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Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Karer
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alle Computersysteme ausgefallen waren und neue Computersysteme unmittelbar nach ihrer ersten Inbetriebnahme ausfielen, wären allerdings selbst die Techniker hilflos: Ihnen fehlten die Computersysteme, um die defekten Systeme zu analysieren und wiederherzustellen.
    Allgemeine Betriebsamkeit riss Brian aus seinen Gedanken, die Leute verließen schon das Sitzungszimmer. Jemand steckte ihm ein Blatt Papier zu. Verdutzt schaute er es an, es war das Protokoll der letzten Lagebesprechung. Er musste sehr erstaunt geschaut haben, denn die junge Frau, die ihm das Blatt gegeben hatte, blieb stehen.
    „Wir haben im Ortsmuseum eine Vervielfältigungsmaschine Baujahr 1973, die mit einer Art Tinte funktioniert. Man erstellt eine Matrize, und über eine Trommel werden die eingeprägten Buchstaben auf das Papier übertragen“, sagte sie.
    Brian nickte, doch eine Frage hatte er noch. „Wo haben Sie denn das Papier her?“
    Die Frau lächelte. „Eine Druckerei in der Gemeinde ist auf alte Drucktechniken spezialisiert, die hatten noch einen Vorrat.“
    Brian lief nach Hause, er hielt die Augen offen: Was war anders? Er sah kaum Autos. Die Batterien der privaten Elektroautos konnten nicht aufgeladen werden und so fuhren nur die Leute, die das unbedingt mussten. Ab und zu sah er ein Fahrzeug der Feuerwehr oder der Polizei. Die waren in gewissem Maße autonom, erzeugten sich über Notstromaggregate die notwendige Energie. Aber es war auch ganz gut, dass nur wenige Fahrzeuge unterwegs waren. Denn natürlich waren die Verkehrsleitsysteme ebenfalls ausgefallen, und wer konnte schon heute noch ohne Assistenzsystem und Computersteuerung fahren?

Am Morgen nach Brians Geburtstag bremste ein dunkelblauer Wagen mit einem Armee-Nummernschild vor seinem Haus. Brian öffnete die Haustür und zum ersten Mal in seiner militärischen Karriere überrollte ihn das Gefühl, einer Aufgabe womöglich nicht gewachsen zu sein. Er war seit seinem achtzehnten Lebensjahr Soldat, seit sechsunddreißig Jahren arbeitete er beim britischen Geheimdienst und er hatte schon etliche brenzlige Situationen erlebt. Das unangenehme Gefühl verstärkte sich, als er erkannte, wer im Fond des Wagens saß.
    „Colonel Fletcher“, der Fahrer stieg aus und grüßte. Brian erwiderte leger den militärischen Gruß und drückte dem jungen Gefreiten seine seit Tagen bereitstehende Tasche in die Hand. Aus dem Augenwinkel sah er, dass der Gefreite am linken Unterarm sein myCom trug. Der Mann war so jung, dass er den Großteil seines Lebens mit myCom verbracht haben musste und es wohl gar nicht anders kannte.
    „Ich bin zuletzt vor zwanzig Jahren in einem Auto mit Verbrennungsmotor gefahren, wusste gar nicht, dass wir noch so was im Bestand haben“, sagte Brian. Der Gefreite nickte nur, er hatte zu viel Respekt vor Brians Dienstgrad und traute sich nicht, einen Kommentar abzugeben. Er öffnete ihm die Autotür.
    „Hallo Mary, ich hab mir immer gewünscht, dass du mich mal besuchen kommst.“ Brian lächelte die große, hagere Frau an. Mary Taydon. Mit ihren fast achtzig Jahren hatte sie von der Eleganz, die er damals bei ihrem ersten Treffen schon bewundert hatte, nichts verloren.
    „Brian. Ich freue mich ebenfalls, dich wiederzusehen. Auch wenn es keine angenehme Reise war. Meine Knochen vertragen das Gerüttel nicht mehr. Aber ich glaube, meine Knochen sind derzeit das kleinste Problem, das wir haben.“
    „Tobias“, sagte er. Es war keine Frage, es war eine Feststellung. Er hatte so etwas schon geahnt. Wenn Mary Taydon geholt wurde und Computer im Spiel waren, konnte es nur um Tobias gehen. Mary hatte Tobias bis zu ihrer Pension vor vier Jahren psychologisch betreut.
    „Sie haben dir Tobias Anfang 2034 weggenommen?“, fragte Mary. „Ich habe gehört, du hattest sogar ein Kommunikationsverbot?“
    „Hatte?“
    „Ja, das ist hiermit aufgehoben. Wir sollen herausfinden, was er gemacht hat, wie er es gemacht hat und wie man es wieder rückgängig macht. In vier Stunden müssten wir bei Tobias sein.“
    „Welche Kompetenzen habe ich?“, fragte er.
    Mary Taydon schenkte ihm ein charmantes Lächeln. „Ich habe Handlungsvollmacht, und du arbeitest mir zu. Also kein eigenmächtiges Handeln, stimm dich mit mir ab.“
    „Verstehe. Abgesägt bleibt abgesägt. Wo ist er jetzt?“
    „Hausarrest, in seinem Haus oben in Wales. Ich bringe dich erst mal auf den neusten Stand, dann kannst du das hier lesen. Es ist der Lagebericht von heute Morgen. Tobias hat reinen Tisch

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