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Homicide

Homicide

Titel: Homicide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Simon
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lebenslange Freiheitsstrafe ohne Möglichkeit auf Bewährung mündete. Eine große Rolle spielte dabei, dass Waddells vorherige Haftstrafe, die er ebenfalls wegen eines Tötungsdelikts verbüßt hatte, erst kürzlich zur Bewährung ausgesetzt worden war. Dieses Urteil wurde allerdings inzwischen von einem Berufungsgericht wegen Beeinflussung der Geschworenen durch vorverurteilende Kommentare von Richterin Bothe wieder aufgehoben. Gegenwärtig, da diese Zeilen entstehen, ist noch kein neuer Prozesstermin anberaumt.
    Dennoch zeigte sich bei Waddell, was man mit guter Strafverfolgung erreichen kann, und mit ihrer soliden juristischen Arbeit konnten sie eine drohende Niederlage abwenden. Daher gestattete sich Garvey nach dem Ende des ersten Verfahrens auch eine gewisse Genugtuung.
    Als man Warren Waddell über die Marmortreppe wieder in die Arrestzelle im Keller des Gerichts führte, funkelte der Angeklagte den Detectivewütend an. Garvey beugte sich über das Geländer und rief dem Verurteilten leise zu: »Wir sehen uns noch, Schwachkopf.«
    McCollum, der sich einige Schritte entfernt mit einem Staatsanwalt unterhielt, stellte gleich einen Zusammenhang her. »Habe ich da eben richtig gehört?«
    »Scheiße, ja«, sagt Garvey. »Einer musste es sagen.«
    Von den drei Teams, die 1988 unter der Leitung von D’Addario gestanden hatten, existierte nur noch das von Terry McLarney in der alten Besetzung.
    Eddie Brown arbeitet sich unbeirrt weiter von Fall zu Fall, unempfindlich gegenüber dem Lauf der Zeit. Rick James, der lange und hart in dem Fall der im März ermordeten Taxifahrerin Karen Renee Smith ermittelt hatte, ist inzwischen so weit aus Wordens Schatten getreten, dass er zu den Veteranen des Dezernats gezählt werden kann. Für James fiel die Bilanz des Jahres 1988 fast ebenso erfreulich aus wie für Rich Garvey: Alvin Richardson, der im November den zweijährigen Jungen vergewaltigt und ermordet hatte, wurde in einem Geschworenenprozess zu lebenslanger Haft verurteilt, und Dennis Wahls, der die Polizei selbst zu dem gestohlenen Schmuck führte und sich so mit dem Mord an der Taxifahrerin in Zusammenhang brachte, bekannte sich schuldig und musste eine lebenslange Freiheitsstrafe hinnehmen. Clinton Butler, den Wahls mit den tödlichen Schlägen auf Karen Smith belastet hatte, stand zweimal in Baltimore vor Gericht. Trotz Wahls Zeugenaussage und anderer Belastungselement fanden die Geschworenen im ersten Prozess zu keinem einmütigen Urteil, während sie ihn im zweiten freisprachen.
    Donald Waltemeyers »Fall des Lebens« kam 1989 vor Richterin Bothe, wo sich Geraldine Parrish wegen des Mordes an Albert Robinson verantworten musste, dem Alkoholiker aus Plainfield, New Jersey, der 1986 tot neben dem Gleisbett in Clifton Park gefunden worden war. Geraldine kannte Albert Robinson aus ihrer Ladenkirche in Plainfield. Sie hatte ihn Jahre zuvor dazu gebracht, eine Lebensversicherung zu ihren Gunsten abzuschließen. Von den vier Morden, die ihr zur Last gelegt wurden, war der von Robinson am solidesten durch Beweise untermauert. Ein Trio von Staatsanwälten erzählte den Geschworenen dieunglaubliche, beinahe komische Geschichte, wie Geraldine und einige Mitstreiter nach New Jersey fuhren und Robinson mit dem Versprechen auf Alkohol in ein Auto lockten. Stunden später schossen sie auf ihn und ließen ihn nahe Atlantic City in einem Wäldchen zurück, im festen Glauben, ihn getötet zu haben. Doch Robinson überlebte, nur leicht verletzt. Allerdings war er so betrunken, dass er keinerlei Erinnerung an den Vorfall hatte. Einige Monate später kehrte die Bande nach New Jersey zurück und lockte den Trinker abermals in ihr Auto. Diesmal brachten sie ihn nach Baltimore, wo der Freund einer Nichte Geraldines, noch ein Teenager, die Sache am Gleisbett der B&O-Strecke zu Ende brachte und damit Rick James einen knallharten Whodunit servierte.
    Geraldines Auftritt vor Gericht entsprach den Erwartungen. Einmal bekam sie vor den Geschworenen einen hysterischen Anfall und warf sich mit Schaum vor dem Mund auf ihrem Stuhl hin und her. Elsbeth Bode setzte der Vorstellung ziemlich unbeeindruckt ein Ende, indem sie sie zur Ordnung rief. Später sagte Geraldine im Zeugenstand aus, sie sei selbst betrogen worden, und zwar von ihren Mittätern, die sie genötigt hätten, ihnen die Versicherungspolicen auszuhändigen und ihnen die lukrativen Opfer zu zeigen.
    Sie wirkte so wenig überzeugend, dass es den Geschworenen nicht schwer fiel, einen

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