Honeymoon
gefragt, ob sie für die Zeitschrift Fotos von uns beiden machen könnten. Klar, hab ich gesagt.«
Jetzt klappte Noras Pokerface endgültig zusammen. »Das hast du gesagt?«
»Ja«, antwortete er und fasste ihre Hände noch fester.
»Das ist doch kein Problem, oder?«
»Nein, es ist kein Problem.«
Ganz und gar nicht, dachte sie. Es ist ein Riesenproblem.
46
Am späten Nachmittag des folgenden Tages traf Nora wieder in Manhattan ein. Sie hatte ihr komfortables, ruhiges Penthouse schon richtig vermisst, all die schönen Dinge, die sie sich im Lauf der Jahre zugelegt hatte – kurz: das, was sie als ihr
wahres
Leben betrachtete.
Sie hörte den Anrufbeantworter ab, während sie das Badewasser einließ. Auch während ihrer Abwesenheit hatte sie ihn regelmäßig gecheckt; jetzt hatte sie vier neue Anrufe.
Die ersten drei waren geschäftlich – alles zickige Kundinnen. Der letzte Anrufer war Brian Stewart, ihr Sitznachbar aus der ersten Klasse auf dem Flug nach Boston – das Brad-Pitt-Double.
Die Nachricht war kurz und bündig – so, wie sie es mochte. Brian sagte, wie sehr er es genossen habe, ihre Bekanntschaft gemacht zu haben, und dass er sich über ein Wiedersehen freuen würde. »Ich bin voraussichtlich Ende der Woche wieder in der Stadt, dann würde ich gerne einmal richtig schön mit Ihnen ausgehen. Sie werden es nicht bereuen, das verspreche ich Ihnen!«
Wenn du darauf bestehst, Brian.
Nora nahm ihr heißes Bad. Anschließend bestellte sie sich etwas beim Chinesen und sah ihre Post durch. Die Elf-Uhr-Nachrichten waren noch nicht zu Ende, da war sie schon fest auf der Couch eingeschlafen. Sie schlummerte selig wie ein Baby – und sie schlief lange.
Kurz vor Mittag am folgenden Tag schlenderte Nora in die Verkaufsräume von Hargrove & Sons in der Upper East Side. Sie selbst fand den Laden unglaublich muffig; manche der Verkäufer schienen noch älter zu sein als die Antiquitäten, mit denen sie handelten. Aber ihr Kunde, der etablierte Filmproduzent Dale Minton, liebte das Geschäft und hatte darauf bestanden, sich hier mit ihr zu treffen.
Nora sah sich schon einmal ein wenig um. Sie war gerade an einem der allgegenwärtigen Sofas mit Schottenkarobezug vorbeigegangen, als ihr jemand auf die Schulter tippte.
»Sie sind's tatsächlich, Olivia!«
Der furchtbar aufgeregte Mann, der da vor ihr stand, war kein anderer als
Steven Keppler
– der Steueranwalt mit der schlecht kaschierten kahlen Stelle auf dem Kopf.
»Äh ... hallo«, sagte Nora. Rasch blätterte sie ihre mentale Kartei durch und fand schließlich den Namen. »Hallo, Steven, wie geht es Ihnen?«
»Blendend, Olivia, danke. Ich habe vorhin Ihren Namen gerufen – haben Sie mich nicht gehört?«
Sie blieb ganz cool. »Ach, das ist mal wieder typisch für mich. Wenn ich so richtig ins Shopping vertieft bin, bekomme ich irgendwann gar nicht mehr mit, was um mich herum vorgeht.«
Steven lachte und ließ die Sache auf sich beruhen. Während er sie mit seinem Smalltalk à la
Welch ein Zufall, dass ich Sie hier treffe
bearbeitete, erinnerte Nora sich an seine fatale Neigung, in Gegenwart einer attraktiven Frau Stielaugen zu bekommen. Wie hatte sie das vergessen können? Tatsächlich – da war schon wieder dieser sabbernde Blick. Konnten Augen überhaupt sabbern? Nun, Kepplers Augen taten es jedenfalls. Unterdessen behielt sie den Eingang im Auge, wo Dale jeden Moment auftauchen konnte. Da braute sich möglicherweise ein Desaster zusammen.
»Sagen Sie, Olivia, kaufen Sie hier für sich selbst ein oder für einen Kunden?«, wollte Steven wissen.
»Für einen Kunden«, antwortete Nora mit einem Blick auf ihre Uhr.
Da sah sie ihn. Just in dieser Sekunde kam Dale Minton hereinspaziert. Wenn man ihn so sah, hätte man glauben können, dass ihm der ganze Laden gehörte. Er hätte ihn sich leisten können, so viel war gewiss.
»Ah, da ist er ja«, sagte sie. Sie versuchte, nicht in Panik zu geraten, aber die Vorstellung, dass Dale sie in Stevens Gegenwart Nora nennen könnte – oder umgekehrt Steven sie Olivia –, zerrte an ihren Nerven.
»Ich will Sie nicht bei Ihrer Arbeit stören«, sagte er. »Sie müssen mir nur versprechen, dass ich Sie irgendwann mal zum Dinner einladen darf.« Der Typ ließ offenbar nichts anbrennen. Er wusste, was sie wusste – dass man sich mit einem
Ja
wesentlich schneller loseisen konnte. Ein
Nein
erforderte stets eine Ausrede.
»Ja«, sagte Nora. »Das wäre nett. Rufen Sie mich einfach an.«
»Das werde ich.
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