Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)
manipulierte Embryo hat also mindestens drei Eltern – die DNA von mindestens drei Personen, wenn du es so willst. In den Versuchen wurden Embryonen mit genetischem Material von bis zu acht Eltern gezeugt. Die Entwicklung wurde jeweils bei Erreichung von etwa sechzig Zellen gestoppt. Bis dorthin verlief alles normal.
Ein weiteres Risiko ist, dass die Embryonen vielleicht von der Gebärmutter abgestoßen werden. Außerdem kann es zu nicht kontrollierbaren genetischen Mutationen kommen, die zum Absterben des Embryos führen. Oder zu einem geistig und körperlich behinderten Fötus beziehungsweise Säugling.“
„Wie geht es nun weiter, was schlägst du vor, mein Sohn?“
„Wir sollten bald mit den ersten Feldversuchen starten. Wir haben alles, was wir brauchen: ausreichend Eizellen und Samenspender sowie potenzielle Eltern, die sich unbedingt ein Kind wünschen. Die nächsten Versuchsreihen werden bis zu einer Zellmenge von etwa tausend Zellen gehen. Wenn sie erfolgreich verlaufen, können wir die ersten Embryonen einpflanzen.“
Wei Feng nippte an seinem Tee. „Wir haben nicht so schnell mit einem Erfolg gerechnet. Wir wussten nicht, in welche Richtung uns die Schaffung menschlicher Chimären bringen würde, aber eine Verlängerung der Lebenserwartung auf über dreihundert Jahre …“, er vollendete den Satz nicht. „Professor Brighton, ist er ein Risiko? Brauchen wir ihn?“
„Wir werden ihn noch einige Wochen lang ruhig halten können. Wenn die nächsten Versuche zu Rückschlägen führen, eher länger, da er sich kaum mit Misserfolgen in die Öffentlichkeit begeben wird. Sollte er dagegen weiter Erfolg haben, wird er sehr schnell außer Kontrolle geraten. Er ist vom Ehrgeiz besessen. Fachlich ist er, je mehr Ergebnisse wir haben, ersetzbar. Wir haben bereits unsere besten und loyalsten Leute in seinem direkten Umfeld platziert.“
„Er wird also bald ausscheiden. Nun, wir möchten, dass du sicherstellst, dass die Forschungsergebnisse geheim bleiben. Die Entscheidung, wann was öffentlich wird, muss in unserer Hand bleiben.“
Freundschaft
Im Sommer 2014 war Tobias Feist glücklich. Er war seit über einem Jahr in England und die Dinge hatten sich erstaunlich gut entwickelt. Die ersten drei Wochen waren zwar der reine Horror für ihn und er war nahe daran gewesen, alle Zelte wieder abzubrechen. Aber von einem Tag auf den anderen hatte sich das Blatt gewendet.
Brian war auf ihn zugekommen und hatte sich dafür entschuldigt, dass er ihn in den ersten Wochen so vernachlässigt hatte. Aber das lag, wenn er ihn richtig verstanden hatte, an den Ereignissen im Nahen Osten, um die sich Brian erst kümmern musste. Und das hatte Tobias auch gleich den ersten Einsatz gebracht. Er sollte einen Serverkomplex der Israelis knacken. Dass die Briten und die Russen schon seit über zwei Jahren versuchten, sich auf diese Rechner einzuhacken, hatte Brian ihm zunächst nicht verraten. Alle waren an der Raffinesse der israelischen Entwickler, die für die Sicherheit der Regierungsserver verantwortlich waren, gescheitert.
Die Strukturen, die er fand, faszinierten ihn. Eine Zeitlang hatte er versucht, Mary Taydon diese Strukturen bildhaft zu erläutern. Mary Taydon besuchte ihn regelmäßig und interessierte sich für seine Arbeit, aber mit seinen Erklärungen war er kläglich gescheitert. Immerhin hatte er mitbekommen, dass sie seine Fähigkeit als außergewöhnlich wahrnahm. Nachdem er einmal das Wort Savant aufgefangen und anschließend recherchiert hatte, wusste er, warum Mary Taydon so oft bei ihm vorbeischaute.
Bei dem Angriff auf die israelischen Server hatte er viel gelernt. Das Arbeiten machte ihm Spaß, denn er erhielt von allen Seiten Unterstützung und konnte sich nun ständig mit anderen Spezialisten austauschen. Auch wenn er den direkten, persönlichen Kontakt möglichst vermied, pflegte er umso mehr den elektronischen Austausch.
Seine Kollegen profitierten allerdings fachlich wesentlich mehr von ihm. Zum Anfang fehlte ihm das Fachvokabular, doch das machte er mit seinen Ergebnissen wett. Er genoss die Aufmerksamkeit, die Anerkennung und den Respekt, den ihm die meisten Kollegen entgegenbrachten. Nur mit einem Kollegen, Bob Bloth, diesem jungen und äußerst ehrgeizigen Offizier, der lediglich drei Jahre älter als er war, kam er nicht klar.
Er fühlte sich ständig von Bloth beobachtet und wusste, dass dieser sein Computersystem, seine Daten und seinen E-Mail-Verkehr überwachte. Sie waren sich nicht
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