Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
Einschränkungen waren aktuell vier neue Festnetzanschlüsse registriert. Zwei in Deutschland, einer in Holland und einer in Österreich. Die beiden deutschen Festnetznummern waren ein Friseur und eine Blumenhandlung in Frankfurt, der Anschluss in Holland gehörte einem Reisebüro und der in Österreich einem chinesischen Großhändler für Textilien.
Nach einer kurzen Überprüfung der vier Geschäfte im Internet beschloss Tobias, auch diese Nummern zu ignorieren. Keine der Firmen erschien ihm auffällig, vermutlich handelte es sich lediglich um Einkäufe. Somit war er wieder so weit wie am Anfang und hatte nur die Kommunikationsbeziehung Polinski–Ao Chen.
Am Mittwochmorgen war Bewegung ins Kommunikationsprofil gekommen, Ao Chen hatte von seinem Handy acht österreichische Prepaidnummern angerufen. Bevor Tobias sich an diesem Donnerstagmorgen auf den Weg zum BKA machte, warf er noch schnell einen Blick auf das Kommunikationsprotokoll.
Er aktivierte den Bildschirm der zwei Computer, auf denen das Überwachungsprogramm parallel lief. Beide Computer zeigten 8:05 Uhr an. Ao Chen hatte wieder eine Reihe von Gesprächen geführt, fast alles Anschlüsse der Chinesischen Europäischen Investmentbank, einer ging nach Hongkong und einer an das Restaurant Carmelo Greco in Frankfurt. In diese Aufzeichnung hörte er kurz rein, es war eine Reservierung für nächste Woche Donnerstagabend, 19 Uhr. Dabei stellte er fest, dass Ao Chen fließend Deutsch sprach.
Er verglich nochmals die Daten der beiden Systeme, sie liefen nun synchron und führten den gleichen Datenbestand. Zur Sicherheit würde er das Programm auf Confidence noch einen Tag weiterlaufen lassen.
Über die Prepaid-Anschlüsse war keine Kommunikation gelaufen, aber interessant waren die Bewegungsprofile, die das Programm mittels Auswertung der Funkzellen der Mobilfunknetze erstellte.
Das Programm nutzte die technologische Infrastruktur eines Mobilfunknetzes, in dem jede Funkzelle über eine Basisstation verfügte, die zugleich Sende- und Empfangsstation war. Die Basisstation registrierte automatisch alle in ihrer Reichweite befindlichen Handys. Wechselte ein Handy seine Position, wechselte es auch die Funkzelle und hinterließ damit ein Bewegungsmuster.
So ermittelte Tobias, dass zwei der Handy-Besitzer mit österreichischen Prepaid-Nummern von Wien nach Hamburg geflogen waren. Die zwei anderen waren in Innsbruck ans Netz gegangen und befanden sich nun zwischen Frankfurt und Bad Homburg.
Die restlichen drei waren bei Amsterdam ins Netz eingestiegen, die letzte registrierte Meldung kam aus dem Raum Duisburg. Er vermutete, dass sie mit dem Auto auf dem Weg nach Frankfurt waren. Er nannte die drei Gruppen die Wiener, die Innsbrucker und die Holländer.
Auf diese Bewegungen konnte er sich keinen Reim machen, ihn beschlich ein leichtes Unbehagen.
Vermutlich nur ein paar Chinesen, die Ao Chen mit Prepaid-Telefonen versorgt hat und die jetzt alle auf dem Weg nach Frankfurt sind, warum auch immer, dachte er. Und nach einem Blick auf die Uhr: „Schon halb neun, verdammt!“, brach er endlich Richtung BKA auf.
Lisa und Jakob verbrachten den Donnerstagmorgen auf der Staatsanwaltschaft in Regensburg. Der Staatsanwalt, der die Anklage im Fall des Regensburger Universitätsklinikums vorbereitete, hatte noch Detailfragen, die er klären wollte, und so beschäftigte er sie bis gegen 11 Uhr. Anschließend fuhren sie nach Köln zurück. Kurz vor 17 Uhr verließen sie in Köln die Autobahn, zwanzig Minuten später kamen sie bei Lisas Haus an.
„Da wären wir. Ich fahre noch ins Büro, bei mir ist heute Abend sowieso niemand zu Hause. Vera ist bei einer Freundin und Elisabeth bei einem Vortrag in der Pfarrei. Und wir …“, er sprach nicht weiter.
„Du meinst, wie wir jetzt weitermachen? Du und ich?“, fragte sie. Er nickte. Sie lächelte ihn an und griff nach ihrer Tasche, öffnete die Tür. Und beugte sich spontan zu ihm, drückte ihm einen Kuss auf den Mund. Bevor er reagieren konnte, war sie schon ausgestiegen.
„Ich wünsch dir noch einen schönen Abend, Jakob“, rief sie ihm zu. „Ich dir auch, Lisa“, murmelte er. Als sie auf dem Bürgersteig stand, drehte sie sich um und winkte ihm zu. Er startete den Motor und sie wartete, bis er weggefahren war.
Sie schloss die Haustür auf und ging hinein. Sie hatte keine Chance. Irgendwas riecht hier komisch, dachte sie in dem Moment, als sich die Widerhaken der Elektroschockpistole durch ihre Kleidung bohrten und
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