Homicide
Schuldspruch zu fällen. Geraldine Parrish wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, worauf sie sich in den anderen drei Fällen schuldig bekannte und dafür ebenfalls lebenslange Freiheitsstrafen kassierte. Niemand war erleichterter über das Ende dieses Falls als Donald Waltemeyer, der unmittelbar nach dem Prozess wieder voll und ganz in den Schichtdienst zurückkehrte.
Waltemeyers Partner, Dave Brown, lebt inzwischen nicht mehr in einem Zustand permanenter Qual. In den beiden letzten Jahren hat Donald Worden den Jüngeren grummelnd akzeptiert und behandelt ihn fast schon mit Respekt. Es ist allerdings wahr, dass der Big Man im Sommer 1989 wieder begann, von Brown 25 Cent zu verlangen – diesmal bei jedem Anruf, den er für ihn entgegennahm.
Terry McLarney kommt offenbar nicht von der Bruderschaft los. 1989 ignorierte er einen hartnäckigen Husten so lange, bis er sich kaum mehr auf den Beinen halten konnte. Es sollte Monate dauern, ehe die Erkrankung,eine bakterielle Infektion, die das Herz in Mitleidenschaft gezogen hatte, auskuriert war. Niemand hätte erwartet, dass er noch einmal ins Morddezernat zurückkehren würde, doch nach vier Monaten war er wieder auf dem Posten und wirkte schlanker und gesünder denn je.
Nach achtundzwanzig Dienstjahren ist Donald Worden immer noch Polizist in Baltimore und nach wie vor der Pfeiler von McLarneys Team. Ans Aufhören denkt er noch lange nicht. Inzwischen ist er verheiratet. Die Hochzeit fand im Sommer 1989 statt, und die meisten Kollegen der Schicht waren eingeladen. Man brachte zahllose Trinksprüche aus, und zum Abschluss zog die ganze Hochzeitsgesellschaft ins Kavanaugh’s. Dort hielt der Big Man im Smoking Hof, während seine Frau Diane im Hochzeitskleid einen Barhocker zierte.
Die Heirat bedeutete, dass Worden noch mindestens ein Jahr dranhängen musste, damit auch seine Frau dereinst in den vollen Genuss der Rente kommen würde. Diese Wegmarke kam, doch noch immer bearbeitet Worden Mordfälle. An dem Fall Monroe Street ist er stets drangeblieben und hat die wenigen Hinweise verfolgt, die sie in den letzten beiden Jahren noch bekamen. Der Tod von John Randolph Scott auf dem Hofgelände an der Monroe Street ist nach wie vor ungeklärt – der einzige ungeklärte Fall von Schüssen mit Polizeibeteiligung in der Geschichte der Polizei von Baltimore. Die darin verwickelten Officers sind zum größten Teil noch immer auf Streife, nur einige, darunter Sergeant John Wiley, wurden in den Innendienst versetzt.
Andere Ermittlungen verliefen erfreulicher. Als Worden im letzten Jahr einmal in den frühen Morgenstunden zu einer Schießerei fuhr, fielen ihm in der Innenstadt in der Nähe des Busbahnhofs auf der West Fayette Street ein adretter Matrose der U.S. Navy in Begleitung eines ziemlich abgerissenen Typen auf. Das ungleiche Paar kam Worden seltsam vor, und so speicherte er es in seinem Kopf ab. Als der Matrose noch am selben Morgen unweit der Stelle, an der ihn Worden gesehen hatte, tot aufgefunden wurde, erschlagen bei einem Raubmord in einem Parkhaus, schlenderte Worden zu Kevin Davis hinüber, dem leitenden Ermittler dieses Falls. Worden konnte Davis eine komplette Beschreibung des Tatverdächtigen geben; die beiden setzten sich in einen Cavalier, und nach wenigen Stunden hatten sie ihren Mann.
In den Zeitungen stand zu lesen, der Fall sei mit purem Glück gelöst worden, was nur einmal wieder zeigte, wie wenig die Welt davon versteht, was es bedeutet, ein Detective zu sein.
Noch ein allerletzter Nachtrag: Im Jahr 1988 starben 234 Männer und Frauen in Baltimore eines gewaltsamen Todes. Im Jahr 1989 wurden 262 Menschen ermordet. Im letzten Jahr machte die Mordrate mit 305 Toten erneut einen Sprung – der schwerste Blutzoll in beinahe zwanzig Jahren.
Im ersten Monat des Jahres 1991 wird in der Stadt durchschnittlich ein Mensch pro Tag umgebracht.
Anmerkung des Autors
Dieses Buch ist eine journalistische Arbeit. Die Namen der Detectives, der Angeklagten, der Staatsanwälte, der Polizisten, Rechtsmediziner und aller anderen Personen, die in diesem Text fallen, sind die Namen realer Personen. Alles, was in diesem Buch geschildert wird, ist wirklich geschehen.
Meine Recherchen begannen im Januar 1988, als ich mit dem etwas merkwürdigen Status eines »Polizeipraktikanten« in das Morddezernat von Baltimore eintrat. Wie so oft, wenn Journalisten irgendwo lange herumhängen, gehörte ich als harmloses Anhängsel bald zum Bestand der Einheit. Nach wenigen Wochen
Weitere Kostenlose Bücher