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Honecker privat

Honecker privat

Titel: Honecker privat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Herzog
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hatte, seit die Ägypter ihren König Faruk vertrieben hatten, etwa 1,4 Milliarden an Kairo gezahlt, um das Land am Nil bei der Stange zu halten. »Nirgendwo kam Bonn die Hallstein-Doktrin so teuer wie in Ägypten«, schrieb verärgert der Spiegel am 24. Februar 1965, als der Staats- und Parteichef der DDR in Kairo eintraf, dessen Besuch die BRD nicht hatte verhindern können. Die Westpresse höhnte über Bundeskanzler Erhard, der es nicht vermocht hatte, die Blockade gegenüber der DDR durchzusetzen.
    Nasser pfiff auf alle Drohungen aus Bonn. 1955 war Minister Heiner Rau bereits dort gewesen und schloss ein Handels- und Zahlungsabkommen mit Ägypten, in dessen Realisierung Handelsvertretungen mit Konsular-Status ausgetauscht wurden. 1959 besuchte Ministerpräsident Otto Grotewohl Ägypten und machte aus den Vertretungen Generalkonsulate. Die DDR gewährte dem Land einen Kredit in Höhe von 87,5 Millionen DM, womit eine Baumwollspinnerei vor den Toren Kairos errichtet wurde. Als Walter Ulbricht sie nun besuchte, schrieb der Spiegel: »Die von schweren Lidern halbverdeckten Augen des Zonen-Vogts, die sonst so listig funkeln, wurden dort vor Stolz und Rührung feucht.« Das war die herablassende, hasserfüllte Sprache des Kalten Krieges, derer man sich gelegentlich erinnern sollte.
    Die Überlegung, mit einer IL 18 der INTERFLUG nach Kairo zu fliegen, erledigte sich bereits bei erster Prüfung. Die NATO-Staaten verweigerten die Überflugrechte, Malta, als Zwischenstation in Erwägung gezogen, gestattete keine Landung. So entschied man sich, bis Dubrovnik in Kroatien zu fliegen und dort auf die »Völkerfreundschaft« zu wechseln. Das Urlauberschiff des FDGB sollte die Delegation durchs Mittelmeer nach Alexandria bringen, von dort würde es mit der Bahn weiter nach Kairo gehen.
    Ich war Steward an Bord des Regierungsfliegers nach Jugoslawien. Die Stimmung an Bord war angespannt, es war die erste Staatsvisite der DDR-Spitze in einem nichtsozialistischen Land. Die einzige, die für etwas Entspannung sorgte, war Lotte Ulbricht, die sich merklich auf die Überfahrt und den Besuch der Pyramiden freute.
    In Dubrovnik stieg die Delegation aus. Unsere Maschine wurde betankt, dann drehten wir um und flogen über Ungarn und die Tschechoslowakei nach Berlin zurück. Es war vereinbart, dass wir nach Rückkehr der »Völkerfreundschaft« aus Ägypten die Delegation in Dubrovnik wieder an Bord nehmen würden.
    Wir trafen einige Tage vor Einlaufen des Schiffes in Jugoslawien ein. Flugzeugbesatzung und wir Stewards übernachteten im Hotel und schauten uns die Stadt an. So also sah der Sozialismus à la Jugoslawien aus, den Moskau und auch wir pflichtschuldig vor anderthalb Jahrzehnten verurteilt hatten. Über das Verdikt sprach man jedoch nicht mehr, die Wunden begannen zu vernarben.
    Walter Ulbricht hatte ich noch nie zuvor derart entspannt und gelöst erlebt wie nach dieser Reise. Er war sich des internationalen Durchbruchs bewusst, auch wenn die diplomatische Anerkennung der DDR durch Ägypten noch einige Zeit dauern sollte. Bonn stoppte noch im März die Wirtschaftshilfe für das Land am Nil und nahm diplomatische Beziehungen zu Israel auf (der kausale Zusammenhang zur Ulbricht-Reise wurde durchaus bestätigt). Daraufhin zog Kairo seinen Botschafter aus Bonn ab und schickte einen in die DDR.
    Ich konnte nicht ahnen, dass ich schon bald selbst nach Kairo reisen sollte.
    Am 5. Juni 1967 hatte Israel seine arabischen Nachbarn angegriffen, es habe sich um einen Präventivkrieg gehandelt, mit dem man einem angeblichen ägyptischen Überfall zuvorgekommen war, hieß es aus Tel Aviv. Im Kern handelte es sich um den Versuch, die 1956 im Krieg gegen Ägypten erlittene politische Niederlage zu revidieren. Nach einer Woche – daher die Bezeichnung Sechstagekrieg – standen die israelischen Truppen am Suezkanal. Sie hatten die Halbinsel Sinai, den Gaza-Streifen, die syrischen Golan-Höhen, das Westjordanland und Ostjerusalem besetzt. Da die Sowjetunion aus verschiedenen Gründen in den Nahostkonflikt nicht selber eingreifen wollte, schließlich hatte die UdSSR den Staat Israel unmittelbar nach seiner Gründung am 14. Mai 1948 anerkannt, wandten sich die arabischen Staaten an die Verbündeten der Sowjetunion. Die DDR schickte sechs Wochen nach Kriegsende eine Regierungsdelegation unter Leitung des Vizepremiers Dr. Gerhard Weiß nach Kairo.
    Ich wurde kurzfristig zu seiner Begleitung abkommandiert. Zwei Tage vor dem Abflug bekam ich alle

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