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Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Chimären) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Karer
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einer verzögerten sprachlichen Entwicklung bemerkbar machte. Damit war das Projekt Chimäre vorerst gescheitert.
    Doch Professor Jeong und sein Team hatten parallel ihre in Thailand begonnenen Forschungen zu Mensch-Tier-Chimären fortgesetzt. Dabei machten sie eine sensationelle Entdeckung.
    Am Abend des 19. April 2022 schrieb Professor Jeong eine lange verschlüsselte E-Mail an Dérúgo Feng. Er listete die bisherigen Ergebnisse auf und empfahl, das laufende Projekt Chimäre einzustellen, aber die noch lebenden Chimären bis zu ihrem Tod medizinisch zu überwachen.
    Am Schluss bat er um die vorläufige Beibehaltung der Labore sowie um einen Termin für ein persönliches Gespräch mit Feng.

„Mary? Ist alles in Ordnung?“, fragte Brian. Etwas stimmte nicht. Da war Aggression, obwohl alles, was sie gerade sahen, die E-Mail von Jeong an Feng war.
    „Ich lese noch“, antwortete sie kurz angebunden.
    Nach einem Moment räusperte sie sich. „Ja, es ist alles okay, nichts passiert. Ich war gerade sehr wütend. Das ist eine unglaubliche Sauerei, was da gelaufen ist. Experimente an Menschen!“
    „Diese Wut, die ich gespürt habe, kam also von dir. Das ist bemerkenswert. Weiter?“
    „Weiter!“
    Sie spürten beide, wie eine Schmerzwelle durch ihren Körper lief. Mary schrie laut auf.

Der Februar des Jahres 2030 war in Großbritannien der kälteste seit hundertfünfzig Jahren. Seit Wochen tobten Schneestürme und zwangen die Menschen, in ihren Häusern zu bleiben. Die Kälte bekam Tobias nicht, er konnte kaum schlafen. Er hatte Schmerzen.
    Es waren chronische Schmerzen. Die Gelenke in den Fingern, der Hüfte und den Schultern entzündeten sich abwechselnd. Es gab Tage, an denen er kaum laufen konnte und Tage, an denen er kaum eine Tasse Tee halten konnte. Eine Folge seiner Erbkrankheit.
    Vor einem Jahr hatte ihm sein Arzt gesagt, dass er bald nicht mehr selbstständig würde leben können. Darauf hatte Tobias sein Haus in Wales behindertengerecht umbauen lassen und begonnen, sich auf seine letzten Lebensjahre vorzubereiten. In Aberystwyth, wo sein Haus stand, hatte er eine junge bedürftige Familie gefunden und sie mit einem Deal glücklich gemacht. Das Ehepaar sollte sich zuerst um das Haus und den Haushalt und später dann auch um ihn kümmern. Sie bezogen dafür ein mehr als nur anständiges Gehalt und würden nach seinem Tod das Haus und den Großteil seines Vermögens erben.
    Die beiden hatten eine Wärme und Natürlichkeit, die ihnen einen Zugang zu Tobias verschaffte, was ihn selbst extrem überraschte. Einen großen Anteil daran hatten die vierjährigen Zwillinge der Familie. Sie gaben Tobias gar keine Chance, auf Distanz zu gehen. Es war erst das dritte Mal in seinem Leben, dass er sich anderen Menschen anvertraute und so etwas wie eine Freundschaft aufbaute.
    Bradley – oder besser James, wie Tobias ihn scherzhaft nannte – machte zurzeit eine Ausbildung zum Krankenpfleger, 2030 ein begehrter und außerordentlich gut bezahlter Beruf. Vermögende Haushalte warben inzwischen die frischgebackenen Krankenpfleger direkt an der Pflegeschule ab – die Überalterung der europäischen Bevölkerung ließ die Nachfrage nach qualifiziertem Personal stetig steigen.
    Tobias hievte sich mit Schmerzen aus dem Bett und ließ sich in seinen Schreibtischstuhl sinken. Die neue Körperhaltung entspannte die Muskeln und der Schmerz ließ etwas nach.
    Er aktivierte die Musikanlage, wenige Sekunden später starte sie mit Mozarts Kleiner Nachtmusik . Er aktivierte die Arbeitsfläche seines Schreibtisches und ignorierte zunächst die neuen Mails.
    Er loggte sich im Chatroom der birds ein, einem Club, den er vor über zehn Jahren gegründet hatte, nachdem er einen besonders cleveren Hacker aus Australien, Nickname Koala , zur Strecke gebracht hatte. Koala war inzwischen Ingenieur und arbeitete in der Forschung, bei dem führenden Hersteller von Head-Mounted-Systemen.
    Koala war einer von vielen, die Tobias geschnappt und identifiziert, deren Daten er aber nicht herausgegeben hatte.
    Nachdem er selbst mit der Polizei und mit den Gerichten zu tun gehabt hatte und im Gefängnis gewesen war, ließ er Gleichgesinnte lieber laufen – solange die Leute nur hackten, um auszuprobieren und zu lernen. Er sah sie sogar als Helfer, eine Armee freiwilliger und kostenloser Tester, die seine Systeme auf ihre Sicherheit überprüften.
    Am Anfang hatte er den Hackern nur einen Schrecken eingejagt, ihre Speicher gelöscht oder ihr myCom

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