Honeymoon
lange warten. Kaum zwanzig Minuten später kam Craig wieder heraus und ging zu seinem Wagen. Nora richtete sich in ihrem Sitz auf und wartete, bis er losgefahren war.
Und wohin jetzt, Herr Versicherungsvertreter? Wohin die Reise auch geht, du wirst nicht allein sein.
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Die Reise ging zum Blue Ribbon Diner. Das Lokal war ein paar Meilen außerhalb der Stadt gelegen, in östlicher Richtung nahe dem Saw Mill River Parkway. Es war ein klassischer Diner im Eisenbahnwaggon-Look: ein kastenförmiger Bau mit Chromleisten und einer umlaufenden Fensterreihe.
Nora fand eine Stelle auf dem angrenzenden Parkplatz, von der aus sie den Eingang im Blick hatte. Sie warf einen Blick auf ihre Uhr – es war schon weit nach Mittag.
Sie hatte auf das Frühstück verzichtet und war inzwischen halb verhungert. Dass die Abluft aus dem Küchenventilator genau in ihre Richtung zog, machte die Sache auch nicht gerade besser. Bedrängt von Hamburger- und Pommesdüften begann sie in ihrer Handtasche nach einer angebrochenen Rolle Pfefferminzbonbons zu kramen.
Nach etwa vierzig Minuten kam Craig aus dem Lokal geschlendert. Nora beobachtete ihn und registrierte wieder etwas Neues. Er war ohne Zweifel ein attraktiver Mann. Seine Haltung war sportlich, und er strahlte eine gehörige Portion Coolness aus. Er strotzte geradezu vor Selbstvertrauen.
Die Verfolgungsfahrt ging weiter.
Craig erledigte ein paar Einkäufe und kehrte schließlich zu seinem Büro zurück. Im weiteren Verlauf des Nachmittags war Nora ein Dutzend Mal kurz davor, es für heute gut sein zu lassen, und ein Dutzend Mal überredete sie sich dazu, noch ein wenig länger auf ihrem Beobachtungsposten etwa anderthalb Blocks von seinem Gebäude zu verharren. Hauptsächlich war sie darauf gespannt, was der Abend bringen würde. Hatte Craig Reynolds auch ein Privatleben? Hatte er eine feste Beziehung? Und wo genau war er zu Hause?
Sie musste bis gegen achtzehn Uhr auf die Antworten warten.
Im Büro der Centennial-One-Lebensversicherung gingen die Lichter aus, und kurz darauf verließ Craig das Gebäude. Doch offensichtlich hatte er keinerlei Pläne für den Abend, keine Verabredung in einer Bar, kein Rendezvous mit einer Freundin, keine großen Essenspläne. Stattdessen holte er sich an der nächsten Ecke eine Pizza und fuhr nach Hause.
Nun fand Nora heraus, dass Craig Reynolds doch etwas zu verbergen hatte: Er war bei weitem nicht so wohlhabend, wie er andere gerne glauben machte.
So, wie er wohnte, hatte er offenbar sein ganzes Geld in sein Auto und seine Garderobe gesteckt. Die Wohnung in Pleasantville war in einem heruntergekommenen Block inmitten einer ganzen Ansammlung heruntergekommener Blocks; die Fassaden waren mit weißem Kunststoff verkleidet, vor den Fenstern hingen schwarze Fensterläden. Jede Wohnung hatte eine kleine Terrasse oder einen Balkon. Nicht sonderlich beeindruckend das Ganze. Musste Craig vielleicht Alimente zahlen? Oder Unterhalt? Was hatte er für eine Vorgeschichte?
Nora überlegte, ob sie noch etwas länger vor den »Ashley Court Garden Apartments« ausharren sollte. Vielleicht hatte Craig ja doch Pläne, nur eben für später.
Oder vielleicht fange ich schon an zu fantasieren, weil ich den ganzen Tag nichts gegessen habe, dachte Nora. Der Anblick von Craigs Pizzakarton hatte genügt, um ihrem Magen neuerliche lautstarke Proteste zu entlocken. Die Pfefferminzbonbons waren nur noch eine ferne Erinnerung. Es war Zeit, dass sie etwas Vernünftiges zu essen bekam. Wie wär's mit dem Iron Horse in Pleasantville? Allein essen gehen – wie originell.
Sie fuhr los. Ihre Entscheidung, Craig ein wenig zu beschatten, bereute sie nicht. Sie wusste, dass bei vielen Menschen Schein und Sein nicht dasselbe waren. Sie musste ja nur in den Spiegel schauen. Das erinnerte Nora an ein anderes ihrer Mantras: Lieber ab und zu Gespenster sehen, als irgendwann in die Röhre gucken.
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In der Anzeige im
Westchester Journal
hatte es geheißen, die Wohnung habe einen »fantastischen Blick«. Die Frage war nur, auf was? Nach vorne heraus schaute man auf eine hundsgewöhnliche Seitenstraße, und aus den hinteren Fenstern bot sich das atemberaubende Panorama eines Parkplatzes mit der Mutter aller Müllcontainer.
Drinnen sah es noch trostloser aus.
PVC-Belag in allen Zimmern. Ein Sessel mit schwarzem Kunstlederbezug und ein s-förmiges Sofa für intime Schäferstündchen, nach denen mir aber kaum der Sinn stand. Falls fließendes Wasser und Strom schon die Bezeichnung
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