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Homicide

Homicide

Titel: Homicide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Simon
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verhielten sich die Detectives, als sei es das Normalste von der Welt, wenn sich ein Reporter das Chaos einer Kriminalermittlung aus nächster Nähe anschaut.
    Damit meine Gegenwart die Ermittlungen möglichst wenig störte, passte ich mein Äußeres und meine Kleidung meiner Rolle an. Das heißt, ich schnitt mir die Haare, kaufte mir mehrere geeignete Sakkos, Krawatten und Hosen und verzichtete auf meinen kleinen Diamantstecker im Ohr, der mir bei den Detectives ohnehin nur Stirnrunzeln eingetragen hätte. Während des gesamten Jahres, das ich im Morddezernat verbrachte, habe ich mich niemals gegenüber irgendjemandem als Gesetzeshüter ausgegeben. Es stimmt, mein Äußeres und mein gemeinsames Auftreten mit Polizisten hat viele Bürger und sogar auch andere Polizisten zu der falschen Annahme verleitet, ich sei ebenfalls ein Detective. Für Journalisten, die daran gewöhnt sind, sich bei ihren Recherchen auszuweisen, mag das vielleicht eine Unterlassungssünde sein. Aber wenn ich mich an Tatorten, bei Verhören oder in der Notaufnahme von Krankenhäusern als Journalist zu erkennen gegeben hätte, wären die Ermittlungen beeinträchtigt worden. Kurz, es gab gar keine andere Möglichkeit, mir das Material für dieses Buch zu beschaffen.
    Trotzdem blieb da eine gewisse Fragwürdigkeit, wann immer ich in meinem Buch einen Zeugen oder den Arzt einer Notaufnahme, einenGefängniswärter oder den Verwandten eines Opfers zitierte, die mich alle für einen Polizisten gehalten hatte. Aus diesem Grund habe ich versucht, die Äußerungen dieser Personen so weit wie möglich zu anonymisieren und eine faire Balance zwischen ihrem Recht auf Privatheit und den Erfordernissen einer genauen Schilderung zu finden.
    Sämtliche Detectives von Lieutenant D’Addarios Schicht haben mir eine Einverständniserklärung unterzeichnet, bevor sie auch nur eine Zeile des Manuskripts gelesen hatten. Andere Personen, die eine wichtige Rolle im Buch spielen, haben mir ebenfalls erlaubt, ihre Namen zu verwenden. Im Gegenzug habe ich den Detectives und anderen zugesagt, sie könnten relevante Teile des Manuskripts vor dem Druck lesen und Änderungsvorschläge machen, wenn etwas nicht richtig geschildert sei. Und falls es in dem Manuskript etwas gäbe, das nicht von wesentlicher Bedeutung für die Geschichte sei, aber ihrer Karriere oder ihrem Privatleben Schaden zufügen könne, so würde ich mir überlegen, es zu streichen. Am Ende hatten die Detectives erstaunlich wenig Änderungswünsche, und die Handvoll, der ich zustimmte, betraf weitgehend belanglose Details, beispielsweise eine Bemerkung, die ein Detective in einer Bar über eine Frau gemacht hatte oder einen kritischen Kommentar über einen Vorgesetzten. Ich akzeptierte keine Änderungen, in denen es um die Behandlung eines Falls ging oder die in irgendeiner Weise die Botschaft des Buches verändert oder abgeschwächt hätten.
    Außer den einzelnen Detectives räumte ich auch der Polizeiführung ein begrenztes Recht zur Prüfung des Manuskripts ein – aber lediglich, um sicherzustellen, dass nicht doch unbedacht Details nach außen drangen (beispielsweise das Kaliber von Kugeln, Todesursachen, Kleidung von Opfern), die bei der Überführung eines Täters noch eine Rolle spielen konnten. Daraus ergaben sich keinerlei Änderungen oder Streichungen.
    Der überwiegende Teil der Dialoge in diesem Bericht – vielleicht 90 Prozent – stammt aus Szenen und Gesprächen, die ich selbst bezeugen kann. Es kam allerdings gelegentlich vor, dass sich etwas Wichtiges ereignete, wenn ich gerade nicht da oder mit einem anderen Detective unterwegs war. In diesen Fällen habe ich weitgehend auf direkte Rede verzichtet, und sofern ich doch direkte Zitate einfließen ließ, dann nur solche, an die sich Detectives wirklich erinnern konnten. Wenn geschildertwird, was einer der Beteiligten denkt, so habe ich mir das niemals aus den Fingern gesogen. Es erklärt sich in jedem einzelnen Fall aus den nachfolgenden Handlungen oder aus daran anschließenden Besprechungen mit dieser Person. Ich bin mein Material immer mit den Detectives durchgegangen, um so weit wie möglich sicherzustellen, dass ihre Gedanken unverfälscht wiedergegeben wurden.
    Für die beispiellose Unterstützung, die ich vom Baltimore Police Department erfuhr, bin ich sowohl dem verstorbenen Polizeichef, Police Commissioner Edward J. Tilghman, sowie dem derzeitigen Polizeichef, Police Commissioner Edward V. Woods, zu tiefem Dank verpflichtet. Ich

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