Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
legte den USB-Stick und das Kuvert auf den Tisch. „Schon gut, Herr Polinski, ich hab es Ihnen ja versprochen. Nein, keinen Kaffee, danke. Kommen Sie, setzen Sie sich.“ Er wartete, bis Polinski sich gesetzt hatte.
„Es gab ein Missverständnis. Der Spender kommt aus Mumbai, er sitzt gerade im Flugzeug“, er schaute auf die Uhr, „und wird in drei Stunden in London landen. Ich bin eben erst informiert worden und sofort hergekommen. Sie fliegen heute Nachmittag nach London, heute Abend werden die letzten Tests gemacht und morgen ist die Operation.“ Polinski hing an seinen Lippen.
„In diesem Kuvert finden Sie die Bestätigung der Klinik, Geld für die OP und noch ein wenig mehr als Reserve.“ Er drückte Polinski das Kuvert in die Hand, dieser zog den Briefbogen, das Geld sowie den Ausdruck heraus. Chen beobachtete zufrieden, wie Polinski seine Fingerabdrücke hinterließ, jetzt hatte er den Computerausdruck mit der Auflistung der Flüge in der Hand.
„Ich hab noch gar keinen Flug, ich muss noch den Flug buchen!“ Polinski war sichtlich überfordert.
„Wir organisieren alles. Sie werden heute Nachmittag abgeholt, um den Flug kümmern wir uns, und in London werden Sie am Flughafen abgeholt.“ Er legte seine Hand beruhigend auf Polinskis Arm. „Es ist alles organisiert, keine Sorge.“ Polinski nickte dankbar, er steckte alles zurück ins Kuvert und legte es wieder auf den Tisch.
„Hier auf dem USB-Stick sind noch diverse Informationen für die Klinik. Unter anderem über das Medikament, das Sie jetzt nehmen müssen.“ Aus seiner Jackentasche nahm er eine kleine Schachtel.
„Sie wissen, dass Sie Medikamente nehmen müssen, die das Immunsystem unterdrücken? Um einer Organabstoßung vorzubeugen?“ Polinski nickte, natürlich wusste er das. Er kannte die Prozedur der Nierentransplantation in- und auswendig.
„Sie müssen bereits vor der OP damit anfangen. Sie nehmen jetzt eine Kapsel und eine zweite heute Nachmittag, wenn Sie zum Flughafen fahren.“
„Es ist nur eine Kapsel in der Schachtel“, unterbrach ihn Polinski.
Chen lächelte. „Die zweite bringt der Fahrer heute Nachmittag mit, und er wird kontrollieren, dass Sie die auch schlucken.“
„Da können Sie sicher sein, dass ich das nicht vergesse.“
„Nehmen Sie die Kapsel jetzt und legen sich dann noch mal hin. Der Fahrer ruft Sie eine Stunde bevor er Sie abholt an.“
Chen stand auf. Polinski ging zum Geschirrschrank, holte ein Glas heraus, füllte es mit Wasser und schluckte die Kapsel.
„Vergessen Sie nicht, sich krankzumelden“, sagte Chen.
„Ja, stimmt, das mache ich gleich. Und, Herr Chen“, Polinski zögerte einen Moment, „danke.“
„Das war Bestandteil unserer Vereinbarung: eine Niere, ein neues Leben für Ihre Dienste.“
Als Chen das Haus verließ, legte Polinski sich gerade ins Bett, griff nach seinem Blackberry und meldete sich mit einer SMS krank. Dann löschte er das Licht. Das Gift begann zu wirken. Er schlief ein. Um 9:31 Uhr blieb sein Herz stehen.
Es waren nur noch fünf Hotels auf ihrer Liste, jetzt war die Villa Kennedy an der Reihe. Bereits am Empfang konnte man mit dem Namen George Blony etwas anfangen: ein erfolgreicher Arzt aus Südafrika und zudem ein Stammgast. Er buchte immer die Executive Suite zu 1.550 Euro die Nacht, als Stammgast bekam er sie zehn Prozent günstiger.
Die Buchungsdaten reichten drei Jahre zurück und stimmten mit Albigs Telefondaten überein.
Sie bekamen die Kopie des Reisepasses und die Heimatanschrift. Die Kreditkartennummer entsprach nicht der, die sie am Tag zuvor ermittelt hatten, aber das war zunächst nebensächlich. Die Kopie des Reisepasses war eine Enttäuschung, sie war viel zu dunkel. Die Schrift war gut zu lesen, doch das Passfoto glich mehr einem schwarzen Fleck, es taugte nicht für einen Vergleich mit den Fotoaufnahmen von der Uniklinik-Notfallrampe.
Lisa legte dem Personal am Empfang die Fotos vor, und unabhängig voneinander identifizierten sie den Notwagenarzt als George Blony.
Die Daten inklusive eingescanntem Reisepass ließ Lisa sich per Mail schicken und leitete sie an ihre BKA-Adresse weiter. Im BKA hatte Ao Chens Informant aus der IT-Abteilung Martin Polinskis Job übernommen und sendete Lisas Mail an Ao Chen. Und Chen wusste nun, dass seine Enttarnung nur noch eine Frage von Tagen, vielleicht Stunden war.
Am frühen Abend checkten Jakob und Lisa im Hotel Münchner Tor mitten in der Regensburger Altstadt ein. Jakob war auf 180: Das Navi
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