Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
gelöst.
Seit zwei Tagen lief das Programm auf seinem Rechner. Sein Ansatzpunkt war die Telefonnummer von Idi Masilla und die Nummer, an die Masilla eine SMS mit dem Text „okay“ gesendet hatte.
Er war seinem Ziel nah, aber wie genau seine Rache aussehen sollte, wusste er noch nicht – es würde ihm schon etwas einfallen.
Euphorisch war er auch, da er nun wusste, wer der Maulwurf war. Seit er beim BKA war, hatte er den Mann regelmäßig beim Mittagessen getroffen. Er war auch bei der ersten Jour-fixe-Präsentation von Jakob dabeigewesen. Bis gestern Mittag sah das alles noch nach Zufall aus. Im Nachhinein war er von der Hartnäckigkeit und der Vorgehensweise des Maulwurfs beeindruckt.
Sie hatten manchmal am gleichen Tisch gesessen, jedoch zunächst nicht mehr als ein „Mahlzeit“ und ein „Tschüss“ ausgetauscht. Bald hatten sich auch Gespräche ergeben, und wenn er jetzt darüber nachdachte, war er überzeugt, dass er sehr geschickt ausgefragt worden war. Selbst wenn Lisa oder Jakob mit ihm essen waren, hatte der Maulwurf sich wie ein alter Bekannter zu ihnen gesetzt.
Enttarnt hatte sich der Maulwurf selbst – beim Mittagessen in der Kantine. Er hatte sich zu ihm an den Tisch gesetzt. Dabei legte er wie sonst auch Schlüssel, Geldbeutel und Blackberry neben das Tablett auf den Tisch. Er stand nochmals auf, um einen Löffel zu holen.
Kurz darauf vibrierte das Blackberry, der Bildschirm ging an und zog Tobias’ Blick magisch an. Was er las, schlug ein wie eine Bombe und einige Spaghetti, die er gerade auf der Gabel Richtung Mund hatte, fielen ihm auf die Hose. „Urlaubsandrag“ hatte er in der gerade eingegangenen Mail gelesen.
Eine halbe Stunde vorher hatte er sich geärgert, dass er die Mail an Jakob vor dem Absenden nicht noch mal gelesen hatte. Im Betreff hatte er „Urlaubsandrag“ geschrieben, mit d statt t.
Frösteln
Ende Januar hatte der Winter Mitteleuropa fest im Griff. Ein eisiger Nordwind sorgte für respektable Minusgrade. Aus seinem Hotelzimmer sah Jakob die Elbe, gerade zog ein vollbeladenes Containerschiff Richtung Nordsee vorbei. Die tiefstehende Sonne spiegelte sich in den Containern, die mit einer feinen Eisschicht überzogen waren.
Er dachte über die interne BKA-Fortbildung nach, Thema war „Zukunftsentwicklungen und neue forensische Methoden“ gewesen. Das Seminar hatte ähnliche Inhalte wie das FBI-Seminar in den USA. Ein Zeichen für die Aktualität und die Brisanz des Themas.
Jakob hatte erst jetzt die Konsequenzen des molekulargenetischen Fortschrittes so richtig verstanden. Das unscharfe Bild des DNA-Profils seines Sohnes, das dieser ihm vor seiner Abreise in die USA gezeigt hatte, erschien ihm heute wie ein böses Omen.
Wenn man schon in der Schule die DNA eines Menschen isolieren und analysieren konnte, hieß das wohl, dass auf anderer Ebene noch viel, viel mehr möglich war. Ihn fröstelte und er war sich nicht sicher, ob das am Blick auf die eisige Elbe lag oder an den Informationen der letzten Tage.
Er war Ermittler, kein Richter, sein Job war es, Verstöße gegen die Gesetze aufzudecken. Kein Moralapostel also, aber er hatte doch gewisse Bedenken. Ihn hatte eine Entwicklung aufgeschreckt, die bereits im Gange war und doch kaum registriert und kritisiert wurde: Die medizinische Diagnostik mithilfe von DNA-Analysen entwickelte sich zum Standard. Infolgedessen kamen die damit verbundenen Techniken immer breiter zum Einsatz. Auch über die Medizin und die Forschung hinaus.
Wie er heute erfahren hatte, planten bereits diverse Regierungen mittelfristig, neben dem DNA-Profil auch das gesamte Genom jedes einzelnen Menschen in zentralen Datenbanken zu sammeln und zu verwalten.
Politischer Druck in diese Richtung kam aus den USA, die von den anderen Staaten entsprechende Informationen im biometrischen Pass und direkten Zugriff auf deren Datenbanken forderten.
Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis die meisten Staaten sich dem fügten.
Jakob wusste, dass diese Daten missbraucht werden würden. Es würde jemand kommen, der die Möglichkeiten und das notwendige Know-how besaß, um sich auf der Basis der menschlichen DNA einen Nutzen zu verschaffen.
Jakob erwischte gerade noch so den ICE von Hamburg nach Köln um 12:46 Uhr. Gemäß Fahrplan würde er um 16:45 Uhr in Köln eintreffen. Er hatte ein Abteil für sich und breitete sich ungehemmt darin aus. Er nutzte die Zeit, um Mails abzurufen und zu beantworten, viele waren es nicht.
Die letzten zwei waren von
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