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Honecker privat

Honecker privat

Titel: Honecker privat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Herzog
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prophylaktischen Impfungen gegen Malaria, Gelbfieber, Typhus, Cholera und Paratyphus, was dazu führt, dass ich mit hohem Fieber in die IL 18 stieg. Der Flug nach Ägypten dauerte, meine ich mich zu erinnern, sechs oder sieben Stunden. Wohl auch deshalb, weil wir weite Wege über offenes Meer fliegen mussten. Es galten unverändert die gleichen Überflugsverbote wie bei Ulbrichts Staatsbesuch.
    Ich war ziemlich aufgeregt, schließlich war dies meine bislang weiteste Reise, die mich zudem auch noch auf einen anderen Kontinent führte: nach Afrika. Auch die Delegation schien ziemlich angespannt und nervös, einzig Gerhard Weiß, ein Mann Ende 40, war ruhig und gelassen. Zumindest vermittelte er diesen Eindruck. Er gehörte zu jener Generation jüngerer Politiker, die von Ulbricht in den 60er Jahren herangezogen worden war. Im Unterschied zu den älteren Funktionären kamen sie nicht aus dem antifaschistischen Widerstand oder dem Exil, sondern hatten allenfalls als deutsche Kriegsgefangene Antifa-Schulen absolviert. In der DDR oder in der Sowjetunion machten sie diverse Fachabschlüsse, weshalb man diese Personen gern »Technokraten« nannte.
    Der Diplomingenieur Dr. Gerhard Weiß war dieser Personengruppe zuzurechnen. Seit 1954 Stellvertretender Minister für Außen- und innerdeutschen Handel, war er 1965 zum Stellvertretenden Vorsitzenden des Ministerrates berufen worden. (In dieser Funktion sollte er bis zu seinem Tod 1986 tätig sein.) Als die Maschine auf dem Flugplatz zum Stehen kam und die Gangway herangerollt worden war, öffnete ich die Tür. Hitze wie aus einem Backofen schlug mir entgegen, dass mir die Luft wegblieb. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Fast haute es mich um. Die Delegation ging von Bord, ich begann mit dem Abwasch des Geschirrs und bereitete die verderblichen Lebensmittel zum Transport in unsere Handelsvertretung vor. Dort, so war ich informiert worden, gab es Kühlmöglichkeiten, die wir an Bord nicht besaßen. Wie lange wir in Kairo bleiben würden, war zumindest mir nicht bekannt. Vermutlich wusste das aber nicht einmal der Delegationsleiter. Die Crew jedenfalls bereitete die Maschine soweit vor, dass wir jederzeit hätten starten können.
    Die Erledigung der Einreiseformalitäten zog sich ewig hin, woran wir und die Araber schuld waren. Wir wurden einerseits als Exoten bestaunt, was wir in ihren Augen gewiss waren, und sie ließen alles sehr ruhig angehen, was angesichts der Gluthitze ebenfalls verständlich war. Nach mehreren Stunden erst erreichten wir unsere Unterkunft. Das Hotel befand sich auf einer Insel im Nil und war von einem großen Garten umgeben. Doch die Zimmer besaßen keine Klimaanlage, nur ein Ventilator an der Decke verrührte die warme Luft im Raum. Wir durften unsere Bleibe nicht verlassen, um jederzeit für den Rückflug abrufbereit zu sein. Wir standen also gleichsam unter Hausarrest und starrten schlaflos in der Nacht auf das stockdunkle Kairo, in der nicht eine Glühbirne zu brennen schien. Auch die Fenster des Hotels waren abgedunkelt, so, wie es während des Weltkrieges in unserer Heimat üblich gewesen war. Ich will nicht behaupten, dass wir uns fürchteten, doch das Wissen darum, dass vor sechs Wochen Ägypten sich noch im Krieg befunden hatte, sorgte für eine gewisse Anspannung. Wer wusste denn, ob es nicht jeden Augenblick wieder losgehen konnte?
    Die meiste Zeit des Tages verbrachten wir am und im Pool, wobei das Wasser nicht unbedingt zur Abkühlung geeignet war. Es wies 35 Grad auf. Und obwohl wir uns ständig unter Sonnenschirmen versteckten und beim Verlassen des Schattens Kopf und Schulter mit Handtüchern bedeckten, glühten wir bereits am Abend des ersten Tages feuerrot.
    Wir lagen, lasen und spielten Karten und langweilten uns mit unserem Sonnenbrand zu Tode. Einzige Abwechslung bot das Essen, dessen Einnahme und Zusammensetzung noch stark an die englische Kolonialzeit erinnerte. Zwischen 7 und 9 Uhr gab es ein frugales Breakfast mit Tee, Butter und Marmelade, was noch im Hotelpreis inbegriffen war. Lunch-Time nach 13 Uhr, bestehend aus einem leichten Essen in kleinen Portionen, und spätabends das mehrgängige Diner mussten wir von unserem knapp bemessenen Tagesgeld bestreiten. Wir wurden bei keiner Mahlzeit richtig satt und sehnten bereits beim Aufstehen vom Tisch die nächste herbei.
    Nach einer Woche des Wartens und des Hungerns hieß es: Es geht nicht zurück, sondern weiter. Das nächste Ziel sei die syrische Hauptstadt.
    In Damaskus war es

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