Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)
den dringend notwendigen Umbau der Sozialsysteme.
China ist zum einen der dafür notwendige Antreiber und zum andern längerfristig der Profiteur. Die politische Führung der EU und der nationalen Regierungen scheint von dem in Aussicht gestellten Geldregen aus China geblendet. Noch ist nicht absehbar, welche Konsequenzen die umfangreichen finanziellen Leistungen aus China haben werden, aber eines ist sicher: Der Preis wird hoch sein.
Die Öffnung der EU für chinesische Arbeitskräfte wird sich deutlich auf den europäischen Arbeitsmarkt auswirken. Nach der neuen Vereinbarung dürfen chinesische Staatsbürger nicht nur visafrei in die EU einreisen, sondern sich auch hier niederlassen und arbeiten. Die chinesische Bevölkerung in der EU wird in den nächsten zehn Jahren sehr schnell anwachsen und sich auf ein Vielfaches über den heute von der Politik genannten Schätzwerten bewegen.
Die USA haben sich kritisch zu dem chinesisch-europäischen Stabilitäts- und Wirtschaftspakt geäußert, zum Schluss fehlte den Amerikanern aber das entscheidende Argument: Geld.
Dieser Pakt wird in die Geschichte eingehen. Welche Bedeutung er bekommt, wird die Zukunft zeigen. Für mich ist es der Tag, an dem Europa verkauft wurde.“
Dérúgo Feng lächelte und wechselte wieder den Sender. Er fand keinen Bericht mehr, der ihn interessierte. Die Vereinbarung wurde im Großen und Ganzen positiv und als Schritt in die richtige Richtung beurteilt. Feng war damit sehr zufrieden, schließlich schaltete er den Fernseher aus. Der politische Teil war auf dem Weg, jetzt konnte er seine und die Interessen der Familie Feng in den Mittelpunkt rücken.
Wei Feng war wie gewohnt in der Library Suite des Hyatt Regency – The Churchill abgestiegen. Er war sofort nach London geflogen, als ihm sein Sohn Dérúgo Feng von Professor Brightons Erfolg berichtet hatte.
In der ersten Stunde ihres Treffens diskutierten sie über die Konsequenzen des chinesisch-europäischen Stabilitäts- und Wirtschaftspaktes sowie die nächsten Schritte.
„Du hast in deinem ersten Botschafterjahr einen für China äußerst wichtigen Erfolg errungen, Dérúgo. In Peking hat man dies wohlwollend registriert.“
„Danke, Vater, aber die Verhandlungen haben ja schon viel früher begonnen, und es waren sehr viele daran beteiligt. Ich habe lediglich im richtigen Moment bei den wichtigen Leuten, sagen wir: Entscheidungshilfe geleistet.“
„Deine Bescheidenheit ehrt dich, mein Sohn. Aber man erinnert sich immer nur an den General, der die entscheidende Schlacht gewonnen hat. Nicht an die, die den ersten Feldzug führten oder an die Soldaten, die ihn ausgefochten haben.“ Wei Feng blickte seinen Sohn voller Stolz an. Die Dinge liefen besser, als er es sich erhofft hatte.
„Man wird dich noch etwa zwei Jahre als Botschafter hier belassen, damit du die Umsetzung der Vereinbarung sicherstellst. Anschließend wirst du in die chinesische Regierung berufen. Aber das ist kein Thema für den heutigen Tag, das hat noch Zeit. Mich interessiert jetzt, wann wir mit der Umsiedlung anfangen können.“
„Das Abkommen tritt offiziell zum 1. Januar 2014 in Kraft. Dann fließen auch die ersten Gelder. Mitte 2014 werden wir die ersten Vorarbeiter für unsere landwirtschaftlichen Betriebe nach Europa holen. Sie werden die Ernte begleiten und die notwendigen Vorbereitungen für die Arbeiter treffen. Gleichzeitig werden wir anfangen, die Infrastruktur aufzubauen.
Die eigentliche Migration kann im Frühjahr 2015 beginnen. In den ersten zwei Jahren etwa zwei bis drei, anschließend fünf Millionen pro Jahr. Parallel dazu bauen wir die Pächter und die europäischen Arbeitskräfte in unseren Landwirtschaftsbetrieben ab. 2030 sollten dann etwa achtzig Millionen Chinesen hauptsächlich in der europäischen Landwirtschaft arbeiten. Bis dahin sollten sich auch etwa achtzig Prozent der europäischen Landwirtschaftsbetriebe in irgendeiner Form unter chinesischer Kontrolle befinden.
Die Anpassung der Sozialsysteme wird schrittweise erfolgen, voraussichtlich ab 2020, und gegen 2025 abgeschlossen sein. Gleiches gilt für die Reduzierung der Staatsangestellten.“
Wei Feng schmunzelte. „Hast du eine Hochrechnung, was unsere Familie daran verdienen wird?“, fragte er.
Dérúgo schüttelte den Kopf und grinste. „Ich habe damit begonnen, aber als die Zahlen immer größer wurden, habe ich aufgehört. Alleine wenn wir jeden Menschen mit einem PID-Chip versorgen, sind das eine Milliarde
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