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Homicide

Homicide

Titel: Homicide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Simon
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mehr geben wird, beschwichtigt sich der Detective, kann er getrost sein ganzes Pulver auf einmal verschießen.
    In der Mitte der Pinnwand hat Pellegrini seine Trumpfkarte befestigt. Vor allem die chemische Analyse der Teerasche und der Holzflocken an der Hose des Mädchens und aus dem Laden des Fish Man. Für jede Probe gibt es ein Balkendiagramm, und die beiden haben eine bemerkenswerte Ähnlichkeit. Angefertigt wurden sie vom Bureau of Alcohol Tobacco and Firearms, und da der Labortechniker dabei einen erfahrenen Chemiker hinzugezogen hatte, waren die Analysen über jeden Zweifel erhaben. Der Mann ist sogar ins Präsidium gekommen, für den Fall, dass er Pellegrini kurzfristig beistehen muss. Er wartet draußen vor der Tür und ist nur zu gern bereit einzuspringen. Das Gleiche gilt für Jay Landsman und Tim Doorey, den Leiter der staatsanwaltlichen Abteilung für Gewaltverbrechen, die das Ergebnis der Vernehmung prüfen und dann entscheiden werden, ob gegen den Fish Man Anklage erhoben wird.
    Über den Balkendiagrammen hat Pellegrini eine Flurkarte von Reservoir Hill befestigt, auf der zwischen achtzig und hundert Gebäude mit gelben Marker hervorgehoben sind. Sie alle stehen für einen in den letzten fünf Jahren gemeldeten Brand. Der Laden des Fish Man in der Whitelock Street wurde allerdings mit dunklerem Orange markiert. Diese Karte ist in jedem Sinn des Wortes eine Lüge – eine Fälschung, deren Aufdeckung Pellegrini nicht befürchten muss. Es war ihm einfach nicht möglich gewesen, die überwiegende Mehrzahl dieser markierten Orte auszuschließen; theoretisch könnten die Flecken auf der Hose des Mädchen von jedem dieser Brände stammen. Für die Dauer dieser Vernehmung bleibt das aber völlig ausgeschlossen. Im Verlauf dieser Vernehmung wird Pellegrini dem Fish Man sagen, dass sie nach der chemischen Analyse keine Zweifel mehr haben: Die schwarzen Flecken auf der Hose stammen von dem in Orange markierten Ort an der Biegung der Whitelock Street.
    Mit der chemischen Analyse – dem Dreh- und Angelpunkt dieser Vernehmung – haben sie wertvolles Belastungsmaterial. Zugleich hältsie ihnen aber auch eine Rückzugsmöglichkeit offen. Vielleicht, könnte Foster sagen, haben Sie das Mädchen nicht umgebracht, vielleicht haben Sie sie nicht angerührt, sich nicht an ihr vergangen und sie dann gewürgt und ihr den Atem abgeschnürt. Vielleicht waren Sie auch nicht der Mann, der anschließend ein Messer nahm und auf sie einstach, bis ihr Tod eintrat. Aber, könnte Foster sagen, Sie wissen, wer es getan hat. Sie wissen es, weil das Mädchen an jenem Dienstagabend umgebracht wurde und dann den ganzen Mittwoch in Ihrem ausgebrannten Fischgeschäft lag, bis zu den dunklen, verregneten frühen Morgenstunden am Donnerstag. Sie war im Laden, das beweisen der Ruß und die Holzasche auf ihrer Hose. Wenn Sie es nicht waren, dann war es ein anderer – jemand, den Sie kennen, oder jemand, an dessen Namen Sie sich nicht erinnern –, der das Mädchen in Ihrem Geschäft versteckt hat.
    Abgesehen vom Fallstrick der chemischen Analyse allerdings hat Pellegrini nicht mehr viel in der Hand: das Ergebnis des Lügendetektortests, sein Eingeständnis, das Mädchen gekannt zu haben, das Fehlen eines überzeugenden Alibis. Zu der einsamen Schlagkraft der Balkendiagramms gesellen sich also nur noch das Motiv, die Gelegenheit und die offensichtlichen Täuschungsmanöver. Allerdings hat Pellegrini noch eine letzte Trumpfkarte, die er in einem entscheidenden Augenblick ausspielen will. In seiner Jackentasche steckt ein weiteres Foto. Es ist zwar kein Beweisstück, aber als Versuchsballon kann er es nutzen.
    Foster mäandert nach wie vor durch seinen einleitenden Monolog. Nachdem er eine halbe Stunde von seiner Erfahrung gesprochen hat, geht er dazu über, auch Pellegrini göttliche Kräfte zuzuschreiben. Foster erwähnt, dass der Fish Man seinen wichtigsten Verfolger ja bereits kennt, und hebt dann hervor, dass Pellegrini nach ihren ersten Begegnungen nicht lockergelassen hat. Nein, sagt Foster, er hat sich auch weiterhin an Ihre Fersen geheftet. Er hat weiterhin Beweise gesammelt.
    Der Fish Man zeigt keine Regung.
    »Was heute geschehen wird, ist etwas anderes als Ihre früheren Gespräche mit Detective Pellegrini«, sagt Foster.
    Der Ladenbesitzer nickt vorsichtig. Eigenartig, dass er das macht, denkt Pellegrini
    »Sie sind in der Vergangenheit schon hier gewesen, aber Sie habenuns nicht die Wahrheit gesagt«, fährt Foster fort. Dann

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