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Homicide

Homicide

Titel: Homicide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Simon
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District, der zur Verbesserung der Wiedergabequalität zum FBI geschickt worden ist. Die Entschlüsselung und Transkribierung Wochen nach dem Mord enthüllten einen merkwürdigen Funkdialog.
    An einer Stelle des Bands gibt ein Officer vom Central District eine Suchmeldung nach dem Mann heraus, der aus der Beifahrertür des gestohlenen Wagens ausgestiegen und zu Fuß geflüchtet ist.
    »Männlicher Schwarzer, einsachtzig bis einsfünfundachzig, dunkle Jacke, blaue Jeans … zuletzt gesehen Lanvale und Payson …«
    Als Nächstes ist ein Sergeant vom Central District namens John Wylie zu hören, der schon seit sieben Jahren dabei ist. Er hat an der Verfolgungsjagd in den Western District teilgenommen und die Leiche von John Scott entdeckt.
    »Eins dreißig«, hört man Wylie. Das ist die Nummer seiner Einheit. « Achthunderter Block Fulton… ach, nein, Monroe, Suchmeldung, ist erledigt.«
    Ein Officer, der bei der Verfolgung des Wagens dabei war, schaltet sich in der Annahme ein, dass der Verdächtige gefasst ist: »Eins vierundzwanzig. Ich kann den Typ identifizieren …«
    Sekunden später ist wieder Wylie zu hören. »Eins dreißig. Ich habe einen Schuss gehört, bevor ich den Typ gefunden habe.«
    »An eins dreißig, wo denn, am Achthunderterblock Monroe?«
    »Ja.«
    Einige Augenblicke später hört man wieder Wylie, der nun zum erstenMal sagt, dass »der Gefundene möglicherweise das Opfer eines Schusswechsels« ist.
    Die Funksprüche konfrontieren Worden mit einem Problem: Warum bläst ein Sergeant die Suche nach einem Tatverdächtigen ab, außer wenn er sicher weiß, dass er in Gewahrsam ist? Die Hemdknöpfe, der Funkmitschnitt – Anhaltspunkte, die auf die an der Verfolgung beteiligten Polizisten weisen, und nicht auf einen anderen Schützen. Worden und James haben wieder und wieder die Fahrtenbücher, Teil des unvermeidlichen Papierkrams, ausgewertet. Doch sämtliche Streifenwagen, die im Central, Western und Southern District unterwegs waren, befanden sich eindeutig woanders, als der Schuss fiel. Und die Polizisten, die an der Verfolgung des gestohlenen Wagens und dann des Flüchtigen beteiligt waren, haben ihre Bewegungen bereits in zusätzlichen Berichten geschildert, die sich die beiden Detectives ebenfalls angeschaut haben. Die Ermittler kamen zu dem Schluss, dass die meisten Polizisten im Verlauf des Vorfalls einander begegnet sind und ihre Berichte gegenseitig bestätigen konnten.
    Falls der Schütze ein anderer Polizist war, der sich aus dem Staub machte, bevor Sergeant Wylie auftauchte, konnte seine Identität aus den vorliegenden Papieren jedenfalls nicht ermittelt werden. Alles in allem waren fünfzehn Polizisten des Western und Central District befragt worden, aber sie hatten wenig Relevantes zu sagen, und Wylie rückte nicht von seiner Darstellung ab, er habe weder vor noch nach dem Schuss irgendetwas gesehen. Mehrere Polizisten – darunter Wylie und zwei andere, die unter den Ersten waren, die am Ort des Geschehens eintrafen – wurden einem Lügendetektortest unterzogen. Nichts deutete darauf hin, dass einer von ihnen die Unwahrheit gesagt hatte. Die Testergebnisse von Wylie und einem weiteren Polizisten wurden allerdings wegen Uneindeutigkeit als nicht verwertbar eingestuft.
    Die Ergebnisse des Lügendetektors und Wylies voreilige Rücknahme der Suchmeldung veranlassten Worden und James zu dem Schluss, dass der Sergeant vom Central District etwas gesehen haben musste, bevor er die Leiche entdeckte. Doch auch in einer zweieinhalbstündigen Befragung durch die beiden Detectives blieb Wylie felsenfest dabei, dass er nur einen einzigen Schuss gehört und keinen weiteren Polizisten in der Nähe des Wegs an der Monroe Street gesehen habe.Warum er die Suche nach dem Verdächtigen als erledigt deklariert hatte, konnte er nicht sagen, noch konnte er sich überhaupt daran erinnern.
    Wylie wollte von den Detectives wissen, ob er als Verdächtiger gelte.
    Nein, sagten sie ihm.
    Trotzdem baten die Detectives den Sector Sergeant während der Befragung, einer freiwilligen Hausdurchsuchung zuzustimmen. Wylie war einverstanden, und die Detectives beschlagnahmten seine Uniformen, seine Dienstwaffe sowie den Revolver, den er außerhalb der Dienstzeit trug, und ließen sie auf Spuren untersuchen – ohne Ergebnis.
    Bin ich nun also ein Verdächtiger, wollte der Sergeant erneut wissen. Falls ja, will ich über meine Rechte belehrt werden.
    Nein, sagten sie ihm, er sei kein Verdächtiger. Im Augenblick jedenfalls

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