Namen.«
    »Latonya.« Er stößt ihn hervor, als würde er damit bereits ein Geständnis abgeben. Pellegrini hat den Eindruck, dass der Fish Man mit jeder Frage ein wenig mehr die Kontrolle verliert. Foster ist gut, denkt Pellegrini. Verdammt gut. Wie er ihn dazu brachte, den Namen des Mädchens auszusprechen: Gibt es eine bessere Technik, einen verschlossenen Menschen wie den alten Ladenbesitzer aus der Reserve zu locken?
    Foster war tief im Bibelgürtel der Südstaaten geboren und aufgewachsen und erst nach einem kurzen Abstecher in das Amt eines Baptistenpastors zur Strafverfolgung gegangen. Die Erfahrung aus dieser Zeit klang noch in seiner Vorgehensweise und seiner Rhetorik durch. War seine Stimme in dem einen Augenblick ein schlagkräftiges Instrument voller Vorwürfe, so schmolz sie im nächsten zu einem leisen Flüstern dahin, das zum Enthüllen von Geheimnissen animierte.
    »Dann

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